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Starcraft II: Wings of Liberty

Starcraft II-Premiere in Berlin

In der Nacht vom 26. auf den 27. Juli wurde der Media Markt im Alexa in Berlin zum Anlaufstelle Nummer eins für Strategiespieler. Activision Blizzard blies von hier aus mit einem Mitternachtsverkauf zum offiziellen Deutschlandstart von Starcraft II: Wings of Liberty. Exakt um 00:01 öffnete die Filiale ihre Pforten und begrüßte die vielen Starcraft-Anhänger. Und immerhin gab es nicht nur das Spiel im Verkauf, sondern auch eine Autogrammstunde zwei Vertretern des Starcraft II-Entwicklerteams.

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Starcraft II: Wings of Liberty
Warten auf Starcraft II ist das neue Warten auf Bananen. So oder so ähnlich.

Es ist kurz vor elf. Die Schlange hat schon eine beträchtliche Länge und drinnen sind bereits die ersten Starcraft-Fans am Feiern. Die offizielle Deutschland-Premiere von Starcraft II: Wings of Liberty findet im Media Markt am Alexanderplatz in Berlin statt. Eine geordnete Masse wartet noch auf Einlass. Das Publikum ist vor allem männlich. Nur wenige Frauen haben sich heute hierher verirrt.

Dass es nur zäh vorangeht, stört heute die wenigsten. Sie wollen nur endlich als eine der ersten die neuen Server stürmen und den Kampf als Zerg, Terraner oder Protoss aufnehmen. Über zwölf Jahre sind vergangen und trotzdem gibt es weiterhin eine lebendige Community, die den Strategiehit Starcraft weiterhin spielt. Mit dafür verantwortlich ist mit Sicherheit auch Blizzard, die noch im letzten Jahr einen Patch für das Spiel herausbrachten.

Starcraft II: Wings of Liberty
Margareth (links) und Nicolas (rechts) sind keine beinharten Fans, aber das Erlebnis Vorverkauf wollten sie sich nicht entgehen lassen.
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Margareth, 23
"Mich brauchst du nicht fragen, ich kenne mich doch damit gar nicht aus", tönt die junge Frau. "Ich spiele selbst nicht. Ich habe das Spiel noch nicht einmal gesehen", erklärt sie, "aber ich wollte meinem Kumpel seelisch und moralisch zur Seite stehen." Warum sie dann überhaupt bei so einer Veranstaltung ist? Weil sie es interessant findet, weil sie so etwas eben nicht kennt. Wir können ihr ja Starcraft II wärmstens empfehlen, weil hier ein Stück Computerspielgeschichte geschrieben wird. Das ist sicherlich besser als die Memory-Variante Doppelgänger von ihrem Handy. Aber immerhin hat es sich auch für Marareth gelohnt, denn sie hat etwas über Völkchen der Starcraft-Jünger gelernt: "Es gibt auffällig viele Zöpfe in den Bärten."

Nicolas, 23
Er hat Margareth angestiftet, an diesem Abend dabei zu sein. Aber auch er kennt Starcraft nur ein wenig von einem Freund. "Ich habe auf der Starcraft-Internetseite von dem Mitternachtsverkauf gelesen." Starcraft II: Wings of Liberty will er nämlich mit einem Kommilitonen spielen. Aber heute kaufen? - Fehlanzeige. "Ich wollte mir das hier nur anschauen." Immerhin ist Nicolas nicht ganz fremd im Blizzard-Universum. Er spielt bis heute Defense of the Ancients, kurz DotA, die Fanvariante von Warcraft III.

Starcraft II: Wings of Liberty
Das Warten hat ein Ende und gleich komme ich (der mit der Kappe) in die heiligen Hallen. Foto: Max Knop.

Das neue Starcraft soll übrigens vieles anders und leichter machen. So gibt es beispielsweise ein ganz neues Matchmaking-System. Jeder, aber auch wirklich jeder soll im Idealfall in der Lage sein, ein Online-Match in Starcraft II: Wings of Liberty zu gewinnen. Ja, die Chance soll wirklich jeder bekommen, was nicht heißt, dass diese nicht auch wirklich in einen Sieg umgemünzt werden könnte. Aber das große Ziel ist es für 50/50-Matching, dass jeder Spieler die Chance haben sollte, auch wirklich jedes Spiel zu gewinnen.

