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Fanatec CSL Elite im Dauertest

Egal ob Konsole oder PC, VR oder 2D - Rennspiele profitieren immens von Lenkrad-Controllern mit Pedalen. Mit dem Fanatec CSL Elite haben wir ein echtes Luxusprodukt einem sechsmonatigen Dauertest unterzogen.

Seit der erste Arcade-Automat die Spieler mit einem Force-Feedback-Lenkrad die Kräfte spüren ließ, die bei einem Autorennen auf der Straße entfacht werden, lechzen Fans nach dieser Technik. Neben reinem Spaß bringt diese bewegungsfreudige Hardware gerade bei simulationslastigen Titeln auch einen inhaltlichen Vorteil: Die Bodenhaftung der Reifen wird fast wie im richtigen Leben auf den Spieler übertragen, ein Abriss des Grips macht sich überdeutlich bemerkbar. Nachdem Hersteller wie Thrustmaster und Logitech auf dem PC Pionierarbeit leisteten, wurden mit der Playstation 3 auch die Konsolenspieler zu zahlungskräftigen Abnehmern der Lenkräder, die immer leistungsstärker, stabiler und lebensechter wurden. Ganz vorne mit dabei ist seit 1997 die deutsche Marke Fanatec, die von der Endor AG im bayerischen Landshut geführt wird. Im Verlauf der Jahrzehnte sammelte die Firma beeindruckende Partner, angefangen von Sony Playstation über Turn10, die ein auf Forza Motorsport gebrandetes Lenkrad der CSR-Serie mitentwickelten, bis hin zum Sportwagengiganten Porsche und BMW Motorsport, die detailgenaue Nachbildungen ihrer echten Lenkräder bauen ließen.

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Nachdem sich Fanatec massiv im eSport-Bereich und in der Simracing-Community betätigte, hat die Entwicklung der Lenkräder und die damit verbundenen Spezialcontroller (Pedalen, Gangschaltungen und Handbremsen) schwindelerregende Höhen erreicht, sowohl von der Qualität als auch vom Preis. Verkauft werden inzwischen grundsätzlich nur noch Einzelkomponenten in eigener Verpackung, um eine größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten. Die Clubsport-Produktreihe stellt hierbei die Spitze der Fahnenstange dar - für ein komplettes Set kommen schnell über 2000€ an Einzelpreisen zusammen. Die Zielgruppe dafür sind ganz klar eSport-Profis, die absolut keine Kompromisse bei ihrem „Arbeitsgerät" eingehen dürfen.

Für ambitionierte Gamer, die ebenfalls auf höchste Qualität schielen, aber nicht ganz so viel ausgeben möchten, hat Fanatec nun die CSL-Serie im Programm und wir haben ein komplettes Set aus dieser Reihe unter die Lupe genommen. Unser Autofreak Kalle wollte es jedoch nicht bei einem oberflächlichen Ausprobieren belassen, wie das bei einer Bemusterung vom Hersteller - für die wir uns bei Fanatec herzlich bedanken - normalerweise üblich ist. Stattdessen hat er sich auf eigene Kosten sein Wunsch-Setup zusammengestellt und das Ganze nun insgesamt sechs Monate intensiv getestet. Dabei wurden so unterschiedliche Titel, wie die Simulations-Schlachtrosse Project Cars 2, Assetto Corsa, Gran Turismo Sport und Forza Motorsport 7 ausprobiert, es wurde mit Dirt Rally in VR über die Schotterpisten gefegt und auch kurzweiliger Arcade-Spaß mit Spielen wie Forza Horizon 4 und Wreckfest zelebriert.

Dank der modularen Bauweise bedeutet ein Upgrade nicht, dass man komplett neue Hardware kaufen und einbauen muss, um auf den neuesten Stand zu bleiben. Die CSL Elite Wheelbase stellt erst einmal die Basis, sozusagen das Nervenzentrum und Arbeitstier eines solchen Sets dar und ist mit den Pedalen und auf Wunsch weiteren Ergänzungen - wie in unserem Fall Gangschaltung und Handbremse - verbunden. Die Kompatibilität entsteht durch das Aufsetzen eines passenden Lenkradkranzes, den es in Varianten für Playstation 4 und Xbox One gibt, wobei der PC mit jedem Kranz zufrieden ist.

