Deutsch
Gamereactor
Kritiken
Gravel

Gravel

Milestone bietet uns einen Arcade-Racer, der es definitiv geschafft hat, an die Anfänge unserer Rennfahrerkarriere zu erinnern.

HQ

Es gibt zwei Dinge in unserem Leben, die unglaublich wichtig sind: Ich spreche natürlich von Geschwindigkeit der Verbindung zum Schlamm. Mein Körper braucht beides fast täglich und in Milestones aktuellem Arcade-Racer Gravel kommt das praktischerweise zusammen. Es ist bis zum Rand gefüllt mit Lehm, Dreck und unfassbaren Geschwindigkeiten.

HQ
GravelGravel
Das super schnelle und responsive Gefühl der Autos von Sega Rally oder Motorstorm gibt es in diesem Spiel einfach nicht.

Die Karriere von Gravel ist um eine fiktionale TV-Serie namens „Off-Road Masters" herum aufgebaut. Das Layout ist super traditionell, denn um neue Rennen freizuschalten müssen wir Sterne sammeln und je besser wir uns dabei schlagen, desto schneller schalten wir neue Dinge frei. Ab und an gibt es dann noch einen Bosskampf gegen eines der großen Profile des Spiels, aber das war es dann auch schon.

Werbung:

Diese "Bosskämpfe" (oder vielmehr "Bossrennen") werden so extravagant eingeleitet, wie ihr euch das nur vorstellen könnt, und das ist schon lustig. Das Rennen mit Scott Parker etwa verdeutlicht das hervorragend: Der Typ trägt sein volles Haar im Wind wehend mit einem Bikercappy während er Luftgitarre spielt und überall um ihn herum alles explodiert. Das ist dann quasi auch der inhaltliche Rahmen in dem wir uns bewegen, Gravel fühlt sich also herrlich abgedroschen und blöd an. Für mich persönlich wirkt das insgesamt aber nicht unfassbar ehrlich, denn das Studio hat ehrlicherweise doch andere Stärken.

Die Situation in der Karriere ist neben dem pubertären ersten Eindruck gut strukturiert. Obwohl das Fortschrittssystem in gewisser Wise eine Reminiszenz zu alten Arcade-Racern darstellt, fühlt es sich gleichzeitig irgendwie frisch an, mal keine gigantische, offene Welt befahren zu müssen, in der ich zwischen meinen Rennen Werbetafeln, Herausforderungen oder einfach nur Blödsinn anstellen darf (so wie bei Forza Horizon-Spielen). Gravel ist in 15 exzellenten Episoden mit verschiedenen Typen von Herausforderungen eingeteilt, die sich einfach anfühlen und logisch wirken, ohne gleichsam langweilig oder abgestanden rüberzukommen.

HQ
GravelGravel
Den Schlitten in Gravel fehlt es an Details und die Belichtung ist alles andere als gelungen.
Werbung:

Abseits von den unterschiedlichen Rennkategorien bietet Gravel allerdings auch kaum etwas, das hängen bleib. Wir finden im Spiel klassische Rennen, Zeitherausforderungen, Eliminierungs-Playlists und etwas Namens "Smash-Ups" - ein Spielmodus, in dem wir alleine auf der Strecke fahren und zu vorgegebenen Zeiten in bestimmte Objekte rasen müssen. Die Rennvariante erfordert gute Reflexe und Geduld, weshalb ich wahrscheinlich den meisten Spaß damit hatte. Ehrlich, wenn andere Rennspiele das übernehmen würden, darüber würde ich mich nicht beschweren. Was mir an Gravel auch sehr gut gefallen hat ist die Entscheidung, nicht regelmäßig neue Autos oder entsprechende Upgrade-Teile kaufen zu müssen. Wir verbringen unsere Zeit nicht in Werkstattmenüs, sondern auf der Strecke. Alles dreht sich um die klassische Jagd nach Sternen und das Einfahren von Erfahrungspunkten.

In puncto Fahrphysik fühlen sich die Karren in Gravel leider nicht einmal ansatzweise so an, als hätten sie eine Platz in dieser Welt. Klar, wir sprechen hier von einem Arcade-Racer und das erfordert nun mal eine Bande, die uns wieder auf die Strecke schiebt, selbst wenn wir mit voller Fahrt dagegen krachen (schließlich muss das hohe Tempo aufrechterhalten werden, aber Gravel macht keinen Unterschied, ob wir mit einem Puck-Up-Truck oder einem Mitsubishi Lancer Evolution fahren. Das super schnelle und responsive Gefühl der Autos von Sega Rally oder Motorstorm gibt es in diesem Spiel einfach nicht, auch weil die Wagen generell nicht wissen, dass es so etwas Grip geben müsste. Dahinter verbirgt sich selbstverständlich auch Unterhaltung und ich hatte ja auch meinen Spaß damit, Milestone weiß aber eigentlich, dass unterschiedliche Autos auch ein eigenes Gefühl von Gewicht benötigen.

HQ
GravelGravel
Die Situation in der Karriere ist neben dem pubertären ersten Eindruck gut strukturiert.

Milestone hat schon viele Rennspiele veröffentlicht, darunter Ride, Ride 2, Moto GP und WRC. Etwas das all diese Titel teilen ist nicht nur die Faszination für Pferdestärken und schnelle Rundenzeiten, sondern die stets uninteressante Grafik, die im Vergleich zu den Konkurrenten von Polyphony Digital, Playground Games oder Ghost Games einfach nicht mithalten kann. Den Schlitten in Gravel fehlt es an Details und die Belichtung ist alles andere als gelungen, in mehrerlei Hinsicht. Ehrlich, die Präsentation ist ein Witz, allerdings läuft Gravel deshalb natürlich auch sehr rund, was die Gesamtrechnung wohl wieder ins Positive hievt. Ich habe mir die Mühe gemacht, das Game auf allen Plattformen anzuschauen und konnte keine nennenswerten Unterschiede oder Probleme feststellen.

Vor dem Fazit möchte ich noch kurz über den Soundtrack sprechen, denn der ist verdammt schrecklich. Oft klingt alles nach den Spice Girls, interpretiert von einer Metal-Band, weshalb ich selten länger als fünf Minuten spielte ohne die Soundeinstellungen komplett runterzuschrauben. Ich mag Gravel trotzdem, obwohl Musik und Präsentation nur Mittelmaß sind. Es ist ein Arcade-Racer im besten Retrogewand, der sich komplett auf spaßige und einfach zu verstehende Rennen konzentriert und viel von dem modernen Quatsch abwirft. Klar ist das Game deshalb auch recht schlicht, aber manchmal ist so etwas eben eine Stärke. Es bedarf aber noch einer generellen Politur, denn die Wagen eines Rennspiels brauchen einfach ein eigenes Gewicht auf den Strecken.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Raserei unterhaltsam; ausgeprägtes Geschwindigkeitsgefühl; coole Strecken; unterschiedliche Spielmodi.
-
Grafik ist langweilig; Physik hat kein Gewicht; schreckliche Music; schlechte Präsentation.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Ähnliche Texte

0
GravelScore

Gravel

KRITIK. Von Kim Orremark

Milestone bietet uns einen Arcade-Racer, der es definitiv geschafft hat, an die Anfänge unserer Rennfahrerkarriere zu erinnern.

0
Heute im GR-Livestream: Gravel

Heute im GR-Livestream: Gravel

NEWS. Von Stefan Briesenick

In der heutigen Ausgabe unseres täglichen Livestream-Formats wird der spanische Chefredakteur David Caballero seine Racing-Skills auspacken und Milestones neuen...



Lädt nächsten Inhalt