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Die Schlange scheint derweil noch länger geworden zu sein und es geht nur mühsam voran. Gleich ist es Zwölf, dann vermutlich geht es wieder etwas rascher, wenn die ersten nach Hause wollen, um das Spiel zu installieren. Noch immer gibt es zahlreiche Gespräche und Diskussionen über das Spiel. Wenig überraschend auch, dass unter den Fans offenbar zahlreiche World of Warcraft-Fans sind. Scherze darüber, dass bestimmt gleich jemand mit dem Hinweis aus dem Markt kommt, dass Starcraft II ausverkauft sei, findet übrigens niemand lustig hier.

Starcraft II: Wings of Liberty
Christoph (links) und Kevin (rechts) sind Kumpels, die trotz Murren in der Schlange ausharrten. Für die Autogramme der Entwickler interessierten sie sich aber nicht.

Christoph, 20
Immerhin gibt es auch Menschen, die heute Abend gekommen sind, um sich das Spiel zu kaufen. Christoph hat mit vierzehn angefangen, Starcraft zu spielen. "Und ich spiele es immer noch", ergänzt er. Seine Lieblingsrasse sind die Protoss. "Magische Rassen sind toll und die Protoss sind für mich die Abstraktesten." Im Battle.net ist seine Quote derzeit 40 Siege gegen 60 Niederlagen. Er befürwortet das neue Match-Making-System, wonach immer nach einem ungefähr gleichstarkem Gegenspieler gesucht wird. "Das ist doch gut, wenn jeder Spieler einen äquivalenten Gegner findet. Davon hat jeder etwas", findet er. Auch die Erweiterungspakete mit den Kampagnen gefallen ihm. "Jeder kann selbst entscheiden, ob er tiefer in die Geschichte einsteigen will." Viel mehr stört ihn da der fehlende Lan-Modus. "Das ist wirklich Mist, das hätten sie lassen sollen", ärgert sich Christoph, "jetzt brauchst du immer Internet." Positiv sehen kann er das trotz der versprochenen Features nicht: "Ich brauche keine Extras, ich will nur spielen."

Kevin, 21
Dieser junge Mann muss der Schrecken für jede Jugendschutzbehörde sein, denn sein Starcraft-Einstiegsalter war wohl ungefähr mit elf. "Ich habe erst mit den Terranern gespielt und später dann mit den Protoss", sagt Kevin. "Ich finde, dass sind die stärksten und sie spielen sich am leichtesten, weil man nicht so viele Tastaturkürzel braucht", fügt er hinzu. Die angekündigten Erweiterungen nerven ihn. "Muss ich jetzt noch fünf Jahre warten? Das ist ätzend", meint er. Auch auf die vielen neuen Features ist Kevin nicht so gut zu sprechen. "Ich habe meist meine eigenen Server und spiele Karten, die ich gut kenne und gewinne zu 90 Prozent", protzt er ein wenig und regt sich über den Nachfolger auf: "Es gibt keine Channels mehr wie früher und ich kann nur mit Noobs schreiben. Das ganze Match-Making-System find' ich blöd." Immerhin findet er die Freundeslisten gut, wenngleich es sich bei dem neuen Features um "einen netten Versuch" handelt. "Bitte Aufhören mit den Versuchen!", mekcert er.

Starcraft II: Wings of Liberty
Ganz fix ging es dann im Markt. Die Käufer wurden schnell abgefrühstückt.

Fast eineinhalb Stunden betrug die durchschnittliche Wartezeit. Zum Ende hin aber ging es heute alles ganz schnell. Die rund 2000 Menschen, die zugriffen, wurden nach Mitternacht zum Verkaufsstart in Windeseile durchgeschleust. Lediglich das mit den Autogrammen dauerte dann noch mal etwas länger. Unter anderem Rob McNaughton, Lead Technical Artist von Starcraft II: Wings of Liberty, war vor Ort. Es war bereits nach ein Uhr, als sie ihre Stifte niederlegen konnten. Zwischendurch haben etliche Stifte den Geist aufgegeben, aber die beiden Entwickler hielten tapfer durch.