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Fanatec CSL Elite Racing Wheel
Fanatec CSL Elite Racing WheelFanatec CSL Elite Racing Wheel
Die Schaltung hat sich Kalle privat dazugekauft, weil mit den Hebeln am Lenkrad nicht das richtige Feeling aufkommen wollte.

Soweit erst einmal die Theorie, doch vor dem Genuss hat der Rennsportgott erst einmal ein wenig Fleiß gesetzt. Schon die Ankunft des Sets war ein Erlebnis, da das Ganze in sieben Einzelpaketen geliefert wurde. Der UPS-Bote gab mit einem breiten Grinsen zu verstehen, dass er mit dem spaßfördernden Inhalt zumindest Ansatzweise vertraut war, jedenfalls wünschte er viel Spaß. In den braunen, groß mit „Fanatec" beschrifteten Paketen befanden sich dann ansprechend gestaltete Einzelverpackungen, die dem Unboxing zu einer gewissen Weihnachtsatmosphäre verhalfen.

Wie bei einem echten Rennteam ist es aber nicht mit dem Zusammenstecken einiger Kabel getan, stattdessen wird eifrig der Inbusschlüssel geschwungen. Besonders der Aufbau der Pedale verlangt etwas Geduld. Normalerweise besteht ein CSL-Set nämlich lediglich aus zwei Pedalen, die dann für Gas und Bremse herhalten. Wer es aber noch lebensechter haben möchte und ein Kupplungspedal benötigt, kauft sich das sogenannte Loadcell-Kit dazu, das mit einem besonders realistischen Druckwiderstand die Bremse simuliert, und das ursprüngliche Bremspedal wird zur Kupplung umfunktioniert. Auch der Abstand der Pedale sowie deren Widerstand lässt sich ganz genau einstellen, so kann man den Aufbau wie beim eigenen Auto wählen, die Abstände rein nach Gefühl einrichten oder auch die Maße echter Vorbilder nachempfinden.

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Wheelbase und Lenkrad zu installieren ist dahingegen der reinste Klacks: Die mächtige Haltevorrichtung funktioniert prima und die Verkabelung geht ebenfalls schnell von der Hand. Die Lenkradkränze lassen sich per Schnellverschluss im Handumdrehen wechseln. Ein größeres Problem stellte allerdings die Befestigung der Handbremse und der extrem massiven Siebengangschaltung mit Rückwärtsgang dar. Dieses Equipment ist voll auf die Montage an einem professionellen Racingcockpit ausgelegt, wie es ebenfalls von Fanatec verkauft wird. Mein bisheriges, selbstgebautes Holzgestell, das mir mit allen möglichen anderen Wheels, wie dem Fanatec CSR oder dem Logitech G29, nie Probleme gemacht hatte, war dafür wenig geeignet. Zum Glück ist die Garage meines Vaters voll mit schweren Werkzeugen und so wurde die edle Hardware schließlich an passend zurechtgesägten, massiven Holzklötzen befestigt - die passenden Schrauben dazu kommen aus dem Baumarkt, wenn man zu geizig ist, in Fanatecs eigene Tischklemmen zu investieren (die allerdings in meinem speziellen Fall auch nicht weiter geholfen hätten).

Die nächste Überraschung wartete dann bei der Inbetriebnahme: Der Motor des CSL Force Feedbacks ist so stark, dass mein kläglicher Holztisch im wahrsten Sinne des Wortes abzuheben drohte. Natürlich kann man die Intensität des Gegenlenk-Effekts nicht nur in den meisten Spielen herunterregeln, sondern auch direkt im Menü der Wheelbase, die eine kleine LCD-Segmentanzeige auf dem Lenkradkranz nutzt, um die diversen Parameter anzuzeigen. Mit halben Sachen wollte ich mich aber nicht zufriedengeben und so wurde wieder die Bandsäge angeworfen. Einige Packungen Holzschrauben später war das selbstgebaute Cockpit dann stabil genug, um den entfesselten Kräften standhalten zu können - wirklich ein majestätisches Fahrgefühl, wenn das Wheel den ganzen Oberkörper wie beim Lenken eines Go-Karts von einer Seite auf die andere schleudert.

