Manche stehen drauf, für andere ist es ein Grund, den Optiker aufzusuchen: knallbunte Farben, ausgeflippte Mangafiguren mit Turmfrisuren und grelle Spezialeffekte. Für Japaner ist das ein Muss, alles andere wäre Vaterlandsverrat der Videospielindustrie. Auch Gods Eater Burst von Namco Bandai macht da keine Ausnahme. Schon auf dem Cover prangt ein gigantisches Monster, dem die Helden mit überdimensionalen Knarren einheizen. Während das Spiel in Japan bereits seit Anfang letzten Jahres erhältlich ist, erscheint das Remake erst jetzt in Deutschland. Und muss sich momentan gegen den direkten Konkurrenten Lord of Arcana aus dem Hause Square Enix behaupten. Ganz ehrlich: eine Leichtigkeit für die Götterfresser.
Denn Gods Eater Burst ist nicht einfach nur ein Klon des großen Vorbilds von Capcom. Natürlich bringt das Spiel alle Tugenden mit, die einst Monster Hunter vereinte. Dazu gehört das Durchstreifen begrenzter Areale genauso wie das Niederknüppeln von Monstern und das Aufklauben diverser Materialien. Doch bereits zu Beginn macht Gods Eater Burst etwas substanziell anders als die Konkurrenz - es erzählt eine Geschichte. Und damit ist nicht eine periphere Handlung gemeint, die nur als Aufhänger gilt und schon nach wenigen Minuten zur Nebensache verkommt. Nein, stattdessen gibt sich das Abenteuer richtig Mühe, mit schicken Sequenzen in Spielgrafik und einer durchgängigen Dialogvertonung. Dabei hat der narrative Fokus einen hübschen Nebeneffekt: Das Spiel, obwohl für Multiplayer-Schlachten ausgelegt, wird so auch für Solisten interessant.
So schlüpfen wir in die Haut eines namenlosen Protagonisten, der sich der Verteidigungseinheit Fenrir anschließt, einer Gruppe, die die monströsen Aragami jagt. Missionen holen wir genretypisch am Terminal ab. Die Herausforderungen werden je nach Schwierigkeitsgrad sortiert, wobei das Spiel auch nützliche Tutorials im Gepäck hat. Die sind auch bitter nötig, denn die Bedienung führt besonders anfangs zu vielen Fragezeichen über dem eigenen Kopf. Die meisten Spielmechanismen sind hingegen selbsterklärend. Jede Mission besitzt ein Ziel, in der Regel sind das große Aragami, fiese Drachen oder andere Kreaturen, denen wir den Garaus machen sollen. Nebenbei sammeln wir nützliche Materialien, mit denen sich die Wummen verbessern oder gänzlich neue Items herstellen lassen. Für Puristen mag das zu simpel sein, schließlich bietet Gods Eater Burst keinen Rohstoffabbau, sondern begrenzt sich auf simples Objektaufheben.
Besonders interessant ist das Kampfsystem: Mit nur zwei Tasten metzeln wir uns durch Aragami-Fleisch, weichen aus oder blocken mit dem Schild. Per Knopfdruck wird zwischen Fern- und Nahkampfattacken gewechselt. Die eindrucksvollen Waffen verwandeln sich daraufhin in eine von drei verschiedenen Schwert- oder Gewehrarten. Wer eher flink unterwegs sein will, vergnügt sich mit einem kurzen Säbel - muss dann allerdings auch mit dessen geringer Stärke Vorlieb nehmen. Wer indes auf wuchtige Kampfmaschinen steht, entscheidet sich für den Blaster - einer Kombination aus langer Nachladezeit, aber verheerenden Explosionen. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Waffen wird aber erst in der Gruppe wichtig. Erfreulich: Einzelspieler können mit bis zu drei KI-Mitstreitern in die Schlacht ziehen.
