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Shadow Complex

Shadow Complex

Der Entwickler Chair liebt Super Metroid genauso sehr wie wir. Mit Shadow Complex haben sie nun eine ausgezeichnete Actionperle gezüchtet, mit der sie Nintendo Tribut zollen und selbst was ganz Großes geschaffen haben.

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Es ist nicht verwunderlich, dass unsere Erwartungen ins Unermessliche steigen, nachdem die Entwickler bei der Präsentation ihres Spiels die Namen von zwei ewigen Lieblingen haben fallen lassen: Super Metroid und Castlevania: Symphony of the Night. Aber guter Geschmack und große Ziele reichen nicht unbedingt aus, wenn man zudem der gleichen Mannschaft angehört, die mit Undertow und Advent Rising bislang nur höchst mittelmäßige Spiele entwickelt hat.

Das Ganze fängt recht gewöhnlich an. Jason Fleming ist ein Kriegsdienstverweigerer mit Eliteausbildung, der mit einer schönen Frau durch die Welt zieht, die er natürlich erst kürzlich kennengelernt hat. Als die beiden über ein geheimes Gelände stolpern, wird Claire von einer merkwürdigen, paramilitärischen Truppe gefangen genommen und Jason sieht sich gezwungen, seine Kampfkünste anzuwenden.

Die Handlung basiert auf dem Buch „Empire" von Orson Scott Card, ist aber eigenständig davon zu betrachten. Wir befinden uns in einer Metal Gear-ähnlichen Zukunft, in der revolutionäre Gruppen einen zweiten amerikanischen Bürgerkrieg vorbereiten, indem sie den Präsidenten und Vizepräsidenten töten. Zum Glück bleiben uns langgezogene Zwischensequenzen und Funkgespräche erspart, so dass wir uns voll und ganz der Action widmen können. Denn die kommt - und zwar nicht zu knapp!

Zunächst fühlt sich Shadow Complex exakt genauso wie eine zweidimensionale Fassung von Uncharted an. Das liegt nicht zuletzt auch an Nolan North (auch Prince of Persia), der hier wieder in dieselbe Rolle schlüpft. Nur mit einer Taschenlampe bewaffnet, aber stark im Springen und Klettern, bahnt er sich einen Weg in die Basis und versucht, Claire zu finden.

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Auch wenn das Spiel dem so genannten „Metroidvania"-Genre im Allgemeinen und Nintendos SNES-Meisterwerk im Besonderen ungeniert huldigt, besitzt es deutliche Züge moderner Shooter. Trotz der strikten Zweidimensionalität des Spiel können sich Gegner im Vorder- und Hintergrund befinden und wir zielen mit dem rechten Stick. Nach kurzer Gewöhnungsphase fühlt sich dies ganz und gar logisch an. Feuergefechte sind tatsächlich intensiv, unterhaltsam und schnell. Wer auf ein superreales Spiel gewartet hast, kann das ganz schnell vergessen. Denn trotz moderner Physik und realistischer Animation können wir aus dem Stand fünf Meter weit springen und alle noch so tiefen Stürze überleben. Glücklicherweise glänzen sich selbst aufladende Schilde mit Abwesenheit. Aber wie Entwickler Chair wissen lässt, ist das hier kein typisches, modernes Actionspiel.

Ungefähr zu der Zeit, als Jason Teile einer experimentellen Kampfausrüstung findet und damit seinen halb in den Hosenbund gestopften Pulli und die Jeans verdeckt, verschwindet das Uncharted-Gefühl. Das Spiel wandelt sich mehr und mehr zu einer actionreicheren Version von Super Metroid. Anekdoten hageln auf uns ein, in Form von Türen, die durch unterschiedliche Farben anzeigen, mit welcher Waffe wir sie öffnen können, dem identisch aufgebauten Kartensystem und besonders durch die verschiedenen Fähigkeiten.

Jede neue Waffe oder Fähigkeit, die wir finden, schafft neue Möglichkeiten, die zusammenhängende Welt zu erforschen. Das Spiel gibt Hinweise, wohin wir uns als nächstes begeben sollten. Aber es besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit, das wir uns unseren eigenen Weg suchen. Überall sehen wir verschlossene Türen und dämmerige Schächte außer Reichweite und verlockende Upgrades, die nicht zu erreichen sind. Wir versuchen uns diese interessanten Orte im Gedächtnis zu behalten, um später mit neuen Fähigkeiten das Geheimnis zu lüften. Lohn können mehr Munition, eine bessere Rüstung oder etwas anderes Nettes sein.

Das großartige an Spielen wie Shadow Complex ist, dass Forschungsdrang und Geschicklichkeit immer belohnt werden. Durch Finden unkonventioneller Wege können wir das Ziel am Ende auf eine ganz andere Art und Weise erreichen, als es eigentlich geplant war. Oder aber wir entdecken Waffen, die uns das Spiel erleichtern. Was ursprünglich Bugs und Fehler im Leveldesign waren, wurde in den letzten Metroid-Spielen und auch hier zu gut durchdachten Abkürzungen, die mit Extrapunkten und einem sicheren Platz in den Charts aufwarteten. Wir brauchten knapp sechs Stunden für das erste Durchspielen von Shadow Complex, haben aber dabei nicht jeden einzelnen Winkel erforscht. Ein anderer Spieler hat das Ganze aber schon in einundeinhalb Stunden geschafft. Wir können versprechen, dass diese Rekordzeit nicht beim ersten Versuch erreicht wird.

