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Mario + Rabbids Kingdom Battle

Mario + Rabbids Kingdom Battle

Dieser ungleiche Mix mit Mario, Hasen und Strategie sollte nicht funktionieren, doch Ubisoft übertrifft alle Erwartungen und gewinnt uns damit komplett.

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Ich gebe sehr gerne zu, obwohl das meine journalistische Unabhängigkeit gefährdet, dass Skepsis meine Gefühle dominierte, als ich zum ersten Mal von den Gerüchten zu Mario + Rabbids Kingdom Battle hörte. Aber könnt ihr mir das wirklich verübeln? Mario, einer der beliebtesten und heiligsten Charaktere in der interaktiven Unterhaltung, wird an die Seite der lächerlichen Rabbids von Ubisoft gestellt und soll zudem in einem rundenbasierten Strategiespiel im Stile von Xcom mitspielen? Es ist ein Rezept, das schon alleine beim darüber Nachdenken nicht funktionieren sollte, also wirklich überhaupt nicht. Es erinnert mich sofort an diese schlimmen Mash-Ups, wie Hyrule Warriors, die nichts weniger als verwirrend sind und zwei Strukturen eher schlecht als recht aneinander kleben, in der Hoffnung, dass sie sich am Ende gegenseitig ergänzen. Ich schätze das ist eine reine Marketing-Entscheidung; ein Schema, das zwei Zielgruppen zu einem größeren Publikum verbinden soll, was nicht ohne Grund so selten gelingt. All diese Befürchtungen, die ich seit des anfänglichen Leaks hatte, sind durch eine denkwürdige und einprägsame Gameplay-Präsentation auf der E3 2017 komplett von meinem Gedächtnis gelöscht worden. Während der Ubisoft-Pressekonferenz standen sich Yves Guillemot und Shigeru Miyamoto gegenüber und stellten mit echt empfundener Freude offiziell ihr gemeinsames Projekt vor, während die Kamera auf das anwesende Publikum schwenkte und die greifbare Begeisterung einfing. Der emotionale Höhepunkt dieser Veranstaltung war der kurze Augenblick des wahrhaft bewegten Game Directors, der die fantastische Rezeption seines riskanten Projektes kaum glauben konnte.

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Mario + Rabbids Kingdom BattleMario + Rabbids Kingdom Battle
Ubisoft hat Xcom nachgebaut, aber im Nintendoland und Nintendo ist für alle da.

Das Risiko hat sich ausgezahlt und die Antwort von Nintendo-Fans, einem Publikum, das manchmal nur sehr schwer zufriedenzustellen ist, ist atemberaubend. Obwohl Mario + Rabbids Kingdom Battle von Ubisoft kommt, einer Firma die gelegentlich dafür kritisiert wird, übertrieben wirtschaftlich und iterativ zu denken, hat die Mario-Fanbasis Mario + Rabbids Kingdom Battle als einen der ihren aufgenommen und die Erwartungen liegen deshalb nun höher als je zuvor. Um das also zusammenzufassen: Es ist ein Spiel mit hohem Einsatz, das große Belohnung versprich. Diese ungewöhnliche Partnerschaft des einzigartigen Nintendo-Maskottchen und der Verbindung mit Ubisofts waghalsiger Strategie-Struktur bildet einen interessanten Cocktail. Wir werden uns jetzt gemeinsam anschauen, wie das genau funktioniert.

