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Feeling zur Xbox One

Microsoft hat gestern Abend die Zukunft der Xbox in den USA vorgestellt. Noch 2013 soll die neue Xbox One veröffentlicht werden. Aber warum soll ich die kaufen?

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Da ist sie nun also, die neue Xbox. Die erste Xbox! Ganz vorne stehen soll sie. Xbox One, so wie die Präsidenten-747 Air Force One. Die erste Wahl für den US-Amerikaner von Welt, aber genau das ist auf den ersten Blick auch das größte Problem der Konsole: Sie hat den US-Markt fest im Blick. Vielleicht ein bisschen zu fest.

Der größte Teil des Enthüllungsevents drehte sich um die Tatsache, dass die neue Xbox das künftige All-in-One-Entertainmentgerät sein soll. Das zentrale Tor für alle Unterhaltungsmedien, die im Wohnzimmer laufen. Live-TV, Blu-Ray und Streamingdienste, Video-Chat via Skype - lauter Features. Leider werden gerade die angepriesenen Live-TV-Dienste in Deutschland schwierig oder nur gegen sehr hohe Zusatzgebühren realisierbar sein. Und der Onlineservice Xbox Live wird weiterhin eine Monatsgebühr verschlingen - deren Höhe oder ob alles hier beim Alten bleibt, ist aber noch nicht bekannt.

Wie genau sich Microsoft vorstellt, dass die ganze Familie dieses All-in-One-Entertainmentgerät gleichzeitig nutzen kann, ist mir noch unklar. Wenn Super Bowl läuft und Papa gucken will, der 16-jährige Sporthasser-Sohn aber lieber das neue Halo spielen mag, wird es eng auf dem Sofa. Der Smart Glass-Kram am Tablet hilft da nicht, vielleicht können Vater und Sohn via Snap beide Sachen parallell laufen lassen - gesetzt den Fall der TV ist groß genug.

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Irgendwann nach einer halben Stunde Präsentation hat Microsoft dann tatsächlich paar Games vorgestellt. Gut, Forza Motorsport 5 sieht wirklich ziemlich fett aus. Und auch Call of Duty: Ghosts ist optisch bombastisch, das Spielerlebnis selbst aber dürfte konventionell bleiben, meint jedenfalls unser Mann Mike Holmes, der das Spiel vor einigen Tagen in Los Angeles schon sehen durfte. Quantum Break verstehe ich noch nicht, vielleicht wollen sie mal wieder die Episodenstruktur aus TV-Serien auf ein Spiel übertragen, war ja bei Alan Wake, dem Vorgänger des verantwortlichen Studios, auch schon so. Die Kracher aber fehlten, da müssen wir - HOFFENTLICH - noch bis zur E3 warten.

Wer sich für alle Fakten interessiert, darf gerne hier vorbeischauen. Ich spare mir hier alle Details, sondern picke die Sachen raus, die ich merkwürdig oder herausragend finde. Und da es ehrlich gesagt wenig absolut herausragendes gibt jenseits der Optik der Spiele und dem Versprechen, dass der klobige Kasten flüsterleise arbeiten soll, reibe ich mich eben an den Kritikpunkten und den Unklarheiten. Das hier schreibt übrigens ein im Regelfall durchweg glücklicher Xbox-Spieler der ersten Stunde. Als Fan bin ich natürlich fasziniert von dem verbesserten Xbox-Controller, der wirklich gut wird, auch mit erweiterten Vibrationsfeatures, die eher an Dolby Surround für die Hände erinnern. Der Xbox 360-Controller war eh der beste - da lässt sich Microsoft nichts vormachen.

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Abwärtskompatibilität ist ein in meiner Welt weitgehend sinnloses Feature, aber bei der Xbox 360 (und auch der PS4) sieht die Sache nun anders aus. Ich habe zahllose Downloadspiele via Xbox Live Arcade gekauft, die ich alle auf der Xbox One nicht werde spielen können. Viele sind gut und auch 2014 noch zeitgemäß - das ist also großer Mist. Selbst olle Kamellen wie Full House Poker will ich weiter nutzen können, wenn ich das will. Geht aber nicht. Sollen sie wenigstens eine Emulator-App bauen. Klar, die Xbox 360 wird vorerst weiter unterstützt und nach eigen Aussagen haben sie noch etwas mit der Konsole vor. Hoffentlich nicht das gleiche, wie mit der ersten Xbox, für die der Support nach dem 360-Launch so halb über Nacht eingestellt wurde.

