Wer auch nur das geringste Interesse an Indie-Spielen von kleinsten Entwicklerteams hat, der wird von Fez mit Sicherheit schon vor Ewigkeiten das erste Mal gehört haben. Schon früh ist das grundsätzliche Spielprinzip um eine 8-Bit-2D-Welt, in der man mit kurzen Kameraschwenks die Perspektive ändern kann, bekannt geworden. Tatsächlich hat die Entwicklung so lange gedauert, dass mittlerweile schon eine Dokumentation über Indie-Entwickler gedreht wurde, in der Phil Fish, der Kopf hinter Fez, einer der Hauptdarsteller ist. Während Indie Game: The Movie schon die ersten Preise auf Festivals abräumt, wird Fez erst jetzt endlich veröffentlicht.
Phil Fish muss sich seiner Sache also ziemlich sicher gewesen sein. Ein Spielprinzip, das sich im wahrsten Sinne des Wortes letztlich um eine Idee dreht, so früh bekannt zu machen und dann noch eine kleine Ewigkeit an der Fertigstellung des Projekts zu arbeiten, birgt ja auch ein gewisses Risiko, nachgeahmt zu werden. Die Downloadportale sind schließlich voll mit Plagiaten von erfolgreichen Konzepten. Auf Retro-8-Bit-Grafik zu setzen, um sich als kleiner Entwickler von den Hochglanz-Blockbustern der großen Publisher abzugrenzen, ist ja spätestens seit dem Minecraft-Phänomen oder kleiner Meisterwerke wie Superbrothers: Sword & Sworcery EP auch nichts wirklich Neues mehr.
Aber die Idee, seine Visionen fast im Alleingang umzusetzen und sich auch die Zeit dafür zu nehmen, geht bei Fez aufs das Wunderbarste auf. Das Design ist aus einem Guss. Visuell ist Fez gleich ab dem Startbildschirm einfach atemberaubend, wenn schon im Logo die verdrehten Abenteuer des sympathischen Helden mit dem namensgebenden Hut aufblitzen. Das visuelle Ereignis Fez ist eine Verbeugung vor den großen Videospiel-Klassikern und Innovation in einem. Trotz der leicht größenwahnsinnigen Äußerungen seines Schöpfers über japanische Entwickler tritt dieser mit Fez wirklich in die übergroßen Fußstapfen von Nintendos Mastermind Shigeru Miyamoto.
In der wunderschönen und beseelten Welt von Fez wartet unglaubliches auf die Entdeckung und das vermeintliche 3D-Gimmick ist nicht einfach nur über einen schlichten Plattformer gestülpt worden, sondern erweist sich als Füllhorn großartiger Ideen. Von dem ruhigen Tempo, der friedlichen Flora und Fauna und den spielerfreundlichen Respawns auf der letzten Plattform, wenn mal ein Sprung ins Leere ging, darf man sich aber keineswegs täuschen lassen.
Die Puzzle und Rätsel in Fez sind unglaublich fordernd. Anfangs bringt die ungewohnte Spielmechanik rund um das Spiel mit den Perspektiven das Gehirn echt auf Hochtouren. Schnell kommen Schatzkarten hinzu, die erfordern, das man sich auch die Umrisse von hunderten kleinen, schwebenden Welten mal näher anschaut und durch die 3D-Spielmechanik wird selbst die kleinste schwebende Insel plötzlich viermal so groß, während man sich auf die Suche nach diversen Artefakten macht.
Die ganz harten Nüsse sind aber die gut versteckten und wirklich kryptischen Rätsel, bei denen man sich vorkommt, als wäre man im Louvre den Illuminaten auf den Fersen. Um alle Geheimnisse von Fez aufzudecken, werden die meisten Spieler vermutlich irgendwann auf die unsäglichen FAQs im Internet zurückgreifen müssen, aber damit würde man sich um das einzigartige Spielerlebnis bringen. Vielleicht muss man einfach auch nur damit leben, dass am Ende mehr Fragen als Antworten bleiben.
Selbst routinierte Videospieler werden so ihre Probleme mit den offenen Welten von Fez haben, denn bis auf die kleinen Tutorials zu den Spielmechaniken, wird man kaum an die Hand genommen und darf zudem von Beginn an eigentlich an jeden Ort reisen. Im ersten Dorf kämpft man noch verzweifelt darum, die Übersicht zu behalten und die Orte halbwegs systematisch nach den begehrten Würfeln abzusuchen. Aber nach dem Verlassen der ersten Welt weicht jeder Versuch, geordnet vorzugehen, schnell purer Verzweiflung. Jede der kleinen Welten hat mehrere Türen, die wieder zu anderen verzweigten kleinen schwebenden Inseln führen.
Die Karte lässt einen da nur bedingt den Überblick behalten. Hier werden zwar die verbliebenen Schätze, Rätsel und Würfelfragmente angezeigt und auch die losen Verbindungen der einzelnen Inseln, aber nie die tatsächliche Route. Die vielen Türen bieten zwar immer eine kleine Vorschau auf die dahinter liegende Welt, aber es sind dann doch einfach zu viele, um die verschiedenen Umrisse im Kopf zu behalten, obwohl sich die Inseln thematisch oft stark unterscheiden. Zusätzlich kompliziert noch ein System von Warp-Portalen die Lage. Das soll aber keine echte Beschwerde sein, denn die Labyrinth-Struktur von Fez gehört auch zum Abenteuer, aber ein Control-Freak sollte man besser nicht sein.
Die fast schon somnambule Reise des Protagonisten ist ein echtes Videospielereignis. Die absolut einzigartige Atmosphäre, das fantastische Leveldesign und die fordernden Rätsel machen Fez zu einem der schönsten Videospiele der letzten Jahre. Der 8-Bit-Charme von Fez ist nicht nur Nostalgie, sondern beseelt die Welten bis in kleinste Detail, von den Einzeilern der Dorfbewohner, den dumpfer werdenden Sounds beim Drehen der Welt bis hin zu den Lichteffekten der Blätter im Waldlevel ist Fez ein visuelles Wunder, dem das Gameplay in nichts nachsteht.