Laut einem Artikel im Wall Street Journal hat Activision übrigens "mehr als 100 Millionen US-Dollar" in die Entwicklung von Starcraft II investiert. Die stolze Summe katapultiert Starcraft II auf einen der vorderen Plätze in der Hitliste der teuersten Spiele aller Zeiten. Der Betrag erscheint zwar realistisch, wenn man die lange bisherige Entwicklungszeit bedenkt. Eine Quelle nennt der Artikel jedoch nicht - so dass es sich eher um eine Schätzung handeln dürfte. Beeindruckend ist die Zahl trotzdem, wenngleich sich die Investition für Blizzard sicher auszahlen wird.

Starcraft II: Wings of Liberty
Sascha (links) spielt bereits seit dem zarten Alter von sechs Starcraft. Dewayn (rechts) staubte beim Gewinnspiel ab.

Dewayn, 17
Er ist bereits seit 23 Uhr hier und hat lange in der Schlange ausgeharrt, obwohl er Starcraft nicht großartig gespielt hat. "Als Anfänger bekomme ich ordentlich auf den Sack", meint Dewayn, "und ich bin auch noch nicht wirklich ganz dahinter gestiegen." Seine persönliche Statistik über gewonnene und verlorene Spiel legt nahe, dass er scheinbar immer gegen Kevin gespielt hat. Dewayn steht derzeit noch auf die Terraner und hat heute zur Standard-Edition gegriffen und er freut sich schon - auch über die neuen Features. "Das Match-Making finde ich wirklich okay, dann muss ich nicht gleich gegen die Elite spielen", sagt er und meint auch bezüglich des fehlenden Lan-Modus: "Damit kann ich leben."

Sascha, 18
Hätte jemand die Polizei rufen sollen? Bereits im zarten Alter von sechs Jahren begann Sascha mit dem Starcraft spielen. Das weiß er noch ziemlich genau, denn er ist ein Fan der ersten Stunde. Deswegen hat er an diesem Abend auch die Collector's Editon gekauft. "Die habe ich vor allem wegen dem Artbook, da stehe ich ziemlich drauf", gibt er zu. Seine liebste Rasse sind die Zerg. "Nein, ich bin nicht ungeduldig", verteidigt er sich, "die Terraner sind einfach doof und die Protoss zu langsam." Das neue Match-Making findet Sascha klasse. "Gegen andere zu spielen, die denselben Skill haben, sorgt dafür, dass man sich kontinuierlich verbessert", meint er. Und auch der fehlende Lan-Modus stört ihn kaum, obwohl er nicht nur Starcraft, sondern auch Counter-Strike, Warcraft und andere Titel von Lan-Parties kennt. Die seien schließlich auch nicht immer lustig.

Starcraft II: Wings of Liberty
Vor Ort waren auch die Entwickler von Starcraft II. Links ist Rob McNaughton, Lead Technical Artist von Starcraft II.

Der Markt wirkt derweil mittlerweile nahezu verwaist und leergefegt. Nur noch ein paar Kunden stehen im Markt, das Sicherheitspersonal bittet bereits darum, doch so langsam die Filiale zu verlassen. Die beiden Entwickler posieren für die letzten Fotos. Viele glückliche Gesichter gab es heute. Ob nun mit oder ohne Sammleredition. Und auch wenn nicht alle Starcraft-Freunde der ersten Stunde waren, war das Interesse am Spiel mehrheitlich sehr groß. Für viele gar ist es das erste PC-Spiel seit langem, was sie sich wieder kaufen.

Es kam übrigens weder zu Gedränge, noch zu Tumulten oder gar Verletzten. Alles lief ruhig und gesittet ab. Und das obwohl die vielen Jungs mit den Metal-Shirts und den langen Bärten nicht grundsätzlich friedlich aussehen. Aber auch das ist ja nur eines dieser Klischees wie jenes, das auch auf diversen T-Shirts in unterschiedlicher Art und Weise gelesen werden konnte: "Wir sind Spieler, keine Killer." Bleibt zu hoffen, dass die viele Presse vor Ort, die sich sonst nicht mit dem Thema beschäftigt, es nicht böse umdeutet, wenn sich rund 2000 Menschen in die Nacht stellen, um trotz langer Wartezeit die ersten zu sein, die nicht mehr, aber auch nicht weniger in die Hand bekommen, als ein PC-Spiel.

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