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Dragon Quest IX: Hüter des Himmels

Dragon Quest IX: Hüter des Himmels

Dragon Quest ist inzwischen über zwanzig Jahre alt, das Rollenspiel ein echter Klassiker. Behäbig wird man mit der Zeit schon, dafür sind insbesondere die Genre-Vertreter aus Japan bekannt. Doch es gibt auch Traditionen, die genau der Grund dafür sind, warum die Spiele so beliebt sind. Und gerade die Dragon Quest-Reihe zeigt, wie es mit kleinen Schritten langsam vorwärts geht.

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Auf den ersten Blick liefert Dragon Quest IX: Hüter des Himmels das übliche Standardprogramm ab. Rundenbasierende Kämpfe, drumherum eine Story mit ein paar Anleihen an Überirdisches. Sogar Yggdrasil wurde mal wieder verwurstet. Garniert wird das ganze mit ausufernden, versteckten Nebenschauplätzen sowie besonderen Gegenständen und diversen Geheimnissen. Im Grunde keine schlechte Sache, hat doch genau das viele Jahre lang so an Rollenspielen fasziniert.

Heute natürlich meinen einige, das funktioniere nicht mehr. Sie schreiben japanische Rollenspiele als träge und langweilig ab. Alles schon dagewesen, alles schon gesehen. Ein bisschen überraschend ist es angesichts dessen schon, welche Kompromisse Entwickler Level 5 eingegangen ist, um Dragon Quest IX trotzdem aus der Masse hervorstechen zu lassen und ein wenig Staub aufzuwirbeln.

Denn eigentlich ist es ganz und gar nicht üblich, einen Charakter selbst zu bauen. Gesetzt wird dabei weiterhin auf den Stil von Akira Toriyama, weshalb viele Kombinationen an Charaktere aus Dragon Ball erinnern. Sieben Kategorien wie Größe, Haarfarbe, Frisur und Geschlecht gibt es und auch der Name ist frei wählbar. Die Zahl der Möglichkeiten ist dabei relativ beschränkt, zumal bei allen Farbentscheidungen wirklich nur die wenigen vorgegebenen Farben nutzbar sind.

Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Einbindung des Charakters ins Spiel eher suboptimal ist. Die Dialoge wirken immer etwas distanziert, obwohl durch das Weglassen der Passagen des eigenen Charakters genau das Gegenteil erzielt werden sollte. Aber es geht nicht auf, wenn das Gegenüber gestelzt unsere Aussagen in seine Antwort wiederholend mit einbaut.

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Dragon Quest IX: Hüter des HimmelsDragon Quest IX: Hüter des Himmels
Die Individualisierung von Charakteren bietet enorme Vorteile in der Unterscheidbarkeit, besonders wichtig für den Multiplayer.

Umgekehrt allerdings bietet die Individualisierung von Charakteren auch enorme Vorteile und weil eben auch ein Mehrspielermodus am Start ist, war genau das unabdingbar. Wer sich übrigens sein Team selbst mit Charakteren auffüllt, kann diese auch selbst gestalten. Diese drei Mitstreiter jedoch haben wirklich überhaupt nichts mit dem Spiel zu tun, sondern sind nur notwendiges Übel in den sonst zu schweren Kämpfen.

Die Story nämlich wird nur von einem einzigen Helden oder auch einer Heldin bestritten. Wir sind ein Engel beziehungsweise ein Himmlischer und müssen auf der Erde gutes Tun. Von der Dankbarkeit der Menschen wird der Baum Yggdrasil genährt, damit er bald Früchte trägt und die fleißigen Hüter der Erde endlich ihre wohlverdiente letzte Ruhe finden. Selbstverständlich bleibt es dabei nicht.

Denn als dem Weltenbaum endlich genug Gaben von Dankbarkeit dargebracht wurden, tauchen Blitze auf, die das Reich der Himmlischen beschädigen. Wir selbst fallen bei dem Unglück auf die Erde und verlieren während des Sturzes Heiligenschein sowie Flügel und können nun auch von den Menschen gesehen werden. Im Grunde heißt es fortan weiter gutes Tun. Was anfangs noch schlauchartig Schritt für Schritt vor sich geht, wird erst allmählich zu einer offenen, episodenartigen Handlung.

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Aber man braucht sich nichts vormachen, die große Stärke ist die Geschichte sicherlich nicht. Teile davon sind wirklich nett, aber das Fehlen starker Charaktere wegen der Charaktererstellung und des optionalen Mehrspielermodus beschneidet die Möglichkeiten dann eben doch. Dafür wird einem später noch eine nervige Fee an die Seite gestellt, die mit ihrer unsympathischen Art wohl darüber hinwegtrösten soll, dass auch fest definierte Figuren ihre Nachteile haben.

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Der niedliche Look gehört zum guten Ton eines japanischen Rollenspiels, da darf man keine Neuerungen erwarten.

Trotz der mäßigen Haupthandlung aber ist nicht alles schlecht. Etwas Entscheidendes nämlich ist den Entwicklern durchaus gelungen. Während etliche Rollenspiele darunter leiden, dass es in Städten kaum interessante Informationen gibt und man sich im Grunde nur an der Haupthandlung entlang hangelt, bietet Dragon Quest IX ein lebendiges Bild. Dass es sich tatsächlich lohnt, Charaktere mehrmals anzusprechen, um vielleicht eine neue Information zu erhalten, ist im Grunde auch ein Pluspunkt in Sachen Story.