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Die Metroid-Serie ist der Ursprung für das Phänomen von Speedruns, wo es darum geht, sich so schnell wie möglich durch ein Spiel zu kämpfen. Durch Highscores ist ein Xbox Live Spiel natürlich wie gemacht für diese Form von Wettbewerb. Wir prophezeien schon jetzt einen harten Kampf um die ersten Plätze auf dieser Liste. Wir vermissen lediglich die Möglichkeit, Aufzeichnungen davon anzufertigen, wie wir spielen. Das war aber am Ende wohl nicht umsetzbar. Schließlich kann es sich durchaus um eine Aufzeichnung von mehreren Stunden handeln.

Auch die Optik gefällt sehr. Die Unreal Engine in Kombination mit der festen Seitenperspektive macht wahnsinnige Effekte und ein spitzenmäßiges Lightning möglich. Es gibt Unmengen von Details und Kleinigkeiten, die die Kämpfe beeinflussen können. So können wir einen Geschützturm abschießen, der dann über dem Gegner zusammenbricht. Durch die Physik-Engine lassen sich außerdem Granaten auf eine sehr intuitive Weise benutzen - mit äußerst unterhaltsamen Ergebnissen.

Für Liebhaber kreativer Plattformer ist Shadow Complex ein Paradies. Gegner sind in einem Raum mit verschiedenen Ebenen auf jede nur erdenkliche Art und Weise angreifbar, abhängig davon, welche Fähigkeit wir besitzen. Beim ersten Mal müssen wir vielleicht noch hinter einer Kiste in Deckung gehen, Granaten werfen und versuchen, die Gegner oberhalb von uns mit gestreuten Hagelschauern zu treffen. Aber schon ein paar Stunden später schleust uns die clevere Levelplanung erneut hier vorbei. Nun können wir jedoch eine Wand seitwärts hochspringen (yeah), uns mit Greifarmen an der Decke entlang schwingen (yeah, yeah), einen Gegner einfrieren und dann das letzte Grüppchen herunterstoßen (oh yeah!). Beeindruckend? Ja. Befriedigend? Sogar sehr.

Oder zum Beispiel das zuletzt erreichte Achievement: Wir stießen auf eine Kiste, die den Weg zum nächsten (optionalen) Gegenstand blockierte. Um sie zu zerstören, mussten wir ordentlich Anlauf nehmen, um schnell genug zu werden. Allerdings gab es dafür nicht genügend Platz. Im Raum davor klaffte ein riesiger Abgrund. Wir probierten es eine Weile mit Präzisionssprüngen, um das Tempo beizubehalten, aber es reichte nicht aus. Schlussendlich hörten wir auf, in den gewohnten Metroid-Bahnen zu denken und nutzten stattdessen die Schaumpistole, um eine improvisierte Brücke zu bauen. Jetzt musste nur noch reichlich Beschleunigung her und dann die Kiste zerstört werden. Zack, Siegestaumel und noch ein Prozent auf der Sammelliste zugelegt. Genau diese Form von Problemlösung machte Super Metroid und Metroid: Zero Mission so einzigartig.

Was den Suchtfaktor noch weiter steigert sind die ganzen Statistiken, die auch in Charts gespeichert werden. Zunächst gibt es Charts für die Zeiten und gesammelten Punkte im Hauptmodus. Aber es gibt auch welche darüber, wie viele Gegner wir niedergeschlagen haben. Ein weiterer Zeitvertreib sind die Herausforderungsräume, die regelrecht dazu zwingen, alle Fähigkeiten ideal einzusetzen. Diese steigern sich schnell von relativ ruhigen zu harten, schonungslosen Kämpfen, aber fungieren als gutes Training für den späteren Spielverlauf. Als Ausgleich gibt es keinen Multispielermodus, was aber auch nicht richtig in dieses Spiel hineingepasst hätte.

Als Download-Titel betrachtet ist Shadow Complex fast lächerlich billig. Ohne die derzeit vorherrschende Abneigung gegen 2D-Spiele wäre dies wohl ein Vollpreis-Spiel geworden, wenngleich es nicht ganz so poliert ausschaut wie die Konkurrenz von Nintendo oder Konami. Zumindest klingen die Ausreden von Konami, dass ein hoch aufgelöstes und modernes Castlevania ökonomisch nicht drin ist, doch sehr dürftig, wenn man sieht, was Chair mit einem kleinen Team von zehn Leuten und freilich etwas Unterstützung von Epic gelungen ist.

Ein Mangel ist höchstens das Fehlen mehrerer Speicherslots. Wenn wir einen Spielstand haben, bei dem wir 70 Prozent aller Gegenstände gefunden haben und uns nun der Herausforderung stellen wollen, so wenig Gegenstände wie möglich zu sammeln, müssen wir über das alte Spiel drüberspeichern. Wenn es uns nur darum geht, das ruhigere Spieltempo vom Beginn des Spiels erneut zu erleben, gibt es ja immer noch die Möglichkeit, das Profil zu wechseln. Da können wir allerdings keine Achievments mehr sammeln.

Aber ansonsten ist Shadow Complex ein wahnsinnig gutes Spiel, dem es gelingt, die fantastische Entdeckerfreude der klassischen Titel und die intensive Action moderner, dynamischer Actiongames zu kombinieren. Wir hätten das Spiel auch für 60 Euro wärmstens empfohlen. Für weniger als 15 Euro ist es der reinste Ausverkauf. Braid muss beiseite rücken - die Xbox Live Arcade hat mit Shadow Complex einen neuen Champion.

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09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Wunderbares Gameplay, enorme Variationsmöglichkeiten, brillantes Leveldesign, herrliche Soundeffekte, spannendes Abenteuer
-
Nur ein Speicherslot
overall score
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