Da ich als „Racing-Stuhl" den weltbekannten, freischwingenden „Poäng"-Sessel eines schwedischen Möbelhauses nutze, hat man vor allem beim Spielen in VR das Gefühl, echte Fliehkräfte zu spüren, wenn es in engen Kurven von links nach rechts und wieder zurück geht. Schade ist in diesem Fall nur, dass man dann gar nicht mehr die schönen Fanatec-Anzeigen sehen kann: Der Lenkradkranz zeigt den eingelegten Gang, die Wheelbase einen farbenfrohen Drehzahlmesser.

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Fanatec CSL Elite Racing WheelFanatec CSL Elite Racing Wheel
In diesem Setup machen Rennsimulationen noch mehr Spaß. Links Forza Motorsport 7, rechts Dirt Rally 2.0

Nach ersten Sessions wurde der Schraubenschlüssel aber nicht weggelegt - es lassen sich nämlich nicht nur die Widerstände der Pedale dem eigenen Geschmack anpassen, auch die Gangschaltung lässt sich zwischen „extrem straff" und „Einfingerbedienung" stufenlos einstellen. Bei der Handbremse, die sowohl horizontal (wie in einem Sportwagen) oder vertikal, wie in einem Rallye-Boliden, angebracht werden kann, ist das sogar bitter nötig, da sie in der festen Werkseinstellung kaum fein dosiert zu gebrauchen ist. Das spielt besonders in meinem Lieblings-Racer Dirt Rally eine Rolle. Die Haarnadelkurven auf griechischem Schotter werden mit dieser Zusatzhardware zum wahren Abenteuerspielplatz, im Zusammenspiel mit dem feinfühligen Lenk- und Pedaleinsatz können die Reifen endlich zentimetergenau am Abgrund entlanggeführt werden. Aber auch die „klassischen" Rennsimulationen profitieren natürlich extrem von der ungeahnten Präzision, die das CSL ermöglicht - sowohl bei schwungvollen Steuermanövern, als auch dem sehr differenzierten, gut „lesbaren" Force Feedback. Ein besonderes Highlight für PC-Gamer, die bei ihren Sims alle möglichen Funktionen auf den Controller legen können, sind die Tasten der Wheels. Diese sind sämtlich herausnehmbar und zum Lieferumfang gehören eine ganze Reihe Buttons mit vorgefertigten Symbolen, die dann ganz nach eigenem Gusto eingesetzt werden können.

Eher auf Action-, als Realismus-ausgelegte Rennspiele wie Forza Horizon und Wreckfest lassen sich mit dem Wheel natürlich ebenfalls hervorragend spielen, wobei die Stärke hierbei auf dem unglaublichen Force Feedback liegt, das einfach einen riesigen Spaß (wie damals in der Spielhalle) erzeugt. Natürlich muss man zugeben, dass auch günstigere Wheels von Logitech oder Thrustmaster diesen Zweck erfüllen. Ein Plus ist aber die hohe Vielseitigkeit, die das CSL-Set bietet. Möchte man beispielsweise mal ohne Kupplung spielen (selbst wenn sogar der Verschrottungssimulator Wreckfest inzwischen eine volle Gangschaltung mit Kupplung unterstützt), kann man natürlich die Schaltwippen direkt am Lenkrad nutzen, doch auch die eigentlich Gangschaltung lässt sich mit einem einfachen Schieberegler von der H-Schaltung auf eine einfache sequentielle Schaltung umbauen (bei der man den Schalthebel nur noch nach vorne und hinten bewegt). Um bei den verschiedenen Anwendungen auch haptisch einen Unterschied verspüren zu können, befinden sich schon im Lieferumfang zwei unterschiedliche Schaltknüppel - ein runder Knauf sowie ein länglicher Hebel - doch auch Köpfe aus dem Motorsportzubehör lassen sich aufschrauben.

