Vier Jahre später sitzen sie wieder auf der Gamescom und zeigen den Nachfolger The Witcher 2: Assassins of Kings. Sie zeigen stolz ihr Spiel, dass sie als das beste Rollenspiel des kommenden Jahres bezeichnen - an Selbstbewusstsein mangelt es dem polnischen Entwickler CD Projekt sicher nicht. Ungefähr 20 Programmierer saßen drei Jahre an dem Spiel. Die Engine ist diesmal eine eigene. Die war nötig, weil man endlich das Spiel machen wollte, von dem man schon immer träumte. Ohne Kompromisse. Die Tsood-Engine sei darauf ausgelegt, eine nicht-lineare Geschichte zu erzählen.
Die Engine ist das Herzstück von The Witcher 2. Sie sollte es nicht nur möglich machen, ein Spiel zu entwickeln, dass ausschaut, als wäre es drei Jahre später gemacht. Detaillierteres Arbeiten und, wie sie nicht müde werden zu betonen, die Entwicklung des besten Rollenspiels aller Zeiten sind damit möglich geworden. Und ihrer Konkurrenz - beispielsweise Dragon Age 2 - sind sie sich durchaus bewusst. Die Grafik zumindest ist tatsächlich beeindruckend. Es gibt viele Details und das bei fantastischer Weitsicht und hoher Auflösung.
Das Spiel baut inhaltlich auf den ersten Teil auf und beginnt auch dort, wo der Vorgänger endete. Wer über keinen entsprechenden Speicherstand verfügt, kann mit Hilfe der Beantwortung einiger Schlüsselfragen für den selben Effekt sorgen. Genau drei verschiedene Wege gibt es, in das Spiel einzusteigen. Und statt der drei Enden des letzten Spiels gibt es diesmal ganze 16 verschiedene Varianten. Es heißt also wieder Verantwortung tragen für die eigenen Entscheidungen.
Die neben der Optik wichtigste technische Neuerung betrifft aus unserer Sicht aber mit Sicherheit die Ladezeiten. Statt der 700 Unterbrechungen durch Ladebildschirme im Erstling, sind es diesmal nur vier. Ja, da wurde viel optimiert. Und auch wenn die genaue Spielzeit noch nicht feststeht, so wird sie doch in jedem Fall die des Vorgängers übertreffen. Mit dabei sind in jedem Fall über vierzig umfangreiche Quests und Sidequests. Gesteigert haben sich auch die Cutscenes. Dreimal so viel Zeit werden die filmischen Zwischenelemente diesmal einnehmen. Um alle zu sehen, wird man das Spiel wohl aber mehrmals durchspielen müssen.
Auf die offene Atmosphäre legt man bei CD Projekt ziemlich viel wert. Das Dialogsystem wurde verbessert und tatsächlich können die unterschiedlichen Antworten zu ganz unterschiedlichen Spielerlebnissen führen. Die Konsequenzen seines Handeln wird man nicht immer direkt spüren, wenn man nicht die gleiche Stelle zweimal spielt. Diese neue Freiheit wird anhand zweier unterschiedlicher Charaktere mit ihren unterschiedlichen Spielweisen demonstriert.
Wir finden uns in einem Gefängnis wieder und haben die Wahl: Entweder uns einfach selbst befreien, weil wir bereits im Vorfeld in den Besitz eines Schlüssels gekommen sind, oder aber die Wachen anstacheln, damit sie zunächst herangelockt und dann überwältigt werden. Die Auswahldialoge werden übrigens angenehm unauffällig eingeblendet. Ziel ist es in diesem Abschnitt, den Ausgang aus dem Dungeon zu finden. Wie wir das machen, ist nicht festgelegt. Der Questablauf ändert sich dynamisch entsprechend unserer Handlung.
Als wir auf eine Wache treffen, sehen wir erstmals das neue Kampfsystem - in diesem Fall ist es ein Faustkampf. CD Projekt wollte die Kämpfe dynamischer machen. Und optisch schaut es auf jeden Fall hübsch aus. Fast erinnert es an ein Prügelspiel, aber wirklich viel kann man darüber noch nicht sagen. Was wir auch sehen, ist das neue Menü für die Ausrüstung des Charakters. Die Bekleidung in The Witcher 2: Assassins of Kings ist kleinteiliger und mehr wie in typischen Rollenspielen. Es gibt Handschuhe, Schuhe, Hosen und so weiter. Außerdem gibt es jetzt mehr als dreißig anpassbare Rüstungen, die das Aussehen des Charakters verändern.
Danach geht es weiter und wir müssen uns überlegen, ob wir die folgende Fackel anlassen oder sie vielleicht ausmachen. Auffällig und vorsichtig durch das Kellergewölbe schleichen oder auf den Kampf setzen? Zunächst setzten wir auf Stealth, also immer mit der Ruhe. Es gibt Tränke, die diese Spielweise unterstützen. So verschafft man sich beispielsweise die Fähigkeit, durch Wände hindurch Wachen mittels eines Thermo-Blicks sehen zu können. Auch gibt es Tränke, die Pfützen und Ähnliches markieren, damit wir sie leichter für einen lautlosen Angriff umgehen können. Mit Unterstützung dieser Tränke wird die nächste Wache erlegt. Es wird übrigens auch Fähigkeiten geben, die an bestimmten Stellen weiterhelfen. Insgesamt wird es über fünfzig verschiedene solcher Fertigkeiten geben.
