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Die Sims 4

Die Sims 4

Nach fünf Jahren wurde es Zeit für ein Update der beliebten Sims-Reihe. Wirklich Grund zur Freude gibt es aber nicht, denn viele geliebte Elemente fehlen.

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Die große Enttäuschung ist im Grunde schon vorprogrammiert. Alle drei bisher erschienenen Sims-Teile haben mit der Zeit verschiedene Erweiterungen bekommen und wurden so vervollständigt. Zuletzt waren es stattliche elf große und neun kleine Zusatzpakete, von denen das letzte im vergangenen Oktober erschienen ist. Mit jedem neuen Spiel aber musste auch wieder bei null begonnen werden. Jedes Mal wurden die lieb gewonnen Annehmlichkeiten mehr vermisst. Das ist im Fall von Die Sims 4 nicht anders. Das Grundspiel fühlt sich beschränkt und leer an. Und wo unser Kreativität keine Grenzen gesetzt werden sollten, sehen wir nur die Mängel des neuen Spiels. Es bleibt einem gar nichts anderes übrig, als darüber zu nörgeln.

Tatsächlich gibt es Elemente, deren Fehlen besonders tragisch ist. Mit Haustieren, Urlaub und Party hat wahrscheinlich sowieso niemand gerechnet. Das aber keine Keller gebaut werden können und die Zahl der Etagen auf drei beschränkt ist, nervt bereits zu Beginn des Spiels. Womöglich wurde dies eingedampft, weil sich dafür nun endlich höhere Wände bauen lassen. Auf der anderen Seite aber ist die Zahl der Gegenstände, die eine solch großzügige Architektur unterstützen, so eingeschränkt, dass zumindest ich gut und gerne darauf verzichten kann. Lediglich zwei verschiedene Fenster und Türen gibt es beispielsweise. Teppichböden wurden ganz gestrichen. Vielleicht gab es ja in den bisherigen Spielen ein Milben-Problem, von dem ich nichts mitbekommen habe? So wie ich auch vermutete, dass der Pool allein deswegen fehlt, damit ich meine Sims nicht mehr ertränken kann.

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Wer kein Neuling in der Serie ist, dem werden leider viele geliebte Elemente fehlen und der Umfang gering erscheinen.
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Es sind Defizite, die beim Spielen einfach auffallen. Will ich meinen Sims nur die besten Gegenstände überlassen, habe ich einfach kaum Chancen, ernsthaft individuell zu bleiben. Zwar bietet jeder Gegenstand ein paar vorgegebene Farbkombination. Doch einerseits sind das teilweise erschreckend wenig und zum anderen ist es manchmal nicht nur die Farbe, die nicht passt. Die Bezeichnung Basisspiel ist vortrefflich gewählt für dieses Produkt, denn viel mehr ist das einfach nicht. Es wird an vielen Stellen deutlich sichtbar, dass Electronic Arts mit allerlei Zusatzangeboten versuchen wird, den Sims-Fans in Zukunft das Geld in regelmäßigen Abständen aus der Tasche zu ziehen. Im letzten Spiel ließ sich zum Beispiel noch am Farbrad selbst ein Farbton wählen. Nun gibt es diese Freiheit nicht mehr. An keiner Stelle. Weder bei Möbeln noch bei Bekleidung oder sonst wo.

Und obwohl es natürlich in der Simulation schon immer darum ging, einem etwas ausgefalleneren Leben nachzugehen, vermisse ich ganz normale Berufe. Vermutlich wird auch hier erst eine Erweiterung Abhilfe schaffen. So lange müssen wir eben als Geheimagent oder Astronaut arbeiten. Zudem ist es nicht mehr die leere Leinwand, die einen zum Spielstart erwartet. Es gibt weniger und kleinere Bauplätze, die meisten sind bereits mit Musterhäusern versehen. Selbst für Räume gibt es inzwischen Vorlagen, die wir nur platzieren müssen. Dies sind aber Dinge, die nicht wirklich weiter ins Gewicht fallen. Maxis hat es allerdings sogar fertig gebracht, aus der offenen Welt im Vorgänger nun einen kleinen Käfig zu machen. Andauernd wird man von einem Ladebildschirm belästigt - selbst beim Besuch der Nachbarn.

Der Grund dafür hängt möglicherweise mit den cleveren Bewohnern zusammen, die etwas selbstständiger und komplexer in ihrer Struktur geworden sind. Denn um auch einmal auf die positiven Aspekte zu kommen, gibt es zwei ganz wesentliche Pluspunkte. Zum einen sind Sims inzwischen in der Lage, soziale Interaktionen mit anderen Tätigkeiten zu verbinden. Wenn wir etwas futtern, kann trotzdem ein Gespräch gelenkt werden. Wir können mit jemanden flirten, während wir gerade auf dem Klo sitzen. Das ist vielleicht etwas verstörend und die meisten Sims stehen tatsächlich auch nicht darauf, in ihrer Intimsphäre gestört zu werden. Aber an den meisten Stellen ist diese Neuerung wirklich großartig. Entscheidend ist für das Multitasking in der Regel lediglich die Distanz und die Tätigkeit. Händchen halten zum Beispiel wird uns beim gemeinsamen Sitzen auf der Couch nicht erlaubt.