Dazu gibt es übrigens ebenso den einen oder anderen denkwürdigen Moment. Obwohl es sich um ein technisch schwachbrüstiges Handheldspiel handelt, gibt es wunderschöne Orte. Und man mag es nicht glauben, aber auch so ein kleiner Nintendo DS weiß, was Kameraschwenks sind. Die Musikstücke sind ebenfalls gelungen, warum allerdings allen Städten die gleiche Grundmelodie verpasst wurde, weiß wohl nur Level 5. Der Grafikstil, insbesondere von Gegnern und Charakteren, erinnert übrigens stark an den Vorgänger Dragon Quest VII - und das erschien auf der leistungsfähigeren Playstation 2.

Was unsere Helden übrigens tragen, wird auch immer direkt angezeigt. Verpassen wir ihm oder ihr ein rotes Kopftuch, dann wird dies sehr präsent sein, aber auch kleine Änderungen wie zum Beispiel Handschuhe fallen auf. Und es gibt im Spiel wirklich unglaublich viele Gegenstände. Dazu zählen die frei verkäuflichen, wobei man bei notorischem Geldmangel genau überlegen muss, in was investiert wird. Mit dabei sind aber natürlich auch auffindbare Objekte sowie ein Repertoire an Gegenständen, die durch Alchemie erzeugt werden können.

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Auch Kameraschwenks sind auf dem DS kein Fremdwort - die Optik ist ohnehin durchweg gelungen.

Im Verlauf des Spiels wird man sich irgendwann anfangen zu fragen, ob man diesen und jenen Gegenstand wirklich kaufen möchte. Ganz unabhängig, ob nun gerade Geld da ist oder nicht, gibt es eben jetzt auch eine offensichtliche, optische Komponente, nämlich ob das gewählte Kleidungsstück gut aussieht oder nicht. Auf dem Nintendo DS wurde das wirklich sehr nett umgesetzt, denn man sieht ja die Charaktere quasi ständig beim Laufen - und das nicht nur in Kämpfen, sondern auch in Städten, in Dungeons und auf der Weltkarte.

Dungeons und Weltkarte bieten übrigens eine weitere Revolution für eine traditionsreiche Serie wie Dragon Quest. Statt ständig startender Zufallskämpfe sind Gegner nun immer direkt sichtbar und der Wechsel in den rundbasierenden Kampf erfolgt bei Berührung. Nicht nur, dass so die Auswahl besser ist, mit wie vielen Gegnern man kämpft, es kann sogar der Typ vernünftig ausgesucht werden. Das ist praktisch, denn Favoriten entwickeln sich immer und auch Dragon Quest IX kommt nicht ohne das bekannte Hochleveln von Charakteren aus. Obwohl die Kämpfe ansonsten unverändert geblieben sind, ist das eine willkommene Abwechslung.

Der Schwierigkeitsgrad ist ziemlich angenehm und beim Wechsel in ein neues Gebiet fallen die Unterschiede auch recht flüssig aus. Übrigens wurde das Spiel sogar anspruchsvoller. Die sonst recht einfachen Dragon Quest-Spiele sollten wohl wieder etwas mehr fordern. Dass dafür häufiger gegen die gleichen Gegner gekämpft werden muss, stört allerdings einen Rollenspielfreund kaum, denn das ist er ja von anderen Genre-Vertretern bereits gewöhnt.

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Während etliche Rollenspiele darunter leiden, dass es in Städten kaum interessante Informationen gibt, bietet Dragon Quest IX hier ein lebendiges Bild.

Die Charaktere übrigens zeichnen sich nicht nur durch ihre Statuswerte aus, die mit jedem Level steigen, sondern haben allesamt eine Berufung wie Zauberer, Priester oder Krieger, die ihre Fähigkeiten beeinflusst. Später im Spiel ist es auch möglich, diese zu wechseln. Weit vorher jedoch ist es möglich, gewisse Fertigkeiten je nach Berufung zu lernen. Dazu zählt beispielsweise der Umgang mit Stabwaffen, die bei steigender Stufe mehr Mana abziehen oder aber Extras wie ein Metallhieb für Schwertkämpfer, der Metallgegnern besonders zusetzt.

Ein hübsches Extra ist die Wifi-Unterstützung. Onlinespielen ist zwar nicht direkt möglich, denn der Koop-Modus funktioniert nur über eine lokale Verbindung, aber es gibt Angebote wie einen Onlineshop, in dem das sauer verdiente Gold gegen ein wöchentlich wechselndes Angebot eingetauscht werden kann. Außerdem gibt's regelmäßig neben den bereits im Spiel vorhandenen noch weitere Zusatz-Missionen zum Download. Der Verzicht auf einen echten Online-Multiplayer ist einerseits schade, umgekehrt ist der Spaß bei einem rundenbasierten Spiel ohne Sprachkommunikation wenig unterhaltsam und sinnvoll.

So richtig sticht Dragon Quest IX: Hüter des Himmels nicht heraus. Die kleinen Revolutionen mögen ein großer Schritt für die Serie sein, aber insgesamt bietet das Spiel noch immer alles, was man von einem japanischen Rollenspiel erwartet. Es ist unglaublich umfangreich, es gibt viel zu entdecken und man will eigentlich erst aufhören, wenn auch der härteste Gegner besiegt hat - selbst wenn das bedeutet, mehrere Stunden die Gruppe mühselig hochzupushen. Insofern ist dieses Spiel ohne Zweifel ein absolutes Muss für alle Rollenspielfreunde. Wer allerdings hoffte, dass der Titel Neuerungen in das Genre einbringt oder wenigstens in besonderer Weise vom Nintendo DS Gebrauch macht, der wird enttäuscht.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Umfang, Online-Unterstützung inklusive Zusatzmissionen, individuelle Charaktere
-
durchwachsene Story, wenige Neuerungen
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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