Valves kompetitiver Team-Shooter Counter-Strike dominiert die E-Sports-Szene seit langer Zeit und weil das Spiel damit so unfassbar erfolgreich ist, haben es bisher nur wenige Entwickler überhaupt gewagt, sich an einem ähnlichen Gameplay zu versuchen. Zumindest bis jetzt, denn Riot Games arbeiten derzeit an mehreren neuen Spielen und eines davon ist Valorant. Der Titel ist seit ein paar Wochen erhältlich, um die E-Sports-Szene mit eigenen Händen umzukrempeln. Ob den League-of-Legends-Entwicklern das gelingt?
Valorant ist leicht zu verstehen, aber schwer zu meistern. Es treten zwei Teams mit jeweils fünf Spielern gegeneinander an, entweder in der Rolle der Angreifer oder als Verteidiger. Jedes Match dehnt sich über maximal 24 Runden aus und nach der Halbzeit wechseln die Teams die Seiten. Wer zuerst 13 Siege erringt, gewinnt die Partie und jede Runde kann auf drei unterschiedliche Arten ausgehen: Entweder eliminiert ein Team das andere, die Bombe, die das angreifende Team an einem von drei möglichen Orten platziert hat, explodiert oder sie wird entschärft. Sollte die Partie unentschieden enden, gibt es eine letzte Runde, die dann den Sieger krönt.
Riot Games hat Erfahrung mit der Verfeinerung bestehender Erfolgsrezepte, deshalb ist es keine allzu große Überraschung, dass Valorant keine schlichte Kopie von Counter-Strike geworden ist. Der Aspekt, der dieses Projekt so einzigartig macht, sind die speziellen Fähigkeiten der Charaktere - ähnlich wie in Overwatch haben die Helden einzigartige Talente. Da wäre beispielsweise Sova, der neben den Waffen, die am Anfang der Runde gekauft werden können, zusätzlich mit einem Bogen ausgestattet ist. Diese scannen Gebiete oder setzten nahe Gegner unter Strom.
Jede Spielfigur hat eine ultimative Fähigkeit - in Sovas Fall ist das ein Pfeil, der den Widerstand von Oberflächen ignoriert und jene auf der anderen Seite tötet. Andere Charaktere sind mit Schock- oder Rauchgranaten ausgestattet oder können Teamkameraden mit Magie heilen oder sogar wiederbeleben. Es macht Spaß sie zu spielen, aber leider mangelt es vielen aktuell noch an Persönlichkeit.
Das Charakter-Design ist insgesamt ziemlich langweilig und die Grafik wirkt im Vergleich zu Overwatch bestenfalls blass. Klar, bei Valornat steht nicht die Grafik im Mittelpunkt, sondern die fordernden, taktischen Kämpfe, aber es fällt schwer 2020 ein Spiel zu starten, das sp aussieht, als stamme es von 2014. Das gilt auch für die Menüs, die mit ihren lahmen Hintergründen aus der letzten Spielegeneration zu stammen scheinen. Valorant wirkt dadurch sehr uninspiriert - so sollte ein Spiel 2020 wirklich nicht mehr aussehen.
Aber wie schon gesagt; die intensiven, taktischen Gefechte sollen im Mittelpunkt stehen und deshalb ist Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg. Solltet ihr alleine in ein Match einsteigen, müsst ihr darauf hoffen, dass ihr nicht mit Mitspielern zusammengewürfelt werdet, die Valorant mit Call of Duty verwechseln. Ihr müsst eure Strategie im Verlauf jedes Matches neu anpassen und wenn ihr richtig gut werden wollt, dann müsst ihr einiges an Zeit mitbringen. Es ist auch wichtig die Streuung eurer Knarren unter Kontrolle zu haben, damit ihr weiterfeuern könnt, ohne an Treffsicherheit zu verlieren. Ein Schuss kann reichen, um den Gegner auszuschalten, aber das andere Team zielt auch auf eure Köpfe. Zielgenauigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg und das ist in Valorant gar nicht so einfach.