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Zuerst einmal werden wir uns der Geschichte zuwenden und uns den erzählerischen Rahmen anschauen, der erklärt warum zwei eigenständige Welten aufeinander krachen. Wie ihr euch sicher denken könnt, ist die Begründung dafür ziemlich absurd und das ist nicht unbedingt in einer guten Art gemeint. Heruntergebrochen ist ein VR-Headset, das irgendwie verschiedene Elemente miteinander verschmelzen kann und im Keller eines genialen Wunderkindes liegt, für diesen Schlamassel verantwortlich. Aus unbekannten Gründen tauchen plötzlich die Rabbids auf und benutzen das Headset für ihren Schabernack. Da dort im Keller ein Poster mit den beliebten Nintendo-Helden hängt, kommt die Mario-Komponente ins Spiel und alles geht seinen Weg. Warum einige Rabbids gemein sind während andere hilfsbereite Freunde werden, darum kümmert sich das Spiel nicht. Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass das Pilzkönigreich unter Belagerung von einer nur vage beschriebenen Bedrohung steht und sicher wird es nicht das letzte Mal sein. Es ist die Prämisse selbst, die unsinnig ist und das lässt die Rabbids so herrlich in der absurden Welt von Mario aufgehen. Unsere wichtigsten Verbündeten sind - zumindest am Anfang - die beiden Rabbids, die als Peach und Luigi posieren und das tun sie wunderschön. Es macht großen Spaß und ist sehr unterhaltsam zu sehen, wie sie in kindlicher Art auf die verschiedenen Elemente des Pilzkönigreichs reagieren und das erschüttert die narrative Struktur der Welt ganz hervorragend. Erwartet keine tiefgründige Geschichte, aber eine Verbindung zweier distinktiver Welten, die ganz hervorragend zusammen harmonieren.

Abgesehen davon, dass Ubisoft mit ihrer Erzähung den Nagel auf den Kopf getroffen haben, indem sie diese beiden Universen miteinander verbinden, ist es dem Studio gelungen, eine sehr charakteristische Präsentation zu erschaffen. Das hier ist noch immer das Pilzkönigreich in seiner ganzen Pracht und sogar obwohl Nintendo uns Spielern über die vielen Jahre so zahlreiche unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven auf diesen Ort gegeben hat, fühlt sich die Welt unglaublich vertraut an. Das Terrain verändert sich im besten Mario-Stil, wenn Mario und seine ungleiche Gruppe an Rabbid-Imitatoren und den originalen Charakteren von einer Welt in die andere lauen und dabei feurige Vulkane und eisige Berggipfel durchkreuzen. Es ist noch immer das bekannte, quadratische Weltdesign, das wir schon etliche Male durchschritten haben. Wenn wir die Umgebungen von Super Mario 3D World auf der Wii U nehmen und die Kamera ein wenig anwinkeln würden, dann kommen wir Mario + Rabbids Kingdom Battle schon sehr nahe daran.

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Talentbaum, Deckungssystem und RPG-Elemente reichen nicht aus, um dem Spiel die nötige taktische Tiefe zu geben.
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Nintendo-Charaktere brauchen dieses Bekannte, das sieht man in all den vielen Ablegern, die wir mittlerweile gespielt haben. Es ist wie dieses Gefühl nach vielen Jahren nach Hause zu kommen und zu sehen, dass sich nichts verändert hat - es ist sicher. Alle Veränderungen sind lediglich auf den Einfluss der Rabbids zurückzuführen, die durch die verschiedenen Welten streunen und ihren Schabernack treiben. Neben den Kanonen, die uns von einem Ort zum anderen schießen, finden wir in der Welt von Kingdom Battle spezielle Tunnel, die uns von einem Ort zum anderen befördern und versteckte Umgebungsrätsel, die die Rabbids-Handschrift tragen. Überall bemerken wir diesen ausgesprochenen Detailgrad, der das gesamte Spiel überwuchert und obwohl Mario + Rabbids Kingdom Battle keine neue Welt erschafft, gibt es hier und dort einige sympathische Ideen, die die vielschichtige Torte, die Marios Welt ist, garnieren. Das hier ist Nintendo und Ubisoft weiß das. Sie verstehen es.

