Begriffe wie Remaster und Remake werden häufig für die gleiche Art Spiel verwendet, aber Capcom hat uns im letzten Jahr mit Resident Evil 2 den Unterschied aufgezeigt. Die Story wurde modernisiert und verändert, neue Gameplay-Mechaniken eingeführt und bei Grafik und dem Sound haben sie sich dann komplett übertroffen. Das Überraschungselement tat schließlich sein Übriges, wie schlägt sich also Resident Evil 3 im Vergleich? Es stellt sich heraus: ziemlich gut.
Es zeigt sich deutlich, dass Resident Evil 3 gemeinsam mit Resident Evil 2 entwickelt wurde, da es beispielsweise bei der Story dem Rezept seines erfolgreichen Vorgängers folgt. Wer selbst Resident Evil 3: Nemesis gespielt hat, der wird von einigen Veränderungen überrascht sein, das können wir euch als alte Fans der Reihe verraten. Unter anderem wurden ein paar der merkwürdigen Punkte glatt gebügelt, die eine 20 Jahre alte Geschichte manchmal aufweist. Dafür gibt es sicher keinen Oscar, denn die Beziehung zwischen Jill Valentine und Carlos Oliveira entwickelt sich schneller von "distanziert" zu "beste Freunde", als ihr "Staaaaars" sagen könnt (und die Gründe dafür sind auch ziemlich dünn). Die Story ist trotzdem packend genug, sodass wir den ersten Durchgang in einem Rutsch gespielt haben.
Die Länge von Resident Evil 3 wird das Publikum sicher trotzdem spalten, denn obwohl wir viel Spaß mit den neuen Inhalten und der Suche nach Easter Eggs hatten (was ein gutes Maß an Backtracking erfordert), wird es sicher Spieler geben, denen die fünf bis zehn Stunden nicht ausreichen. Wie wir das vom Vorgänger kennen erhöht das Freischalten neuer Schwierigkeitsgrade, Kostüme, Charaktermodelle und Waffen die Spielzeit, falls euch das antreibt und motiviert. Uns hat es jedenfalls viel Freude bereitet, das Spiel dreimal durchzuspielen und die Länge passt gut zum actionlastigen Tempo.
Das solltet ihr nämlich ebenfalls beachten: Resident Evil 3 ist der erste Schritt weg von der klassischen Horrorerfahrung. Es liegt insgesamt zwar noch immer deutlich näher an der tollen Mischung des Vorgängers, doch mit zunehmender Spielzeit treten die Actionpassagen deutlicher in den Vordergrund. Während die erste Spielhälfte eine einzigartige Atmosphäre bietet, in der die Zombies nur darauf lauern, dass wir unaufmerksam werden, zwingt uns der letzte Teil des Spiels dazu, in der direkten Konfrontation alles zu geben. Wir werden regelmäßig in Räume mit Bossen oder starken Gegnern eingeschlossen und müssen diese Begegnungen irgendwie überleben.
In Resident Evil 3 funktioniert die Waffenhandhabung aber echt gut, da die Steuerung und die Kämpfe viel befriedigender ausfallen. Ein Grund dafür ist die neue Ausweichmechanik: Mit gut abgepasstem Druck auf die Ausweichtaste gehen wir Zombiebissen und fiesen Hinterhalten aus dem Weg. Bei perfektem Timing verlangsamt sich das Spielgeschehen für kurze Zeit sogar und wir zielen automatisch auf die Schwachpunkte unserer Gegner. Selbst nach drei Durchgängen bleibt uns dabei regelmäßig fast das Herz stehen, so gut ist dieser Moment.
Das Gute an der vielen Action: Wir haben jetzt mehr Optionen, um uns die Gegner vorzuknüpfen. Racoon City ist praktischerweise voller explosiver Fässer, die ganze Gruppen der schlurfenden Feinde in die Luft jagen und überall finden sich Generatoren, die unsere Feinde kurzzeitig betäuben. Diesmal haben die Helden ein robustes Messer dabei, das mehrfach eingesetzt werden darf und nicht sofort zerbricht. Zerbrechliche Kisten können nach Munition oder Waffen durchsucht werden, darin könnten sich jedoch auch Zombies verstecken, die sich nur tot stellen. Dann gibt es natürlich noch die vielen Knarren, mit denen wir den Zombies die Extremitäten wegballern können.
