Das erste Hotline Miami ist eines der besseren Spiele der letzten Jahre und ein persönlicher Favorit von mir. Klar, dass ich sehr gespannt war auf die Fortsetzung. Wie sein Vorgänger liefert Hotline Miami 2: Wrong Number mit Gore vollgestopfte Schnellfeuer-Top-down-Action. Wir steuern unsere maskierte Spielfigur durch viele Level, die mit heftig bewaffneten Gangstern gefüllt sind. Das Spiel ist blutig und es ist verdammt hart, denn am deutlichsten erinnert man sich an die unendlich vielen Neustarts.
Das original Hotline Miami war so genial wegen des Spektrums, das es anbot: Highscore-Jagd, Rätsel lösen, diese seltsame Erzählung zwischen Metaebenen, Blut, Gedärmen und all den Knarren. Es war die perfekt ausgeführte Gratwanderung zwischen Kunst und Obszönität, ohne dass das Spiel für Erwachsene zum reinen Gewaltakt verkam. Die Gegner patrouillierten durch die Level, ein Schuss aus ihren Waffen war tödlich. Beim ersten Anzeichen eines Fehlers war das Spiel vorbei. Es ging um Kontrolle, Geschwindigkeit, Aggression und Geschick. Wir hatten eine Vielzahl von Masken zur Verfügung, im Laufe des Spiels freigeschaltet, die unterschiedliche Fähigkeiten offenbarten - tödliche Schläge oder zusätzliche Munition zum Beispiel. Das eröffnete Möglichkeiten für neue Experimente.
Es war eine nahezu perfekte Formel, von der sich Dennaton mit Hotline Miami 2: Wrong Number erstaunlicherweise entfernt hat. Stattdessen haben sie ein stärker narrativ orientiertes Werk als Fortsetzung abgeliefert. Das hat zwar viel von dem mitgenommen, was das erste Spiel so groß gemacht hat, aber die Geschichte ist stärker und viel enger mit dem Gameplay verflochten. In vielerlei Hinsicht ist so einige identisch, aber es fühlt sich bisweilen auch sehr unterschiedlich an.
Eine der substanzielleren Änderungen ist die Größe des Spiels. Es gibt nicht nur mehr Missionen als im ersten Spiel, sie sind auch in sich viel größer. Das kompakte Original wurde ohne ein Gramm Fett veröffentlicht. Das neue Spiel ist nicht so schlank, dadurch tatsächlich auch ein wenig schwerfälliger im direkten Vergleich. Mehr als einmal habe ich mir gewünscht, dass sich ein Level "beeilt und fertig wird".
Ich könnte jetzt über den Schwierigkeitsgrad stöhnen, aber eigentlich habe ich genau den meistens genossen. Jede Mission besteht aus einer Reihe von Begegnungen, die ausgearbeitet und bis zur Perfektion verfeinert werden müssen. Es gibt jede Menge Türen, die Feinde schießen durch Fenster und Hunden patrouillierten, die nur darauf warten, auf uns zu springen und uns dann die Kehle zu zerreißen. Wenn es um die Herausforderung geht, ist der Nachfolger definitiv auf Augenhöhe mit dem Original, vielleicht sogar noch ein Stückchen schwieriger.
Manche Gegner erfordern sehr spezifische Taktiken. Manchmal muss man bestimmte Abschnitte immer und immer wieder spielen, um eine Routine zu entwicklen für einen einzigen Gegner. Manchmal wechselt man wie wild zwischen den Waffen, dreht dabei Pirouetten durch einen Raum im tödlichen Tanz der Kugeln, nur um die Feinde in einer ganz bestimmten Reihenfolge zu erledigen. Das ist Shooter-Jump'n'Run-Gameplay der ganz alten Schule. Und immer droht das Scheitern. Mache einen Fehler und es ist alles vorbei. Dann muss alles noch einmal gespielt werden.
Eine große Änderung ist die Art, wie Geschichte und Gameplay nun untrennbar verbunden sind. Es gibt Story-Missionen, die für uns entscheiden, wie sie sich präsentieren Das resultiert in weniger Freiheit beim Spielerlebnis. Dennaton prägt regelmäßig und absichtlich die Erfahrung durch die erzählte Geschichte. Oft wird die Art, das Gefühl eines Runs durch einen Level durch Design-Entscheidungen diktiert, die der Erzählung dienen wollen. Das steht im krassen Gegensatz zum Original, und nicht alle Fans werden diesen Weg mögen. In den meisten Fällen war es kein großes Problem, aber dennoch bleibt es eine einschränkende Änderung an der Erfolgsformel. Alles ist nun untrennbar mit der Story verknüpft. Die brutale Einfachheit des ersten Spiels fehlt. Die neue Plot ist etwas, nun ja, nennen wir es mal "verworren".
Das Spiel startet zudem komplett auf dem falschen Fuß, mit einer völlig unnötigen Darstellung sexueller Gewalt (die man zum Glück optional ausschalten kann). Schnell stellt sich heraus, dass diese Szene tatsächlich Teil eines Filmdrehs ist, aber unnötig bleibt sie dennoch. Wir flitzen fortan zwischen verschiedenen Epochen hin und her, wechseln Orte, Charaktere und die Wahrnehmung der Realität. Es ist wirklich alles ein wenig verwirrend. Kaum jemals weiß man genau, was real im Spiel sein soll und was nicht. Sicherlich ist das genau die Idee dahinter, aber sicherlich hätte ein wenig mehr Schlichtheit die ganze Sache dann doch angenehmer gemacht.
Es gibt dennoch einige ernsthaft spaßige Missionen, eine Mischung aus pulsierenden Standardsituationen und extrem harten Herausforderungen. Ich mag ein, zwei Mal verwirrt gewesen sein, aber habe die Mehrheit der rund zwölf Stunden der Kampagne wirklich genossen. Hat man die erledigt, wird noch ein Hard-Modus freigeschaltet, mit dem man es sich ganz schlimm besorgen darf. Manche Leute mögen es hassen, bestimmte Aufgaben auf eine ganz bestimmte Weise mehrfach spielen zu müssen, aber zum größten Teil war das Spielerlebnis einfach nur cool.
Der Look der Level ist deutlich abwechslungsreicher geworden. Es gibt militärische Komplexe, befestigte Dschungel-Lager und die vertrauten, städtischen Umgebungen. Ist jetzt kein Geheimnis, dass das Spiel extrem von seinem Old-School-Look und dem fetten Soundtrack lebt. Während es primitiv aussehen mag, gibt es einige wunderbare Kleinigkeiten. Dinge, die man nicht auf den ersten Blick wahrnimmt, die aber das intensive Erkunden der Umgebung absolut vergnüglich machen. Das sind zwar fast alles rein visuelle Referenzen, aber es ist klar, dass jede Menge Gedanken in die Dekoration dieser Welten geflossen sind. Einfach ziemlich stilvoll mit ordentlich Neon! Der Soundtrack erreicht ebenso das Qualitätsniveau des Erstlings, ist ähnlich knallhart. Diese Songs würde man vielleicht nicht nebenbei hören, aber ihr pulsierender Rhythmus passt perfekt zum Spiel.
Hotline Miami 2: Wrong Number macht vieles richtig. Es gibt einige große Momente, und wer das erste Spiel mochte, aber die Erzählung schwach fand, wird nun vollends beglückt. Allerdings ist der Nebeneffekt dieser stärkere Konzentration auf die Story eben weniger Freiheit für den Spieler, und das wird eben einigen nicht passen. Es ist immer noch ein wirklich gutes Spiel, aber im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht der ganz große Klassiker.