Während wir durch die optisch recht ähnlichen Territorien laufen, fällt dem ein oder anderen sicher der leicht spitzere Kamerawinkel auf, der einen isometrischeren Blick auf das Geschehen wiedergibt. Das ist ein Hinweis, denn Mario + Rabbids Kingdom Battle lockt vielleicht mit dem bekannten Mario-Setting, doch das hier ist kein Spiel, in dem ihr den Klempner jemals erwartet geschweige denn bereits gesehen hättet. Tatsächlich kommt das hier nicht einmal nahe an etwas heran, in dem das Maskottchen jemals zuvor mitgewirkte. Ubisoft hätte sich für den leichten Weg entscheiden können, denn die Verschmelzung von Mario und Rabbids hätte einigen Fans als Innovation vielleicht schon gereicht, doch sie werfen dieses Konzept in eine Waagschale mit einem anständigen Strategiespiel-Schema im Stile von Xcom: Enemy Unknown. Mario + Rabbids Kingdom Battle hat viel mit der DNA von Firaxis Games' Strategiehit gemein. In den verschiedenen Welten wechseln sich offene Erkundungsbereiche mit vorgeschriebenen Gefechtsschauplätzen ab, in denen wir eine Reihe von verschiedenen Gegnertypen in rundenbasiertem Kampf ausschalten müssen. Jedes Gefecht wird durch schwarze Piratenflaggen angekündigt und sobald wir den Bereich betreten, verschieben wir die drei Spielfiguren wie auf einem Schachfeld.

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Die Rabbids nutzen ein VR-Headset für ihren Schabernack und alles nimmt seinen Lauf.

Obwohl der nackte Vergleich mit Xcom ein bisschen erschöpfend ist, sind die Parallelen erstaunlich. Wir wählen unsere Position auf dem Schlachtfeld abhängig von der jeweiligen Deckung (halb oder voll) und reduzieren dadurch die Chance von gegnerischen Angriffen aus einer bestimmten Richtung getroffen zu werden um 50 oder 100 Prozent. Außerdem bewegen wir uns konstant über das Schlachtfeld und halten uns mit aufrüstbaren Waffen die Rabbids vom Hals. Flankenangriffe und Schadensboni von erhöhtem Terrain spielen immer eine Rolle, ebenso wie die Gunst der Stunde. Es ist offensichtlich, wo die Inspirationen für Mario + Rabbids Kingdom Battle herkommen, doch das Spiel ist zu charmant und ehrlich, um ihn daraus einem Vorwurf zu machen.

Es gibt jedoch einige Änderungen an der bekannten Formel. Die Figuren dürfen drei Aktionen pro Runde ausführen, Bewegung, Angriff und Spezialeffekte. Unsere Kameraden können wir in unseren Zug mit einbinden, um wirksamer mit Spezialeffekten umzugehen oder und sie als Sprunghilfe zu nutzen und damit unseren effektiven Radius zu erhöhen und beispielsweise schnell hinter die Deckung eines Gegners zu gelangen. Dadurch entsteht eine einzigartige Bewegung auf dem Schlachtfeld, in der mehrere Charaktere mehrmals pro Runde am Zug sind und in einem wilden Spektakel über das intensive Szenario rennen, hüpfen und schießen. Dadurch wird dem Titel zudem das schwere Gefühl der komplizierten Strategie eines Xcoms genommen und eine eigene Identität geschaffen. Insgesamt ist Kingdom Battle dadurch sehr viel schneller, einfacher und zugleich zugänglicher, verliert aber nie diese taktische Befriedigung, wenn wir den Gegner ausmanövriert haben.

In Mario + Rabbids Kingdom Battle dürfen wir auch mit einem Kumpel in speziellen Koop-Missionen zusammenspielen. Sie sind kein struktureller Teil der Hauptgeschichte und werden von einem Gebäude auf der Weltkarte aus angepeilt. Schlussendlich sind diese Herausforderungen nur eine andere Herangehensweise für das gleiche strategische Gameplay aus dem Einzepspieler-Modus, mit neuen Leveln und dem kooperativen Twist. Wir müssen uns nämlich mit unserem Partner absprechen und zweimal über die möglichen Folgen unserer Aktionen nachdenken, bevor wir die Planung ausführen. Es ist ein einfaches und sinnvolles Feature, aber wir hätten uns gewünscht, dass die gesamte Kampagne kooperativ gespielt werden könnte. In seinem jetzigen Stadium ist es nur eine nette Dreingabe.

