Das erste Nier feierte letztes Jahr seinen 10. Geburtstag und zu diesem Anlass kündigte Square Enix ein Remaster an, das die offensichtliche Nachfrage stillen soll, die Nier: Automata bei Millionen Spielern hinterlassen hat. Das japanische Entwicklerstudio Toylogic wird dafür sorgen, dass wir das nicht übermäßig bekannte Kultspiel nun auch auf modernen Systemen erleben können. Chefentwickler Yoko Taro und Lead Producer Yosuke Saito vom originalen Team Cavia überschauen die Produktion.
Im Gegensatz zur internationalen Handelsversion von Nier aus dem Jahr 2010 wird Nier Replicant ver.1.22474487139 auf der japanischen PS3-Version basieren. Wir spielen also nicht den grimmigen Vater, der ein Heilmittel für die unheilbare Krankheit seiner Tochter sucht, sondern einen Jugendlichen, der sich um seine Schwester sorgt. Das erzwingt an vielen Stellen einen veränderten narrativen Kontext, doch abgesehen von den Unterschieden in der Erzählung und bei den Dialogen sind die beiden Spiele inhaltsgleich.
Die Transformation des Remasters beschränkt sich jedoch nicht auf das Portieren der ursprünglichen Spielerfahrung, da das Actionspiel schon 2010 nicht gerade ein Hingucker war. Neben dem Anheben von Auflösung und Bildrate wurden die einzelnen Bereiche auch visuell auf Vordermann gebracht, damit sie heute nicht negativ aufstoßen. HD-Texturen, zusätzliche Partikeleffekte und Quality-of-Life-Verbesserungen runden diese Frischzellenkur oberflächlich ab.
Die Originalkomposition des Komponisten Keiichi Okabe konnte damals mit einnehmenden Chören und einem sehr melodischen Gesang der englischen Sängerin Emi Evans überzeugen. In Nier Replicant wurde der Soundtrack von verschiedenen Künstlern neu arrangiert, doch in den drei Szenen, auf die wir uns im Rahmen dieser Vorschau konzentrieren, ist mir das ehrlich gesagt nicht aufgefallen. Was im Vergleich zum Xbox-360- und PS3-Spiel deutlich wird ist, dass die Hintergrundmusik in allen Bereichen etwas stärker in den Vordergrund gerückt wurde.
Am Kampfsystem wurde ebenfalls einiges getan, damit sich die vielen Fans, die von Nier: Automata kommen, nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Der Einsatz von Magie ist visuell drastisch verbessert worden und deshalb sind rotierende Klingen, schwingende Fäuste und spitze Pfähle, die aus dem Boden herausbrechen, um unsere Feinde aufzuspießen, inzwischen kaum noch mit ihren alten Pendants zu vergleichen. Zudem wurden Angriffsabfolgen neu erstellt und die Funktionsweise aufgeladener Attacken entspricht nun eher den modernen Gewohnheiten der Spieler. Dazu gehört auch die Fokussierung der Kamera auf Gegner und die Möglichkeit, mit einem Ausweichschritt in Windeseile in den Rücken des Feindes zu rutschen.
Das alles fördert die Spielerfahrung des Remasters, es verändert sie aber nicht grundlegend. Die große Ebene nördlich vom Startgebiet wirkt aufgrund der höheren Detaildichte, der Weitsicht und nicht zuletzt dank des größeren Feindaufkommens natürlich etwas lebendiger als zuvor. Insgesamt ist das Level-Design gemessen am heutigen Standard jedoch veraltet und archaisch. Das merkt man unter anderem auch daran, dass zwischen den Gebieten Ladezeiten auftreten.
Genau wie Nier: Automata ist Nier jedoch sehr gut darin, diesen Umstand zu verheimlichen. Auf dem Schrottplatz in den Bergen nördlich unseres Heimatdorfs merkt man zum Beispiel, wie sehr sich das Game weigert, in einer bestimmten Perspektive zu verharren. Innerhalb der einzelnen Level schwenkt die Kamera von der Verfolgerperspektive plötzlich zur 2D-Ansicht eines Sidescrollers um oder geht in die Vogelperspektive über. Unser Bewegungssystem und die Kampfoptionen bleiben in all diesen Szenen identisch, da die Kameraarbeit ausschließlich dazu dient, die Spieler zu überraschen und sie vor neue Herausforderungen zu stellen.
Bosskämpfe folgen diesem Design-Ansatz ebenfalls, da ab und zu flüssig zwischen der Hack'n'Slash-Spirale und Shoot-'em-Up-Gameplay gewechselt wird. Zwischen unseren Angriffsphasen müssen wir häufig einem feindlichen Projektilhagel und Attacken mit Gebietseffekten im Plattforming-Stil ausweichen. Obwohl das alles noch nicht den Stil und die Finesse von Nier: Automata aufweist, waren die Einflüsse immer vorhanden. Toylogic hilft mit dieser Arbeit also nur dabei, die Ursprünge deutlicher hervorzuheben, falls sich Fans dazu entschließen sollten, am 23. April auf diese moderne Zeitreise zu gehen. Abschließend nur noch ein Wort der Warnung: Nier war nie ein Spiel, das man gespielt hat, weil es so viel Spaß gemacht hat...