Obwohl wir überwiegend mit dem Schwert auf unsere Gegner einschlagen, kommt den Flinten eine besondere Bedeutung zu. Denn bei der Munition haben wir stets die Qual der Wahl. Verballern wir lieber kleine Feuerprojektile oder schieben gleich den brutalsten Frostlaser in den Kolben? Abseits des beeindruckenden Händlerangebots dürfen wir sogar selbst Hand anlegen und eifrig an unseren Patrönchen basteln. Dazu kombinieren wir verschiedene Elemente, legen die Projektilgröße sowie die Reichweite fest und entscheiden uns für die Laufbahn der Kugel. Das macht ganze Effektgewitter möglich, etwa wenn wir einen elektrischen Impuls abfeuern und gleichzeitig einen Wirbelsturm mit Windgeschossen durch die Gegend peitschen lassen. Das Tüfteln mit der eigenen Munition macht enorm viel Spaß - nicht zuletzt, weil es eine unüberschaubare Anzahl an Möglichkeiten gibt. Das ist echt klasse!
Doch dem eigenen Schmiedehandwerk sind Grenzen gesetzt. Jeder Schuss verbraucht Energie, ebenso wie jeder Schritt des Protagonisten. Hat die Knarre den Geist aufgegeben, kämpfen wir mit der Klinge weiter. Die verwandelt sich zuweilen sogar in einen garstigen Schlund, mit dem wir besiegte Feinde fressen und so von Extras profitieren oder aber unseren Boost zünden. Damit entlocken wir dem Helden Spezialmanöver, mit denen wir noch heftiger die Gliedmaßen unserer Widersacher beharken. Das ist wichtig, weil die abwechslungsreiche Monster über unterschiedliche Schwachstellen verfügen. Wer ständig auf den hart gepanzerten Rücken eines Reptils einschlägt, anstatt den bloßgelegten Schwanz zu malträtieren, muss mehr Heiltränke schlucken, als ihm lieb ist. Allerdings sind wir sowieso viel zu oft auf die Hilfe der Mistreiter angewiesen, insbesondere weil der Schwierigkeitsgrad schnell merklich ansteigt. Wer da nicht kontinuierlich an seiner Ausrüstung schraubt, gerät fix ins Hintertreffen.
Neben über 100 Story-Missionen bietet das Spiel haufenweise Bonusaufgaben. Die sind kein Muss, füllen aber den Geldbeutel sowie den Klunkerbunker. Um zwischendurch immer mal wieder aufatmen zu können, lockern gelegentliche Zwischensequenzen das Spielgeschehen auf. Immerhin verlaufen die Scharmützel rasanter als bei vielen Action-RPG, ja, sie arten zuweilen sogar in Hektik aus, speziell, wenn die Bedienung noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist. Alle Feinheiten verrät das Spiel nämlich nicht. Erst dann, wenn man wirklich alle spielinternen Texttafeln gelesen hat, ist klar wie die Monsterjagd läuft.
Technisch präsentiert sich die Monsterhatz überwiegend positiv. Die abwechslungsreichen Kulissen wirken zwar mitunter trist und kranken an verwaschenen Texturen, dafür überzeugen die Spielermodelle auf ganzer Linie - ebenso wie die ausgefallenen Kreaturen. Die knalligen Effektgewitter haben wir ja bereits erwähnt. Alles typisch japanisch eben. Auch der Soundtrack. Aber mal ehrlich: Wer hat denn von Namco Bandai etwas anderes erwartet?
Fazit: Auch in Gods Eater Burst greift die genretypische Spielmechanik sofort: Monster verhauen, Materialien sammeln und diese dann weiterverarbeiten. Allerdings erben die Götterfresser auch ein Problem der Vorlage: Die actionreichen Schlachten machen erst mit bis zu drei Mitspielern so richtig Laune. Dafür spielt sich das Effektfeuerwerk flotter als seine Vorlage, bietet eine richtige Geschichte und erlaubt sich kaum Fehler bei der Präsentation. Nur die fehlende Lokalisierung könnte dem Abenteuer hierzulande noch einen Strich durch die Rechnung machen.