Professor Charles Xavier ist tot. Bei einer feierlichen Denkmalenthüllung ihm zu Ehren, die auch für ein friedliches Miteinander von Menschen und Mutanten stehen soll, kommt es zum Eklat. Riesige Metallteile schweben durch die Luft und Feuerbälle prasseln nieder. Es hat ganz den Anschein, als hätten Magneto und seine Bruderschaft der Mutanten andere Pläne.
Die Milizen der Purifier, einer Gruppe, die von Hass auf die Mutanten erfüllt ist, versucht die Ordnung wieder herzustellen. Mitten in den Angriffen dürfen wir in das Geschehen einsteigen. Drei Charaktere mit unterschiedlichen Hintergrundgeschichten stehen zur Wahl. Die sehr junge Aimi, gerade auf der Flucht aus einem japanischen Mutanten-Internierungslager in San Francisco eingetroffen oder Grant, der Collegeboy, der von einer Profi-Footballer-Karriere träumt. Nun ja. Tumber Footballer muss nicht sein und X-Men: Destiny mit einem X-beinigen Schulmädchen zu spielen, ist auch nicht so meins. Da hat man förmlich schon die nervigen, hohen, sich ständig wiederholenden Kampfschreie im Ohr.
Also fällt die Wahl auf Adrien, dessen Vater im Kampf gegen die Mutanten gefallen ist und der als Purifier feststellen muss, dass er selbst Mutantenfähigkeiten hat. Das hört sich doch interessant an. Man muss sich bei der Auswahl keine Sorgen um die einzelnen Fähigkeiten machen, denn die Möglichkeiten sind letztlich bei allen gleich und die Wahl beeinflusst nur das Aussehen und eben die Hintergrundgeschichte. Man darf sich für eine von drei Kampffähigkeiten entscheiden. Diese ist dann im Laufe des Spiels die Hauptattacke und kann noch weiter ausgebaut werden. Das Prinzip ist die klassische Unterteilung in leichten und schweren Angriff und einfachen Kombinationen daraus.
Im Laufe des Spiels erhält man immer wieder mal X-Gene oder Kostüme der bekannten Charaktere des X-Men-Universums, die in vier Slots eingesetzt werden dürfen. Diese beeinflussen dann unsere jeweiligen Fähigkeiten. So heilt uns Wolverines Anzug langsam während der Schlacht oder ermöglichen es Avalanches Kräfte, die Gegner mit unseren Schüssen kurzzeitig zu betäuben. Im Laufe des Spiels sammelt sich so eine Vielzahl von möglichen Kombinationen an, mit denen nach Herzenslust experimentiert werden darf, da man sich nicht festlegen muss. Dann gibt es noch bis zu drei Extra-Mutantenkräfte wie etwa eine heilende Schutzglocke oder einen starken Energiestrahl, die erst im Kampf aufgeladen werden.
So gerüstet stürzen wir uns in den verstrickten Konflikt. Die Level sind gradlinig und sich zu verlaufen ist quasi unmöglich. Ständig werden uns unglaubliche Gegnermassen zum Vermöbeln entgegen geworfen. Das können auch mal bis zu achzig Feinde sein, die allerdings in Wellen auftauchen und nicht alle auf einmal erscheinen. Die Feinde sehen mit ihren Masken und ihren Minority-Report- Kotzstöcken fast immer komplett identisch aus und erinnern bei ihrem Aufmarsch sehr an die Polizisten in Jet Set Radio.
Häufig stehen uns bei den Kämpfen noch X-Men oder Anhänger der Bruderschaft zur Seite. Im Laufe der Geschichte müssen Entscheidungen getroffen werden, welche der Fraktionen wir nun unterstützen wollen, um uns dann irgendwann endgültig festzulegen, ob wir uns auf die Seite von Cyclops oder Magneto schlagen. Das ist leider weniger spannend, als es sich anhört. Denn wenn dieser Punkt erreicht wird, spielen die vorherigen Entscheidungen gar keine Rolle mehr und in den seltenen Momenten beeinflussen diese nur, an wessen Seite wir eine Nebenmissionen absolvieren.
Bis auf die großartige Anfangsszene zeigt die Grafik auch nicht mehr den neusten Stand der Technik, zumal jedem klar sein dürfte, das mit der Masse an Top-Titeln, die bis Weihnachten noch erscheinen, die Messlatte mit Sicherheit noch einmal höher gelegt wird. Der Sound ist völlig unspektakulär, das geht bis zu dem Punkt, an dem man bei einer Szene in einem Club wegen der generischen Beats einfach nur nach dem Ausgang sucht.
X-Men: Destiny hat viele nette Ansätze, die aber nur halbherzig umgesetzt wurden, wie etwa die langweiligen Kletterpassagen, bei denen man sich nur an festgelegten Objekten festhalten darf. Tauchen genau die gleichen Vorsprünge an anderer Stelle auf, ist es einem plötzlich unmöglich, sich an diesen festzuhalten. Streckenweise ist X-Men: Destiny auch einfach nur ein Blender: Die Charakterhintergründe oder die Entscheidungen täuschen mehr vor, als sie wirklich zu bieten haben. Es gibt diverse Bosskämpfe, in denen doch tatsächlich derselbe Typ dreimal später wieder auftaucht und das nur mit minimalen Veränderungen seiner Angriffe.
Trotzdem muss ich zugeben, dass es mir schwer gefallen ist, das Pad wieder aus der Hand zu legen. Das stumpfsinnige Hau-drauf-Gameplay mit den riesigen Gegnermassen sorgt schon für eine Menge Spaß und die Steuerung lässt einen eigentlich immer gut aussehen. Aber nach einem halben Tag war die Kampagne absolviert und über die Hälfte des New Game+ auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad geschafft. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichungen diverser Top-Titel in der nächsten Zeit, insbesondere Batman: Arkham City dürfte X-Men: Destiny nur schwer seine Zielgruppe finden.