Die tolle Grafik und das großartige Audio-Design tun ihr Übriges. Wer den Teil vom letzten Jahr gespielt hat, der dürfte ziemlich genau wissen, was ihn da erwartet. Wer kann schon ruhig bleiben, wenn man jeden Spuckefaden im Mund der realistisch-wirkenden Zombies sehen kann und die Musik genau zu wissen scheint, wie sie mit unseren Nerven zu spielen hat. Dazu kommen die fantastischen Animationen, mit denen die Zombies auf unsere Schüsse reagieren, während sie auf uns zustolpern. Kein anderes Horrorspiel kann mit der Qualität dieser Präsentation mithalten.
Auch das vieldiskutierte Nemesis-Design hat uns überzeugt, obwohl man nicht gerade viel Zeit bekommt, ihn anzusehen. Die gigantische Kreatur strahlt vom ersten Augenblick an Gefahr aus und mit jedem Aufeinandertreffen eskaliert die Situation weiter. Capcom hat sich von der ewigen Bedrohung verabschiedet und sich stattdessen entschieden, alle Begegnungen mit ihm zu skripten. Das mag manche Spieler enttäuschen, uns hat dieser Ansatz jedoch gut gefallen. Die Zeiten sind vorbei, in denen uns der große Kerl am Fortschritt hindert oder in denen seine endlosen Verfolgungsjagden das Spieltempo stören. Jetzt fühlt sich jede Begegnung mit Nemesis wie ein Rätsel an, das wir lösen müssen, um dem Giganten zu entkommen.
Das Spiel ist aber nicht perfekt und einige der Schwächen des Vorgängers lassen sich auch hier finden. Resident Evil 3 ist eines der schönsten Spiele, das wir je gesehen haben, aber selbst die Xbox One X hat Probleme mit der Framerate, wenn Gegner in der Ferne agieren - kein großes Problem, weil die meisten Gegner eh nah an uns dran sind. Doch wenn diese Probleme erst einmal auftreten, geht die Immersion schnell flöten. Was ebenfalls die Immersion stört ist die Tatsache, dass manche Gegner erst "aktiviert" werden, sobald bestimmte Kriterien erfüllt wurden. Da können wir vorher noch so viele Löcher in ihre Köpfe ballern, sie nehmen keinen Schaden. Das ist verständlich wenn man weiß, dass manche Gegner wichtig für die Geschichte sind, aber es ist trotzdem eine Enttäuschung.
Wenn ihr gerade erst Resident Evil 2 gespielt habt, dann wird euch auffallen, dass manche Dinge recycelt wurden. Einige coole Referenzen sind nett gemeint, allerdings zeigen manche Szenarien zu deutlich, dass beide Spiele vom gleichen Entwickler stammen - das fällt vor allem bei den ähnlichen Zombiemodellen und an ein paar der Abschnitte aus Racoon City auf. Das sind letzten Endes aber Kleinigkeiten, denn Resident Evil 3 zeigt einmal mehr, dass Capcom die Könige der Remakes sind. Genau wie beim Remake von RE2 wird es sicher einige Fans geben, die nur eine hübschere Version von Resident Evil 3: Nemesis haben wollten und die jetzt vielleicht enttäuscht sind, weil es einige Veränderungen an den Szenen und der Story gegeben hat.
Da der Geist des Originals jedoch erhalten wurde und sich die Erfahrung trotz der frischen Einfälle so anfühlt, als würden wir RE3 wieder zum ersten Mal spielen, waren wir sehr zufrieden damit. Man kann die großartige Atmosphäre einsaugen, die wir der tollen Grafik und dem hervorragendem Sound-Design verdanken, während das überarbeitete Gameplay und die modernisierte Steuerung bis zum Abspann überzeugen. Erwartet nur nicht die gleiche Spielzeit wie beim Vorgänger (es sei denn ihr verliert euch in Resident Evil Resistance) oder gar bahnbrechende Rätsel. Resident Evil 3 ist einfach der Nachfolger eines der besten Spiele von 2019 und wir lieben es für das, was es ist.