Es gibt viele Möglichkeiten, wie man ein Spiel wiederveröffentlicht. Da wäre etwa die Crash Bandicoot: Nsane Trilogy, eine überarbeitete Version des Originals, die alle Dinge übernommen hat, die das Original so toll gemacht haben. Dann sind da noch The Last of Us Remastered oder der neue Dirctor's Cut von Ghost of Tsushima - zwei Beispiele, wie man ein Spiel mit einigen neuen Elementen verfeinert, ohne es dabei drastisch zu verändern. Und dann ist da Sonic Colours: Ultimate. Hier scheinen die Entwickler alles daran gesetzt zu haben, damit die Spieler:innen eines der tollsten Sonic-Spiele nicht mehr mögen.
Aber fangen wir mit den positiven Aspekten an, denn es ist definitiv noch Sonic Colours; eines der besten Sonic-Spiele aus diesem Jahrhundert. Die Struktur des Originals bleibt unverändert: Eggman hat einen außerirdischen Vergnügungspark erschaffen, damit ihm die Bewohner der Welt seine früheren Missetaten verzeihen. Sonic und Tails sind natürlich skeptisch, reisen zum Park und finden heraus, welche Pläne Eggman in Wirklichkeit verfolgt.
Es ist eine leichtherzige Story und auch wenn der Humor nicht immer funktioniert, motiviert die Prämisse. Dafür sorgen auch die kreativen Level und die relativ kurze Spielzeit, denn das Spiel lässt sich in einer Nacht beenden. Für zusätzlichen Spielspaß sorgen versteckte Pfade und allerlei Geheimnisse. Das Spiel hat Arcade-Charme und es motiviert zur Jagd nach immer höheren Punktzahlen, was manch einen zu weiteren Durchgängen bewegen könnte.
Leider wurde eine ganze Reihe von Veränderungen vorgenommen, die das Spielerlebnis eher verschlimmern. Die Zwischensequenzen wurden direkt vom Original übernommen, aber mit der gleichen Auflösung. Der Versuch, das Geschehen hoch zu skalieren, scheiterte, was das ganze Bild verschwimmen lässt. Colours war ein schönes Wii-Spiel und das sieht man dem Game leider in diesen Szenen an.
Die Enttäuschung wird noch größer, wenn wir anfangen zu spielen. Der tolle Pixar-Stil wurde mit fettigen Fingern übermalt und nun glänzt plötzlich alles wie bei Mario Kart Wii. Die höhere Auflösung auf den neueren Konsolen sorgt leider nicht für zusätzliche Details im Hintergrund, da die neue Engine die knalligen Farben verblassen lässt. Dadurch wirkt das Licht etwas „realistischer", doch der Farbenreichtum verliert zwischen den Welten ein wenig seinen Glanz.
Das ist natürlich Geschmackssache, aber so sieht die „verbesserte" Version von Colours eben aus. Es hätte doch sicher einen Weg gegeben, den Originalstil trotz Upscaling beizubehalten. Das Problem wird noch deutlicher, wenn sich neue und alte Zwischensequenzen abwechseln, was übrigens auch den Soundtrack ruiniert, der zu den Höhepunkten der Wii-Version gehörte.
Jeder Planet hatte drei Variationen eines Hauptthemas, das der jeweiligen Welt entsprang. Diese Tracks wurden so verändert, dass sie gut zum aktuellen Abschnitt passten (deshalb habe ich die besten Songs zehn Jahre später immer noch im Ohr). In Ultimate sollen ein paar neue Remixe für mehr Abwechslung sorgen, doch die alten Varianten werden weiterhin gespielt. Vielleicht ist das wieder Geschmackssache, ob euch die neuen Remixe gefallen oder eben nicht, doch das Problem dabei ist, dass die neuen und alten Versionen so unterschiedlich sind, dass sie auch aus verschiedenen Spielen stammen könnten.
Während in der Wii-Version elektronische Rhythmen mit zusätzlichem Einsatz von akustischen Instrumenten gespielt wurden, hat sich Ultimate für einen komplett elektronischen Stil entschieden (ähnlich wie in Sonic Forces). Beide haben ihre Höhepunkte, aber sie passen nicht gut zusammen. Ich hätte mir gewünscht, dass man zwischen dem alten und dem neuen Soundtrack wählen könnte.
Im Menü lässt sich aber leider nur die Lautstärke der Musik und der Soundeffekte verändern (es gibt nur einen einzigen Regler für beides!). Das wäre noch ok, wenn der Sound ausbalanciert wäre, aber die Soundeffekte wechseln zwischen linkem und rechtem Kanal und sorgen somit für Kopfschmerzen, wenn man mit einem Headset spielt - auch weil die Lautstärke schwankt. Wenn ihr durch eine lange Reihe von Ringen rennt, dann könnt ihr euch von eurem Trommelfell verabschieden. Die Musik wird leiser und der Sound der Ringe übertönt einfach alles.
In einem hilflosen Modernisierungsversuch wurden Optionen eingeführt, um den Look von Sonic zu verändern. Ihr könnt beispielsweise seine Handschuhe blau oder seine Schuhe gelb färben. Das meiste davon ist eher hässlich, aber es erhöht den Wiederspielwert, denn dafür müssen spezielle Münzen in den Leveln gesammelt werden. Viele dieser Münzen sind hinter den neuen Wegen versteckt, die wir nur mit den neuen Power-Ups erreichen können. Beispielsweise könnt ihr euch an Gegner hängen und durch Wände schweben.
Das macht Spaß, entfaltet aber nie sein volles Potential, weil das ursprüngliche Level-Design beibehalten wurde. Ihr könnt die Gelegenheiten an einer Hand abzählen, in der das Power-Up auch wirklich gebraucht wird, um einen Level abzuschließen und das ist schade, denn es gehört zu den Lustigeren im Spiel. Wenn ihr 15 rote Ringe in einer Welt gesammelt habt, schaltet ihr die Möglichkeit frei, in einem Rennen gegen Metal Sonic anzutreten, um weitere kosmetische Optionen freizuschalten. Da ist in Ordnung, aber auch nichts wirklich Neues.
Und das gilt auch für das gesamte Paket, denn keine der Neuerungen verbessern das Original erheblich. Es ist eher das Gegenteil, denn das Spiel wird im Zweifel sogar schlechter. Es fühlt sich einfach nicht wie ein Remaster von Sonic Colours an, sondern wie eine Neuauflage ohne sorgfältige Qualitätsprüfung. Die Probleme sind so offensichtlich, dass ihr lieber eure Wii oder Wii U abstauben solltet, wenn ihr Lust auf Sonic Colours habt. Auf diesen Systemen läuft das Spiel wenigstens - ich hatte bei meinem ersten Durchgang mit der Launch-Version in drei Stunden drei Abstürze (einen davon beim letzten Boss). Es ist wirklich traurig, denn das Original war eines der besten Spiele der Nintendo Wii und viele Sonic-Fans haben sich wirklich auf ein Remaster gefreut.