Schade, dass es unmöglich ist, eine knackige Beschreibung des The Conduit-Helden Michael Ford zu geben, aber er ist schlicht ein anonymes Kerlchen. Wir kriegen im gesamten Spiel nichts zu von ihm zu sehen außer seinen Fäusten, die sich an diversen Waffen festklammern. Seine Stimme ist derweil eine eigenartige Mischung aus Mr. Burns und Solid Snake. Was die Story betrifft, existieren eine Reihe Kinderbücher mit besserer Erzählstruktur und interessanteren Charakteren. Nein also, The Conduit ist kein neues Halo oder Half-Life. Muss es aber auch gar nicht sein.
Washington D.C. hat also Alien-Ärger und Herr Ford wird von einem mysteriösen Mann instruiert, wie der Mob namens Grudge angepackt werden muss. In seiner Hosentasche trägt Michael seinen A.S.E. - ein kugelförmiges, mystisches Artefakt. Das Teil hilft ihm, Dinge zu sehen, die er mit seinen Augen nicht sieht. Einige verschlossene Türen lassen sich nur öffnen, wenn ihre Umgebung mit dem Cyber-Pokéball gescannt wird und der A.S.E. ein paar Sekunden elektronisch-geistige Kommunikation entzündet.
Am Anfang der Geschichte stehen Schauplätze wie ein Flughafen, eine Bibliothek, das Weiße Haus oder geheime Laboratorien. Alles recht gradlinig und leider nicht immer unterhaltsam. Einmal kämpfen wir in der U-Bahn gegen die Aliens - und das ist mehr ein Akt der Langeweile als eine nette Veränderung der Levelumgebung. Ein Waggon, vier Gegner. Im nächsten Waggon fünf Gegner. Und so weiter. Und so fort. U-Bahnen sind vermutlich ohnehin nicht der beste Ort für Schießereien. Umso erfreulicher, dass es auch größere, offene Levels gibt. Dort treffen wir auf Horden von Aliens und müssen harte Kämpfe meistern, um jene Röhren zu verschließen, aus denen die Grudge an die Oberfläche drängen.
Wirklich toll in The Conduit ist das Waffen-Arsenal. Nach ungefähr einer Stunde Spielzeit gibt es eine coole, schleimige Grudge-Knarre. Das Strike-Rifle ist ein Favorit, weil dieses Baby in schnellen Wellen abgefeuert oder für enorm starke Druckwelle aufgeladen werden kann. So lassen sich die fleischigsten Aliens zu einem Löffelchen Kakaopulver dematerialisieren. Allein die Art wie das Gewehr aufgeladen wird ist extrem cool. Noch besser ist eine schräge, aber gefährliche Bienenstock-Kanone, die es als Belohnung fürs Niederstrecken des großen Bruders eines der Aliens gab.
Die außerirdische Bedrohung stürmt facettenreich auf uns ein. Entwickler High Voltage ist es gelungen, dieses von Gears of War oder Lost Planet bekannte Gefühl einzufangen, eine verflixte Alien-Pest ausrotten zu müssen. Es gibt Nester voll Alien-Eier auszuräuchern, und die Grudge-Röhren pulsieren so aggressiv wie aufgebrachte Hornissennester. Es gibt beide zweibeinige und vierbeinige Aliens. Letztere sind sauschnelle Biester und jagen sich sogar selbst in die Luft, wenn sie in unsere Nähe vordringen - so ähnlich wie die Ticker in Gears of War 2. Bedauerlicherweise gibt es fast keine Boss-Fights, was das Gesamterlebnis weniger epochal gestaltet.
Das beste Feature von The Conduit ist die Art, wie die Wiimote verwendet wird, um zu zielen und sich umzudrehen. Metroid Prime: Corruption ist zwar in puncto Steuerung insgesamt noch einen Tick besser, aber exakte und angenehme Cursor-Bewegungen und Handgranatenwerfen mit dem Nunchuk sind schon sehr weit vorne dabei. Suboptimal gelöst ist dagegen der Meele-Angriff. Das Handgemenge wird durch Wiimote-Schütteln aktiviert, was den Bildschirm komisch hüpfen lässt und einen echt seekrank machen kann.
Die im Vorfeld hochgejazzte Grafik von The Conduit ist hart zu bewerten. Ja, es sieht besser aus als die meisten der (realismusgetreuen) Wii-Games. Ja, es ist beeindruckend, was die Entwickler aus der vergleichsweise bescheidenen Hardware heraus gekitzelt haben. Aber wer Egoshooter auf anderen Konsolen spielt, für denn ist der Gesamteindruck nicht weltbewegend. Und mal ehrlich, gute Grafik ist ohnehin nicht die bedeutendste Wii-Eigenschaft. Aber für diejenigen, die nur eine Wii besitzen, ist The Conduit grafisch natürlich erstklassig.
Neben guter Grafik bekommen wir coole Momente geliefert, etwa den Kampf gegen riesigen Spinnen-Alien, nett gestaltete Alien-Wummen und fantastische Animationen, wenn die Gegner von Kugeln niedergestreckt werden. Weniger eindrucksvoll dagegen ist das permanent recycelte Leveldesign. In der Bibliothek zum Beispiel gibt es nur ein Art Zimmer mit den immer gleichen Bücherregalen. Und in ganz D.C. scheinbar nur einen Typ Besenkammer. Bisschen lahm das Ganze.
Vorbildlich gelöst für die Wii ist der Onlinemodus. 16 Spieler dürfen sich in klassischen Modi wie Capture the Flag oder Death Match vergnügen. Ein simpler, aber großer Spaß. Bounty Hunter ist eine nette Variante, wo man einen bestimmten Gegner jagen muss und es Punktabzug gibt, wenn man die falschen abschießt. Zur gleichen Zeit sitzt uns jemand im Nacken, aber wir wissen natürlich nicht, wer das ist.
Das Onlineerlebnis ist natürlich mit dem üblichen Nerv durch die Wii-Freundschaftscodes verbunden, und in Matches mit vielen Spielern holperte die Grafik das eine oder andere Mal. Insgesamt aber ist der Onlinemodus von The Conduit variantenreich und spaßig, etwas, wofür die Wii-Gemeinde viele Abende gebetet hatte. Nach sieben bis neun Stunden Einzelspieler weiß man den Onlinemodus zudem als echte Alternative für intensive Kämpfe zu schätzen.
The Conduit ist tatsächlich ein Game, auf das viele gewartet haben. Aber aus anderen Gründen, die für wirklich große Titel gelten. Nintendos Wii brauchte einen action-geladenen Egoshooter mit schöner Grafik. Seit langem! Und selbst wenn es im Detail einiges zu meckern gibt, ist der Alien-Metzelspaß mehr als nur einen kurzen Blick wert.