Fanatec CSL Elite Racing WheelFanatec CSL Elite Racing Wheel

Unterm Strich macht das CSL-Setup also mit jeder Software eine glänzende Figur, somit blieb die letzte Frage des Dauertests, wie es mit etwaigem Verschleiß aussieht. In meiner Karriere haben schon ein Dreamcast „Ferrari" Lenkrad von Thrustmaster, ein Logitech GT3 Wheel sowie sogar das Fanatec CSR für „Forza Motorsport" die Hufe gestreckt - Letzteres, weil offenbar die Sensoren für den Anschlag links und rechts ausgefallen waren, sodass ich das Wheel nicht mehr kalibrieren konnte. Doch schon allein in der Verarbeitung und Haptik dieses einstigen Flaggschiffs liegen Welten zwischen dem CSL Elite. Hier fühlen sich einfach alle Komponenten extrem wertig und edel an, was sicherlich nicht zuletzt an den teilweise wirklich schweren Metallkonstruktionen liegt. Der starke, völlig ansatzlos anlaufende Motor braucht natürlich eine ausgeklügelte Lüftung, trotzdem hält sich die Geräuschkulisse in Grenzen. Und PS-Junkies spielen ja sowieso mit krachend laut aufgedrehter Anlage oder Lautsprechern. Doch auch sonst sprechen alle Teile ohne jegliches Klappern oder irgendwelches Herumgezicke an, und das nach Monaten des Testens genauso wie am ersten Tag. Leichte Abnutzungserscheinungen machen sich lediglich an den Pedalen bemerkbar, wo vor allem die Bremse erkennbare Gebrauchsspuren zeigt - zugegebenermaßen habe ich sie allerdings auch manchmal mit Straßenschuhen benutzt, für das ganz authentische Autofeeling. Extra saubere Hausschuhe oder Racing-Slipper würden hier natürlich Abhilfe schaffen.

Mein einziger Kritikpunkt an der ansonsten makellosen Materialauswahl sind die etwas merkwürdigen Schaumstoffteile am oberen und unteren Rand der CSL Elite Wheels. Hier fasst man in der Regel zwar gar nicht an, aber das Material neigt zum Einstauben und lässt sich schlecht reinigen. Noch unangenehmer ist das bei dem ähnlich beschaffenen Griff der Handbremse. Auch diese umklammert man natürlich jeweils nur für wenige Sekunden, bei schweißtreibenden, längeren Sessions ist dieses Material aber wirklich nicht ideal, wie ich finde. Da wäre es schön, in Zukunft noch Alternativen anzubieten, und beim Lenkradkranz würde ich im Nachhinein vermutlich sogar den günstigeren CSL-P1-Kranz (also ohne „Elite") bevorzugen, bei dem die Schaumstoffbeschichtung fehlt. Hauptsache ist aber natürlich, dass sich das ansonsten verwendete Kunstleder an den eigentlichen Griffstellen angenehm wertig und stabil anfühlt.

Auf der Seite der Kritik stehen damit also eigentlich nur einige Marginalien, was angesichts der ansonsten umwerfenden Qualität kaum einen anderen Schluss zulässt als die Höchstwertung. Natürlich hat diese besagte Qualität ihren Preis, der nur vielleicht durch den puren Luxus der Clubsport-Reihe noch einmal relativiert wird. Deren Sets bringen preislich noch einmal das Doppelte bis Dreifache auf die Waage, bieten dafür aber den Komfort und die zusätzliche Belastbarkeit für eSport-Profis, die mehrere Stunden pro Tag trainieren müssen und regelmäßig Turnierrennen in voller Länge bestreiten. Das wäre auch für einen Enthusiasten für mich zu viel, oder käme eher nach einem geknackten Lottojackpot in Frage. Doch als eben so ein Volltreffer erweist sich bereits die CSL-Konfiguration, denn sie überflügelt sämtliche mir bekannte Konkurrenz. Und bei den Kosten ist es immerhin ein kleiner Lichtblick, dass Fanatec bereits vorkonfigurierte Sets für die verschiedenen Systeme und Ansprüche anbietet, bei denen im dreistelligen Bereich gespart werden kann. Da kann man eigentlich nur meinen alten Lieblings-Automaten Daytona USA zitieren: „Gentlemen, start your Engines."

10 Gamereactor Deutschland
10 / 10
+
Das wohl beste Lenkrad-System seiner Klasse.
-
Relativ hoher Preis, sorgfältiger Aufbau nötig.
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