Damals in der Hortbetreuung meiner Grundschule hat ein Kind seine alte Spielekonsole mitgebracht und wir durften für ein paar Stunden am Nachmittag spielen. Ich kannte das SNES von meinem Cousin, aber dieses Spiel war mir völlig unbekannt. Man steuerte aktiv einen Yoshi, der wiederum einen Windeln tragenden Mario auf dem Rücken trug. Springend und rennend ging es durch die Level und Eier konnte das schlaue Reittier ebenfalls verschießen. Das Spiel war wie für mich geschaffen. Ich wusste das sofort, aber die fiesen Erzieherinnen sahen das anders. Sie hielten mich lieber in sicherer Entfernung zu dieser Teufelsapparatur. Spielen durfte ich natürlich nicht.
Super Mario World 2: Yoshi's Island hieß dieses Spiel und erst Jahre später habe ich es dann mal durchgespielt. Es war es für mich klar, dass es das beste Spiel für das Super Nintendo ist. 2002 erschien eine Version für den DS. Durch den ständigen Charaktertausch begab sich das Spiel allerdings in eine andere Richtung und verkümmerte zu einer unwürdigen Fortsetzung. Aber jetzt wagt Nintendo einen neuen Versuch auf dem 3DS und erinnert sich mit Yoshi's New Island an vergangene Tage.
Die Geschichte verhält sich quasi identisch zum 1995 erschienen Original und startet mit einem Missgeschick. Ein dusseliger Storch bringt Baby Luigi und Baby Mario aus Versehen zur falschen Familie. Um diesen Fehler zu korrigieren, fliegt er alsbald mit doppelter Geschwindigkeit und wird dadurch unachtsam. Plötzlich gerät der Storch in einen Hinterhalt der bösen Kameks, die das merkwürdige Trio sogleich angreifen. In einem kurzen Handgemenge fällt Baby Mario in die Tiefe und landet auf Ei-Island, der fliegenden Insel der Yoshis. Sein Bruder Luigi und der Storch werden gefangen genommen. Baby Mario beginnt natürlich sofort, zielstrebig in Richtung seines verlorenen Bruders zu krabbeln. Die bunten Reittiere beschließen, ihm bei der Suche zu helfen.
Der 2D-Sidescrolling-Plattformer verändert sich beim Gameplay nur unterschwellig. Yoshi springt durch die wunderschöne Pastellfarbenwelt, fliegt mit seinem Flatterflug über tiefe Abgründe hinweg und schießt Yoshi-Eier auf Feinde und Wolken, woraufhin ein Geheimnis ausgelöst wird. Die meisten Widersacher verschwinden, wenn wir auf sie drauf springen. Alternativ werden sie einfach mit der langen Zunge gefressen und heruntergeschluckt. Dadurch bekommen wir Eier, die zusätzliche Geschosse ergeben, falls das ein oder andere Ziel nicht präzise getroffen wird.
In der Rolle des Babysitters müssen wir den kleinen Mario vor allerhand Gefahren schützen. Wird unsere Figur von etwas getroffen, schwebt das Baby in einer schützenden Blase durch die Luft und wir müssen ihn schnell wieder einfangen. Eine Zeitanzeige gibt an, wann die fliegenden Shyguys kommen und Mario erneut entführen. Eine solche Situation wird schnell ziemlich hektisch. Das Baby schreit wie am Spieß, während eine tickende Uhr abläuft. Im Gegensatz zu früheren Titeln bleibt die Blase aber stets in Reichweite seines farbigen Schutzengels.
Selbst wenn wir abstürzen und meterweit nach unten fallen, fliegt die Kinderblase keine Sekunde später wieder durch den Bildschirm. Ein Luxusfeature, das das Spiel ziemlich leicht macht und Casualspielern klar entgegen kommt. Da der Timer sich von allein wieder auf zehn Sekunden auffüllt, finden wir den Tod wirklich nur in den tiefen Abgründen der Welten. Zugegeben, der Analogstick hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Der ist nämlich hauptverantwortlich für einen schnellen Abgang. Während des Navigierens kommt irgendwann unweigerlich die Situation, in der Yoshi eine Stampfattacke im Flatterflug vollführt, weil der 3DS denkt, wir hätten den Stick nach unten gedrückt. Aber man sammelt so schnell Leben, dass das kaum etwas ausmacht. Trotzdem musste ich mehrmals unweigerlich die Zähne zusammenbeißen.
