Gamereactor hatte letzte Woche die Gelegenheit, mit dem Mitbegründer von Experiment 101 zu sprechen, Stefan Ljungqvist. Wir konnten mit dem Producer über das bevorstehende Action-Abenteuer Biomutant reden, das vielen Spielern bislang wohl vor allem aufgrund seines pelzigen Protagonisten im Gedächtnis geblieben ist.
„Ich gebe euch lieber nicht zu viele Details über den Protagonisten, um nichts zu verderben. Allgemein lässt sich sagen, dass sich ein Teil der Geschichte des Spiels mit der Frage beschäftigen wird, wer wir eigentlich sind, wer wir waren und warum wir an diesem Ort sind. Es gibt einen familiären Bezug, [doch das liegt in der] Vergangenheit, anstatt über Zwischensequenzen erzählt zu werden."
Warum habt ihr euch für einen Waschbären als Hauptfigur entschieden?
„Das Spiel hat keinen bestimmten Protagonisten, wenn ihr das als besonderen Charakter meint, den jeder spielt (so vom Typ Ratchet). Die Erstellung eures eigenen Biomutanten ist ein wichtiger Teil des Spiels. Man wählt einen von sechs DNA-Strängen aus und kann anschließend die Anatomie und das Erscheinungsbild innerhalb der Grenzen dieses DNA-Strangs frei, bzw. sanft weiterentwickeln. Ihr könnt die Genetik auch innerhalb des gleichen DNA-Strangs neu definieren und weitere Parameter abrufen, sodass bei der Charaktererstellung viel Freiheit besteht (dieser Schritt ist nur eines der Elemente)."
„Es ist erwähnenswert, dass [die Erscheinung] gleichzeitig die Eigenschaften eures Charakters beeinflussen. Das ist möglicherweise ein noch wichtigerer Teil, da Biomutant ein Action-Rollenspiel ist. In Bezug auf unsere Version der Hauptfigur verstehe ich zwar, wenn ihr ihn 'Waschbär' nennt. Es ist aber kein Waschbär, sondern ein Mutant, der bestimmte Merkmale von Waschbären aufweist, sowie von einem Boston Terrier (ich habe übrigens drei davon), einer Katze und anderen Säugetieren. Intern nennen wir die Charaktere manchmal Muppets. Ich verspreche euch, dass ihr euren eigenen, [einzigartigen] Charakter erschaffen könnt."
Welchen Einfluss wird das Karmasystem auf das Abenteuer haben?
„Das Wichtigste ist wahrscheinlich die Wahl des Stammes, mit dem ihr euch verbünden möchtet. Es gibt sechs verschiedene Stämme in dieser Welt und um es einfach auszudrücken, kann man sagen, dass die Hälfte Rot und die andere Hälfte Blau ist (oder ihr denkt an dunkel/hell). Die Wahl lässt sich im Laufe des Spiels wiederrufen, doch sie definiert die Endphase und auch das Ziel des Spiels, was dem Wunsch des jeweiligen Stammes entspricht. Zum Beispiel kann ein roter Stamm das Ziel haben, die anderen Stämme auszulöschen und die Welt untergehen zu lassen, damit man von vorne beginnt. Ein Wunsch der blauen Stämme ist die Vereinigung mit dem Baum des Lebens, [denn sie wollen] die Welt retten. Das Karmasystem und die Entscheidungen, die ihr treffen werdet, wirken sich auch auf den Dialog mit den Charakteren aus, denen ihr begegnet."
"In einigen Fällen haben [eure Aktionen] Einfluss auf deren Schicksal, denn manchmal bringen euch Entscheidungen [sogenannte] PSI-Punkte ein. Diese können verwendet werden, um PSI-Mutationen in [...]der Welt freizuschalten. Wie bei Infamous gibt es dann einige Mutationen, die zu einem bestimmten Karma 'gehören', aber natürlich gibt es auch solche, die ihr unabhängig von eurem Karma freischalten könnt."
Was waren die Inspirationsquellen für das Kampfsystem in Biomutant?
„Wir haben andere sagen hören, dass es im Laufe der Jahre eine Mischung aus Devil May Cry, Ratchet & Clank und [Batman:] Arkham ist und wir können dem nicht widersprechen. Das Wichtigste für uns ist jedoch, dass es rein spielerisch [einen dynamischen Animationsfluss gibt]. Ihr sollt eure Aktionen jederzeit unterbrechen/ändern können, ohne die aktuelle Bewegung anhalten oder eine coole Animation zu Ende mitansehen zu müssen. Dadurch wird es möglich, kreativ zu sein, indem man Gun-Play, Nahkampf und Mutationen frei miteinander mischt."
Gab es angesichts der Tatsache, dass in Biomutant verschiedene Spielstile gemischt sind, besondere Herausforderungen bei der Entwicklung?