Wir gehen weiter und verstecken uns hinter zwei Fässern. Eine Ratte läuft ans uns vorbei. Süß, das kleine Tier. Wir kümmern uns um die Wachen und kommen dann in einen Raum, in dem der Sohn des eigentlichen Schloßbesitzers auf uns wartet. Er ist uns bereits bekannt, gegen ihn haben wir bereits gekämpft und ihn am Leben gelassen. Jetzt könnte er nützlich für uns sein. Ihm helfen wir zu entkommen und uns wird dafür im Gegenzug ein Geheimgang gezeigt, mit dem wir entkommen können, raus in die Freiheit.
In der zweiten Variante geht es ruppiger zu. Wir ziehen das Schwert und scheren uns nicht um die aufgescheuchten Wachen. Dieser Kampf wirkt relativ schlicht und unbeholfen. Es ist nicht so richtig klar, wie der Charakter genau gesteuert wird, aber ein spannender, actionreicher Schwertkampf sieht anders aus - da kann noch so viel Blut am Schwert kleben. Jedoch ist dieser Teil noch in der Entwicklung und wird hoffentlich im fertigen Spiel besser funktionieren.
Es geht weiter, wir überwinden Hindernisse, die einen Weg versperren. Ein interessanter Weg, um die Spielwelt offen wirken zu lassen. Jeder Spieler kann sich seinen eigenen Weg durch die verzweigten Gänge suchen. Plötzlich hören wir eine Frauenstimme. Die Gefangene ist nackt, hat bereits Peitschenhiebe auf dem Rücken und soll offensichtlich weiter gefoltert werden. Selbstverständlich helfen wir ihr und retten sie. Es ist die Mutter des Sohnes aus der anderen Spielvariante. Hier nämlich haben wir sein Leben nicht verschont, daher ist er nicht im Keller eingesperrt, sondern sie. Im folgenden Dialog lässt die Frau uns ziehen und wir können uns an den restlichen Wachen vorbeischleichen und so auch entkommen.
Jeder Entscheidung folgt eine Konsequenz. Dabei geht es nicht einmal unbedingt um Gut und Böse. Es sind Entscheidungen, die getroffen werden müssen und sie verändern den Spielverlauf und unsere Handlungsmöglichkeiten. Freunden wir uns mit jemandem an oder erklären wir ihn zum Feind? Manchmal kann es durchaus auch sinnvoll sein, den vermeintlich Bösen zu mimen - Opfer zu bringen, um das Verhältnis zu einer Person stabil zu halten.
In den folgenden zwei Szenen wird uns noch einmal eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit der Grafik gezeigt. Im Hintergrund, auf der anderen Uferseite, steht ein riesiges Gebäude, wahrscheinlich ein Kloster oder eine Kirche. Kleine Häuser scharen sich darum. Es ist eine hübsche Fantasywelt, wie man sie aus Büchern kennt. The Witcher 2: Assassins of Kings schaut immer noch sehr erwachsen aus, dem Stil des Vorgängers wollte man treu bleiben. Ein bisschen mehr Farbe gibt es trotzdem.
Die zweite Szene zeigt ein großes Schlachtfeld, das wohl am besten mit den Schlachten aus den Herr der Ringe-Filmen verglichen werden kann. Es ist ziemlich beeindruckend, alles brennt. Es gibt Soldaten und Dämonen, die miteinander kämpfen. Dann taucht ein Monster epischen Ausmaßes auf. Es ist sicher fünf Meter groß, der Kopf brennt lichterloh. Schwerfällig bewegt sich das Ungetüm über den Acker. Beim Einprügeln lösen sich Teile der Rüstung. Dann verwandelt es sich in eine Art Tornado und räumt ordentlich auf. Herumliegende Holzteile werden angesaugt und auch die vereinzelt vorhandenen Barrikaden werden einfach Teil des Sturms. An dieser Stelle endet die Demonstration, wie es ausgeht, werden wir wohl erst im Frühjahr erfahren.
Was bis zu diesem Punkt zu sehen war, macht schon Lust auf mehr. Das Spiel wirkt wie aus einem Guss, die Grafik ist wieder einmal umwerfend und die Entscheidungsfreiheit scheint tatsächlich nicht nur ein aufdringliches Feature, sondern sanft verwoben in die Geschichte des Spiels. Die Kämpfe können im Übrigen gern wie von CD Projekt gewünscht mehr in Richtung eines Action-Adventures gehen. Selbst wenn dieser Schritt möglicherweise etwas mit der geplanten Portierung in die Konsolenwelt zu tun hat. Hauptsache sie werden nicht zur hinderlichen Notwendigkeit, mit der man sich gezwungenermaßen auseinandersetzen muss. Das wäre die denkbar schlechteste Variante für ein ansonsten rund wirkendes Rollenspiel.