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Mario + Rabbids Kingdom BattleMario + Rabbids Kingdom Battle
Das Risiko hat sich ausgezahlt, Mario + Rabbids Kingdom Battle ist ein wunderbares Strategiespiel.

Falls ihr euch nach strategischer und taktischer Tiefe sehnt, werdet ihr das nicht in Mario + Rabbids Kingdom Battle finden. Stattdessen bekommt ihr hiermit ein Spiel, dass stetig die Komplexität seiner beschränkten Möglichkeiten erhöht und neue Gegnertypen, fantastische Bosskämpfe und Rätsel einfügt. Gleichzeitig wird uns der Titel niemals für unseren Spielstil bestrafen oder uns zum Überdenken unserer Strategie zwingen - Ubisoft hat Xcom nachgebaut, aber im Nintendoland und Nintendo ist für alle da. Das französische Studio versteht, worum es bei den Spielen im Pilzkönigreich geht und Bestrafung ist kein Bestandteil davon.

Die Zugänglichkeit hat allerdings ihren Preis: Als die finalen Credits über den Bildschirm rollten, war ich zwar einerseits zufrieden mit der Erfahrung, die hinter mir lag, und mit der Evolution der Strategie-Formel, doch andererseits hätte ich mir eben auch gewünscht, dass Ubisoft mehr mit der starken mechanischen Struktur gemacht hätte. Mario + Rabbids Kingdom Battle ist kein RPG im eigentlichen Sinne, doch es hätte gerne etwas mehr davon in seine DNA aufnehmen dürfen. Es gibt verschiedene Waffen mit ihren eigenen Zusatzeffekten und Boni, die wir im Kampf berücksichtigen können, doch Rüstung oder Items, die wir gegen solche Dinge einsetzen könnten, fehlen. Es gibt einen interessanten Talentbaum, doch nichts davon unterscheidet die Charaktere so elementar voneinander - es fehlt einfach an Tiefe, die Liebhaber des Genres gewohnt sind. Der Titel ist nicht öde, wirklich nicht, doch die starke Vereinfachung könnte dem einen oder anderen Spieler nicht schmecken.

Was Mario + Rabbids Kingdom Battle am Ende an Spieltiefe fehlt, macht es mit Charm, seinem Design und dem reflektierenden Selbstbewusstsein wieder wett. Es ist lustig, wunderschön, spitz, gut geschrieben und passt perfekt auf die Nintendo Switch, egal ob wir unterwegs oder auf dem großen Bildschirm spielen. Ich hatte meine Ängste vor dem Spiel, doch am Ende hat es mich gewonnen. Das Konzept sollte auf dem Papier nicht funktioniert, doch das tut es. Wahrscheinlich übertrifft es sogar das, was sich Ubisoft und Nintendo erträumt hätten.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Unerwartet fantastische Kombination zweier Serien; großartige Gameplay-Struktur; cooler Humor; polierte Grafik; kooperative Herausforderung.
-
Ein bisschen zu wenig Taktik und Spieltiefe.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Zweite Meinung

Mario + Rabbids Kingdom Battle ist ein großartiger Spaß für Fans seichter Strategie. Die Interaktionsmöglichkeiten der verschiedenen Spielfiguren schaffen ein tolles Gewusel auf dem Bildschirm und die Inszenierung der Bosskämpfe ist fantastisch geworden. Ich kann Magnus deshalb wirklich nur wärmstens zustimmen; Ubisoft hat hier ein tolles Xcom im Nintendoland nachgebaut.
Meint: Stefan Briesenick und wertet 8/10

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