Die Karten sind eher klein geraten und vor jeder Runde bekommt ihr 30 Sekunden Zeit, euch auszurüsten und euch auf den Weg zu eurer bevorzugten Startposition zu begeben. Ich hatte häufig das Gefühl, dass eine halbe Minute einen bisschen zu viel ist (20 Sekunden hätten es vermutlich auch getan). Wenn man bedenkt wie klein die Karten sind und dass wir auch in der Mitte der Karte starten können, dann tickt der Timer schon recht langsam runter. Ungeduldig dürft ihr in einem solchen Spiel aber nicht sein, da ihr jede Sekunde ins Gras beißen könntet. Genau wie in Counter-Strike hallen eure Schritte durch die Hallen, also rennt nicht einfach drauflos und spielt vorsichtig. Vielleicht habt ihr einmal Glück, aber sicher nicht zweimal.
In den 30 Sekunden können wir neben Waffen und Ausrüstung auch Fähigkeiten für unseren Charakter kaufen. Nehmen wir nochmal Sova als Beispiel: Ihr könntet ihn mit einer Drohne und zwei elektrischen Pfeilen ausrüsten. Die Sonarpfeile sind sofort einsatzbereit und werden mit Zeit wiederaufgefüllt. Unser Ultimate füllt sich während des Matches auf, was wir mit dem Einsammeln von Sphären weiter beschleunigen können. Die sind aber in offenem Gelände zu finden und deshalb werdet ihr Unterstützung brauchen, wenn ihr sie ergattern wollt. Ihr könnt Teamkameraden und Gegner sehen, die ihren Ultimate bereit haben und das gilt natürlich für beide Seiten -also rechnet mit Besuch, wenn ihr die Sphären eingesammelt habt.
Weil sich die Charaktere so sehr voneinander unterscheiden, ist es wichtig, dass ihr mit mehr als einem umgehen könnt. Wenn ihr wirklich gut werden wollt, solltet ihr sie alle beherrschen und nicht nur bei denen bleiben, die euch am meisten Spaß machen. Durch die mangelnde Persönlichkeit der Charaktere verliert ihr vielleicht schnell eure Neugier, aber es lohnt sich wirklich, alle mal auszuprobieren. Egal ob ihr aggressiv oder defensiv spielt, ihr werdet schon Charaktere und Waffen finden, die euren Spielstil unterstützen. Da gute Spieler die Waffen und Fähigkeiten kontern können, ist es umso wichtiger, Valorant als Teamspiel zu begreifen. Kommuniziert und unterstützt euer Team deshalb bitte.
Wer nicht die Zeit oder Energie für 24 Runden hat, kann sich übrigens auch am „Spike Rush"-Modus versuchen, der nach ca. zehn Minuten abgeschlossen ist. In diesem Modus wurde die Anzahl die Runden reduziert und jeder Spieler im angreifenden Team trägt eine Bombe (allerdings kann nur eine platziert werden). Die Einkäufe vor jeder Runde entfallen und jeder Charakter hat die gleichen Ausgangsvoraussetzungen. Hier tummeln sich weniger Spieler, aber es ist schön, dass weitere Modi zur Verfügung stehen, wenn man weniger Zeit hat oder der Hauptmodus gerade nervt.
Für ein Free-to-Play-Spiel hat Valorant viel zu bieten, aber natürlich bekommt ihr genug Gelegenheit, euer schwer verdientes Geld auszugeben. Lootboxen gibt es nicht, doch ihr könnt eure Waffen mit kosmetischen Gegenständen pimpen und damit vor anderen, armen Schluckern angeben. Valorant macht aber auch ohne den Prunk viel Spaß und wird in der E-Sports-Szene für einigen Wirbel sorgen. Das Spiel soll zudem mit neuen Charakteren und Karten immer weiter ausgebaut werden. Wenn euch CS:GO langweilt oder ihr kostenlos etwas Neues ausprobieren wollt, dann gibt es viele gute Gründe, sich Valorant zumindest mal vorzuknöpfen.