Wie im Original verwandeln wir uns während einiger Passagen wieder in Fahrzeuge, die uns beim Durchqueren helfen. Dann steuern wir über den Gyrosensor des 3DS die U-Boote, Helikopter oder Schlitten. Das ist meist richtig amüsant. Als wichtiges neues Feature spielt Yoshi's New Island mit großen Gegnern, die wir nach schier endlosem Herunterwürgen schließlich in ein monströses Riesen-Ei verwandeln. Einmal abgefeuert, zermalmt das Teil alle Strukturen in seinem Weg zu Staub. Durch sein Gewicht sinken wir im Wasser sogar nach unten, was früher auch undenkbar war.
Insgesamt gibt es 48 Level, unterteilt in sechs Gebiete. Aber Ei-Island besteht aus vielen Geheimnissen und deshalb lassen sich pro Abschnitt zwei Bonuslevel freispielen, wenn wir es schaffen sollten, alle Sammelobjekte darin abzugrasen. Denn die Spieltiefe kommt eigentlich durch das möglichst akribische Absuchen der Spielwelten zustande. Man könnte zwar auch ohne Sammeln dem Endboss entgegentreten, dann ist Yoshi's New Island allerdings auch nach nicht einmal vier Stunden beendet. Um jedoch alle Welten zu perfektionieren, müssen wir tief in die Trickkiste greifen. Unsichtbare Wände wollen durchbrochen und Wolken mit Eiern getroffen werden. Da fällt mir wieder ein, wer hat Yoshi eigentlich beigebracht, ihre eigenen Eier als Geschosse zu verwenden!?
Der Schwierigkeitsgrad ist aufgrund des immensen Sammelaufwands teilweise wirklich hart. Sternenkreise dienen zwar als Speicherpunkte, aber wenn wir herunterfallen, ist alles wieder weg und muss mit viel Geduld neu erreicht werden. Das frustriert an manchen Stellen sehr, vor allem, wenn wieder der Analogstick Schuld war. Eine weitere interessante Neuerung ist das Spielen mit einem Freund. Da werden Minispiele gegeneinander angegangen, aber das ist halt nur eine nette Dreingabe zum Ausprobieren.
Was ein wenig schade ist, ist die fehlende Tiefe im Grafikgerüst von Yoshi's New Island. Der 3D-Effekt ist schwach bis kaum ausgeprägt. Es fällt beim Spielen wirklich nicht mal auf, dass wir den Pegler hoch gestellt haben und das ist wegen der Schönheit des Titels schon merkwürdig. Die Präsentation der Welten ist wahrhaft süß. Bunte, warme Farben wackeln vor sich hin und ergeben ein kindliches, liebevoll gestaltetes Gesamtkunstwerk. Die Musik tut ihr selbiges dazu. Trotzdem gibt es einen bitteren Nachgeschmack. Die mittlerweile 19 Jahre alte Originalgrafik sieht auf dem SNES immer noch eine ganze Ecke schicker aus.
Vieles bietet für Fans ein nostalgisches Flair und fühlt sich daher sehr toll an. Wie die Tatsache, dass wir im Schlamm ganz langsam laufen oder die coolen Angriffsvariationen von Yoshi, sobald er Melonen frisst. Bekommen wir eine dieser Beerenfrüchte zwischen die Beißer, spucken wir fortan Kerne zielgerichtet gegen Hindernisse jeglicher Art. Am Anfang war das schön mit anzusehen, aber irgendwann ab der Hälfte des Spiels hat man die meisten Ideen gesehen und Yoshi's New Island beginnt sich im Kreis zu drehen. Zu viele Sachen sind zum Teil oder direkt aus den Vorgängern entnommen. Hier hatte irgendwer zu wenig Mut zur Veränderung. Für all jene, die bisher nicht in den Genuss von Yoshi und seiner Freunde kamen, bietet Yoshi's New Island dennoch einen wunderbaren Einstieg in eine fabelhafte und mit viel Herzblut gefüllte Spielwelt.