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Emotionen treiben unseren Sim und für bestimmte Aufgaben kann es sinnvoll sein, sich zuvor in die richtige Stimmung zu bringen.
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Die andere große Neuerung sind Emotionen. Es gibt 15 verschiedene Zustände, die ein Sim erreichen kann. Die beeinflussen unsere möglichen Interaktionen sowie die Effektivität bestimmter Tätigkeiten. Wenn das Gemüt beispielsweise inspiriert ist, sind wir kreativer. Im verspielten Zustand ist es leichter, soziale Kontakte zu pflegen. Es gibt auch negative Zustände wie Beschämung. Machen wir einen ironischen Witz über uns selbst oder reden über unsere Unsicherheit, könnte sich das Problem aber ganz schnell erledigen. Das neue Leben mit Emotionen macht wirklich Spaß. Haben wir es uns in einer bequem gemacht, versuchen wir so lange wie möglich auf dieser Welle zu reiten und Vorteile daraus zu ziehen. Energiegeladen muss ein Sim nicht so viel Zeit mit Sport vertrödeln, sondern kann sich den wirklich wichtigen Dingen des Lebens widmen - einem Techtelmechtel zum Beispiel.

Nun ist es nicht so, dass die Sims dadurch wirklich smart sind. Aber zusammen mit den Launen und dem Bestreben, die in der Persönlichkeit verankert wurden, hat das Team ein halbwegs selbständiges virtuelles Wesen erschaffen. Es fühlt sich doch sehr natürlich an, was unsere Sims anstellen und gerade im Zusammenspiel mit anderen kommt das zur Geltung. Es gibt Eigenschaften, mit denen wir leichter bestimmte Emotionen auslösen. So können wir kreative Charaktere wie Gigolos oder Choleriker erschaffen. Und langfristig gibt es sogar noch ein paar Talente, die unseren Sim umgänglicher machen. Dafür ist es lediglich notwendig, ein paar seiner Wünsche zu erfüllen.

Sowieso ist dies eines der Dinge, die das Team einfach inzwischen sehr gut kann. Die Sims 4 bietet so viele verschiedene Möglichkeiten an. Es liegt ganz an uns, ob wir unserem Bestreben nachgehen wollen, im Job aufsteigen oder einfach nur Spaß haben wollen. Hier ist die Spielerfahrung sehr flexibel. Selbst für das Kinderkriegen sind nicht zwangsläufig Mann und Frau als glückliches Paar erforderlich, denn eine Adoption ist genauso möglich. Und ich zumindest bin außerdem froh, dass die Kindheit im neuen Spiel stark abgespeckt wurde und sich auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt. Obwohl ich tatsächlich auch hier schon das nächste kostenpflichtige Addon wittere...

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Auch wenn wir nicht mehr ertrinken können, weil der Pool gehlt, können wir aber beispielsweise vor Scham im Boden versinken und sterben.

Und über noch etwas bin ich wirklich dankbar. Die voll integrierte Galerie ist ein einfaches Feature, um mit der Community zu interagieren. Wir können etwa Häuser, Räume und Sims in unsere Welt importieren. Trotzdem wird einem keine Onlinepflicht aufgedrängt. Die Sims 4 funktioniert auch ohne Internetverbindung bestens. Im Fall von Electronic Arts ist das tatsächlich keine Selbstverständlichkeit. Was allerdings eine nette Ergänzung gewesen wäre, ist ein Tool für Videos. Screenshots lassen sich leicht machen, aber wenn es doch schon um unsere Geschichten geht, hätte diese integrierte Möglichkeit sicherlich viele Freunde gefunden.

Maxis hat gesagt, dass Die Sims 4 keinen Nachfolger bekommt, wenn der Titel nicht erfolgreich ist. Anhänger der ersten Stunde wiederum sind vermutlich inzwischen etwas genervt, bereits zum vierten Mal wieder so viele Rückschritte hinnehmen zu müssen, die mit all den positiven Neuerungen zunächst nicht aufgewogen werden. Eine verbesserte Oberfläche und klügere Sims sind eben manchmal nicht alles. Wann und in welcher Form die lieb gewonnenen Funktionen zurückkehren, wird sich zeigen. Bis dahin können wir ja noch ein paar Runden im Vorgänger drehen, den es inzwischen recht günstig gibt. Und wer Die Sims 3 sogar noch mit vielen Erweiterungen besitzt, der wartet vielleicht sowieso erst einmal ab, sonst könnte das neue Spiel doch sehr enttäuschen.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Emotionen, Multitasking, authentischer, verbesserte Oberfläche
-
viele fehlende Funktionen, geringer Umfang, Grafik etwas veraltet, Ladezeiten beim Wechsel an andere Orte, kleinere Bugs
overall score
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