Stefan hat letzte Woche in seiner Vorschau einen umfassenden Überblick über die Spielmechaniken von Ghostwire Tokyo verfasst, auf die ich an dieser Stelle gesondert verweisen möchte, statt die vielen Details einfach nur wiederzukäuen. Ich mache es also kurz und schmerzlos:
Ghostwire Tokyo ist ein okayes Spiel, das sich anfühlt, als hätte es schon vor fünfzehn Jahren erscheinen können. Das gilt auch für die Geschichte, die spannend und mysteriös beginnt, am Ende aber nicht das abliefert. Sowohl die zentrale Handlung als auch das allgemeine Gameplay lassen mich vermuten, dass Tango Gameworks keinen zufriedenstellenden Weg gefunden hat, um die spannenden Konzeptideen, die definitiv vorhanden sind, in einem vollständigen Spiel unterzubringen. Ich musste ein paar Mal laut lachen, weil die Story so klischeebehaftet, übertrieben cool und eindrucksvoll sein will, letztlich aber vorhersehbar und dürftig bleibt.
Das Gleiche lässt sich leider auch bei den Kämpfen feststellen. Coole Handgesten und bunte Effekte vermitteln eine schrille und erfüllende Machtfantasie, doch schon nach den ersten zwei Stunden habt ihr alles gesehen, da sich das Kampfsystem ab diesem Punkt nicht mehr weiterentwickelt. Ich hatte einigen Spaß damit, größere Gruppen der faszinierenden Gegner auszuschalten, aber besonders abwechslungsreich ist das alles beim besten Willen nicht. Den meisten Feinden ist es völlig egal, wo ihr sie mit euren Zaubern trefft, und die Steuerung ist für meinen Geschmack insgesamt auch etwas zu steif und nicht responsiv genug. Dieser coolen Idee mangelt es also letztlich an Feinschliff und Tiefe.
Das hält die Entwickler aber nicht davon ab, uns bei so ziemlich jeder Gelegenheit Gegner aufzuzwängen. In einigen Nebenmissionen und -aktivitäten muss man zwar lediglich Gebiete erkunden und mit bestimmten Objekten interagieren, die man, wenn man einen guten Tag hat, als „Rätsel" bezeichnen könnte. In den meisten Fällen kämpft man jedoch gegen eine Gruppe von normalen Monstern oder gegen einen Teil der stärkeren Feindgattungen. Es gibt ein paar denkwürdige Ausnahmen, die fast so wirken, als würden sie aus einem anderen Spiel oder gar von anderen Entwicklern stammen. Diese Szenen spielen entweder mit der Perspektive oder mit Spielmechaniken herum, was ein starker Kontrast zur sonstigen Unterhaltung ist. In der Regel kämpft ihr allerdings gegen die gleiche Handvoll Gegner, nachdem ihr mit ununterscheidbaren Phantomen oder Geistern gesprochen habt.
Das alles hat mich nicht davon abgehalten, ungefähr 38 Stunden damit zu verbringen, so ziemlich alles zu tun, was einem das Spiel aufträgt. Ich hatte nur deshalb noch keine Zeit, alle Seelen zu befreien, weil das an etwas anspruchsvollere Zufallsbegegnungen geknüpft ist. Das sagt, wie ich finde, schon einiges darüber aus, wie unterhaltsam ich die Kernmechanik und das Gameplay finde. Als "Podcast-Spiel" eignet sich der Titel wirklich hervorragend, denn zwischen den Kämpfen und der Erkundung des manchmal charmanten und faszinierenden Tokyos bleibt viel Raum, der irgendwie gefüllt werden muss. Wenn man mit diesen Erwartungen in das Spiel geht, wird man wahrscheinlich zufrieden sein. Ich fürchte trotzdem, dass die meisten enttäuschend sein werden, weil sie das Gameplay generisch und repetitiv finden.