Immerhin hat das Xbox-Team den automatischen Transfer der Erfolge und des Xbox Live-Accounts auf die neue Konsole eingeplant. Schön, dass ich meine Achievements mitnehmen darf, aber wenn ich in den alten Xbox Live Games neue Erfolge erringe, die ich ja nur auf der Xbox 360 spielen darf, werden die dann auch mit dem Xbox Live Account auf der neuen Xbox One synchronisiert? Hoffen wir mal. Die neuen Video-Achievements, für die die Xbox One automatisch coole Gameplayszenen registriert und mitschneidet, damit ich sie später unter anderem via Youtube veröffentlichen kann, klingen nett.

Spannend finde ich das Living Games-Konzept, hinter dem steckt, dass die Spielwelt sich dynamisch entwickeln soll, je mehr wir spielen. Die Künstliche Intelligenz der Xbox One soll lernen können, wie wir spielen, um dann einen Schatten von uns als Gegner für Freunde verfügbar zu machen, von denen wir in Zukunft 1000 in der Freundesliste haben dürfen. Braucht natürlich die Cloud-Anbindung, dieses Systemchen.

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Die ganze Diskussionen um permanente Internetverbindung oder nicht ist mir ehrlich gesagt relativ egal. Ich bin ganz bei Phil Harrison der korrekt sagt, dass mittlerweile "viele Geräte in deinem Leben eine Internetverbindung voraussetzen". Internet ist in der Regel immer verfügbar. Wenn nicht, wird es natürlich meist nervig, wobei das doch relativ selten wirklich längerfristig der Fall war in meinem Lebensumfeld. Und wenn Terroristen das ganze Internet lahmlegen, haben wir ohnehin andere Probleme als den nicht verfügbaren Speicherstand von Battlefield 4.

Was mich als alten Science Fiction-Fan gleichermaßen fasziniert und verstört ist das neue Kinect. Der Bewegungssensor muss mit der Konsole verbunden sein, damit sie überhaupt startet. Kinect ist also always on - und das wirft tatsächlich gewisse Fragen auf. Rein praktisch hat Microsoft damit einen direkten Blick ins eigene Wohnzimmer. Die Kamera arbeitet jetzt mit 1080p HD-Auflösung und erkennt so selbst kleinere Details. So könnte Microsoft locker Daten erheben über den Inhalt meines Fußbodens und die Marke der Chipspackung ebenso scannen wie die meines T-Shirts und meiner Sneaker.

Werden sie auch versuchen, soweit das Datenschutzrichtlinien erlauben, ist nämlich einfach zu reizvoll. Den Kinect Sensor einfach abkleben kann man vermutlich nicht, denn die Kamera holt sich das Signal von einem LED-Feld am neuen Controller, damit dieser besser erkannt wird. Außerdem will man eigentlich nicht auf die komfortablen Erkennungsfeatures verzichten. Die in englischer Sprache beeindruckend schnell reagierende Sprachsteuerung ist aber auch ohne Sicht nutzbar.

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Ach ja, die Frage nach dem Netzteil ist offiziell noch ungeklärt. Gesehen hat man keinen externen Block, aber eine Erklärung zu einem intern verbauten Netzteil gab es auch nicht. Auf einem Bild, das Wired veröffentlicht hat, ist ein internes Netzteil sichtbar. Diese Frage bringt mich am Ende noch zum Design. Das ist .... nun ja ... irgendwie zweckdienlich, sehr sachlich und kalt. Die Xbox One sieht nicht hässlich aus, aber stylish und vor allen Dingen modern ist auch anders. Andere Farboptionen als schwarz wurden nicht gezeigt.

Microsoft ist offenkundig nicht der ganz große Wurf mit der Enthüllung gelungen. Ich war ziemlich aufgeregt vor der Präsention und ziemlich ernüchtert danach. Die Xbox One ist eine logische und sehr gute Fortführung der Xbox 360. Aber an dem Versuch, das All-in-One-Entertainmentgerät zu werden, hat sich schon die PS3 erfolglos abgearbeitet. Die Xbox One wird ihren Platz in den Wohnzimmern finden, aber hoffentlich auch in den Buden der Zocker. Die müssen noch bis zur E3 warten, um sich ein komplettes Bild machen zu können. Vor allem, wenn sie in Europa leben.



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