Der erste Eindruck kann täuschen. Nach dem wunderschönen Final Fantasy XV sah Tales of Berseria ziemlich fad aus, aber unter der Oberfläche versteckt sich ein feines, japanisches Rollenspiel mit langer und komplexer Geschichte. Ich habe bisher noch keins der Tales-Spiele gezockt. Tales of Berseria ist der bereits sechszehnte Teil der Reihe - es lag nicht an fehlenden Möglichkeiten. Ich bin also Neuling, habe aber natürlich schon tausende Stunden in anderen Rollenspielen versenkt.
Tales of Berseria wird aus der Schulterperspektive gespielt und seine Grundstruktur bietet wenig Überraschungen. Das Spiel ist letztes Jahr im August in Japan erschienen und wird Ende Januar im Westen veröffentlicht. Trotzdem war der Code für die Vorschau ziemlich kurz und spiegelt natürlich nicht meine Meinung über das fertige Spiel wider.
Die Protagonistin Velvet und ihre Crew bewegen sich linear von Abschnitt zu Abschnitt und sinnen nach Rache. Velvet hat eine ambivalente Position in der Spielwelt, denn sie kämpft sowohl gegen Dorfbewohner als auch gegen Städte, die von Exorzisten kontrolliert werden. Ihre stetig wachsende Gruppe besteht aus so unterschiedlichen Figuren wie Zauberern und dämonischen Samurai-Soldaten - und im Gegensatz zu Final Fantasy XV kann man ihr Aussehen frei anpassen und verändern.
Die Kämpfe werden in Echtzeit ausgetragen und es kommt ein System zum Einsatz, das sich Linear Motion Battle nennt. Am Ende gleicht es ein wenig Kampfspielen mit Kombos. Die einfachen Kämpfe beginnen so schnell wie sie enden, was bedeutet, dass man schnell ganze Gebiete von Feinden säubern kann, Beute einsackt und ordentlich Erfahrungspunkte sammelt. Die größeren Kämpfe erfordern aber mehr Taktik und den Einsatz von Heiltränken.
Es braucht seine Zeit, bis man sich an das seltsame Vokabular gewöhnt hat. Verschiedene Schläge werden "Artes" genannt und aus Mana werden "Souls", das hat man aber schnell drauf. Werden unterschiedliche Artes kombiniert, enden sie mit mächtigen mystischen Artes oder Soul Break-Schlägen, die den Kombo-Balken über die normale Länge anwachsen lassen. Merkwürdigerweise bekommt die Figur, die zum finalen Schlag ausholt, die meisten Bonuserfahrungspunkte. Die Animationen der Bewegungen wirken ein wenig abgehakt, wodurch die Kämpfe weniger spektakulär aussehen, als sie eigentlich sollten. Das Kampfsystem selbst ist aber sehr effektiv, ich hoffe indes, das fertige Spiel bietet mehr Optionen und Abwechslung bei den Kämpfen.
Bei Optik und Sound kann Tales of Berseria nicht mit den Besten des Genres mithalten. Die Texturen überzeugen selbst auf dem PC nicht und den Umgebungen mangelt es an Form und Vegetation, aber dafür sind die Ladezeiten erfreulich kurz. Die Charaktere haben zu wenig Details, aber ihre irren Kostüme verschaffen ihnen viel Persönlichkeit. Besonders erwähnenswert sind die Anime-Zwischensequenzen, die durchgehend hervorragend umgesetzt wurden.
Die Zwischensequenzen der Story wurden hauptsächlich mit der Game-Engine erstellt, wodurch die Gesichtsausdrücke und Animationen der Figuren allerdings hinter den Erwartungen zurückbleiben. Auf japanisch mag die Sprachausgabe gut sein - auf englisch ist sie bestenfalls okay. Vielleicht liegt es an zu wenigen Schauspielern, denn der alte Mann aus dem Dorf klingt wie ein Dreißigjähriger. Auf japanisch vermitteln die Dialoge eindeutig mehr Enthusiasmus.
Tales of Bersaria hat mir im Laufe meiner Anspiel-Session immer besser gefallen. Die fade Grafik kann man übersehen, weil die Geschichte so interessant ist und zumindest am Anfang des Spiels fand ich das Kampfsystem interessant genug, um mehr zu wollen. Tales of Berseria mag nicht das beste Rollenspiel aller Zeiten sein, aber nach allem was ich bisher gesehen habe, scheint es zumindest ein gutes JRPG zu werden.