„Die größte Herausforderung bleibt weiterhin, allen klar zu machen, dass das hier ein Open-World-Spiel mit einer ähnlichen Struktur wie The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist und kein lineares Spiel. Ich denke, es kann schwierig sein, das anhand der Videos und Demos zu sehen, die wir bisher veröffentlicht haben, aber es ist unglaublich wichtig [diese Bewerbung zu kommunizieren]."
Es hört sich so an, als ob Biomutant einen hohen Wiederspielwert bietet, aber wie lange dauert es Ihrer Meinung nach denn überhaupt, die Kampagne einmal durchzuspielen?
„Was ihr wahrscheinlich unter einer "Kampagne" versteht, ist in drei Teile unterteilt. [...] Meine Antwort auf diese Frage war letzte Jahr noch <em>'mindestens zehn Stunden' und das ist immer noch wahr, aber es wird für die meisten erheblich länger dauern. Es fällt mir schwer zu erkennen, wie selbst diejenigen, die 'nur durchlaufen', ohne bei einem einzelnen Nebencharakter anzuhalten, eine einzige Nebenquest anzunehmen (und sogar abzuschließen) oder die 8 Quadratkilometer große Welt zu erkunden, das alles in weniger als 20 Stunden tun können."
Oft fühlen sich die Abschnitte mit fahrbaren Gefährten in Actionspielen besonders schlecht an. Wie stellen Sie sicher, dass diese Elemente interessant bleiben?
„In Biomutant haben die markanteren Fahrzeuge eine spezifische Bedeutung, da die größten Bosskämpfe genau darauf ausgelegt sind. Das heißt, dass ihr den Boss nur dann gegenübertreten werdet, wenn ihr in der Lage seid, ein Fahrzeug herbeizurufen. Die anderen drei Kämpfe werden jedoch mit anderen 'Vehikeln' ausgefochten, denn eine Begegnung spielt ihr mit einem Mekton (ein Mech), eine findet in einem Googlide (ein Jetski) statt und die letzte spielt ihr in einem Octosub (das ist ein U-Boot). Die ersten beiden sind skalierbar, was mehr oder weniger eine Voraussetzung ist, wenn ihr eine Chance gegen die ersten Bosse haben wollt. Alle haben eine spezielle Funktion, die mit anderen Wesen auf der Welt zusammenhängt."
„Darüber hinaus verwendet man Fahrzeuge natürlich auch, um durch ganz bestimmte Gebiete fahren zu können. Ihr könnt nicht schwimmen, daher ist die Verwendung des Googlides eine Notwendigkeit - auch das Upgrade, mit dem ihr euch später weiter außen durch kontaminiertes Wasser bewegen könnt. Wie der Mekton verfügt auch das Googlide über einige andere Mechanismen, z. B. die Möglichkeit, bestimmte Orte zu plündern, Öl aufzusaugen oder spezielle Gegenstände, die im Weg sind, mit einem Haken wegzuziehen, um verschiedene interessante Dinge oder versteckte Bereiche und so weiter [zu entdecken]."
Halten Sie es für ein Risiko, eine brandneue Spieleserie auf Konsolen zu veröffentlichen, die in Kürze abgelöst werden?
„Vermutlich besteht das Risiko, dass die Spiele für die neue Generation die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wir denken aber nicht einmal über diese Dinge nach, denn das kann ja schließlich auch innerhalb der aktuellen Generation passieren. Die Herausgeber sind aus diesem Grund sehr daran interessiert, Spiele nicht gleichzeitig mit größeren Titeln zu veröffentlichen. Ich denke es ist viel wichtiger für uns, insbesondere als Spieleentwickler, unseren Fokus darauf zu legen, das bestmögliche Spiel zu machen. Die neuen Konsolen sind offensichtlich viel leistungsfähiger als die vorherige Generation und [die PS5/Xbox Series X] haben noch aus anderen als den rein technologischen Gründen der Hardware interessantere Aspekte zu bieten, als die vorherige Generation. Wir sehen das jedoch nicht als Risiko, sondern als Chance für die Zukunft an. Unser Fokus liegt jetzt jedoch darauf, Biomutant zu vervollständigen und sicherzustellen, dass es so gut wie möglich ist."
Können Sie uns etwas über Biomutant auf Playstation 5 oder Xbox Series X erzählen?
„Lass es mich so sagen: Ihr könnt Biomutant auf der neuen Konsole spielen."
Vielleicht wird diese Frage als Klischee missverstanden, aber worauf sind Sie in Biomutant am stolzesten?
„Es ist wahrscheinlich die Zusammenarbeit und die Community, die wir im Studio aufgebaut haben. Nur dadurch wurde es uns möglich, dieses Spiel überhaupt zu entwickeln. Biomutant ist eine gemeinsame Anstrengung, bei der der größte Teil des Designs von uns als Gruppe stammt."