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"Das hohe Niveau macht Spaß"

Woher kommt es eigentlich, dass Klischee vom Gamer - kleiner, pummeliger Freak mit dicker Briller und Motto-T-Shirt. Begegnet ist mir so jemand nicht im Berliner Tempodrom, wo schon Marilyn Manson, Donna Summer und die Pet Shop Boys auf der Bühne standen. Dabei müssten sie sich doch hier eigentlich versammeln zur Europameisterschaft im E-Sport.

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Die Asus European Nations Championship sind die Europameisterschaften im E-Sport. Am vergangenen Wochenende fanden zwei Hauptrundenspiele mit deutscher Beteiligung in Berlin statt. Die Disziplinen der Deutschen waren Counter-Strike 1.6 gegen die starken Dänen und Counter-Strike: Source gegen die Slowakei. Im Finale auf der Gamescom winken dann insgesamt 120.000 Euro Preisgeld.

Während das Nationalteam in Counter-Strike: Source die Slowakei besiegte, unterlag die andere Mannschaft den Dänen. Bitter ist das vor allem, weil damit Deutschland erstmals schon in der Gruppenphase ausgeschieden ist. Allerdings, dass muss an dieser Stelle auch geschrieben werden, unterlagen die Mannschaft im Finale immer. Im Vorfeld des Spiels haben wir mit Roman Reinhardt gesprochen, der zum fünfköpfigen Deutschland-Team gehört.

"Das hohe Niveau macht Spaß"

Der 26-Jährige Berliner studiert in der Hauptstadt Sozialpädagogik und hat sein Hobby mittlerweile sogar zum kleinen Nebenjob gemacht.

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Roman, Du studierst Sozialpädagogik? Das liegt ja nicht unbedingt auf der Hand? Verbindest du dein Studium vielleicht teilweise mit deinem Hobby?
Nein, nicht wirklich. Das ist ganz unabhängig vom Thema Spielen entstanden. Ich interessiere mich für die Arbeit mit Menschen. Das macht mir einfach Spaß.

Und wie lange bist du inzwischen aktiver Spieler?
Das bin ich schon eine ganze Weile. Eigentlich hatte ich nie viel mit dem Spielen am Hut. Aber vor sieben Jahren, als die Internetcafés boomten, durften wir immer kostenlos im Laden des Vaters eines Freundes spielen. Und da haben wir dann natürlich auch angefangen Counter-Strike online zu zocken. Bis heute habe ich eigentlich nie wirklich etwas anderes gespielt. Nur ab und zu, vielleicht alle ein bis zwei Monate, schau ich mir auch mal ein anderes Spiel an.

Counter-Strike ist doch aber gefühlt schon hundert Jahre alt. Ist das nicht ganz schön ausgelutscht?
Das kann den Anschein haben. Ich sehe das aber nicht so. Für mich ist der Reiz weiterhin das Messen mit den Besten - das hohe Niveau macht Spaß.

Wie schaut es denn bei dir selbst mit realem Sport aus?
Da spiele ich regelmäßig Fußball. Ein- bis zweimal in der Woche mache ich das, aber ich mache auch noch ein paar andere Sachen.

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Dann brauche ich dich wahrscheinlich auch nicht fragen, woran du beim dem Wort Weltmeisterschaft denkst...
Ja, da denke ich schon an Fußball.

Glaubst du trotzdem, dass es einen Zusammenhang zwischen der Meisterschaft im Fußball und der für Computerspiele gibt?
Beim Fußball kommt es auf Teamplay und Kommunikation an, das ist bei uns nicht anders. Das sind die wesentliche Merkmale, die beides verbindet. Aber E-Sport organisiert sich mehr in Verbänden und daher gibt es auch nicht eine Veranstaltung sondern viele. Genauso ist es mit den Weltranglisten. Wobei es auch da anerkannte Vergleichstabellen gibt. Und da liegen wir mit dem Alternate-Werksteam auf Platz 9 in der Disziplin Counter-Strike 1.6. Die Deutschen insgesamt liegen auf dem dritten Platz hinter Schweden und den USA.

Und das Internationale, das die weltweiten Wettbewerbe mit sich bringen, wie nimmst du das wahr?
Ja, das macht es schon besonders und ich war anfangs völlig fasziniert davon. Ich habe so viele neue Länder und Städte gesehen und dabei natürlich auch viele Menschen kennengelernt - auch Leute, die nicht aus Deutschland kamen. Mir gefällt das wirklich gut. Auch wenn ich nicht so viel Zeit habe rumzureisen, um überall teilzunehmen, wie das die Spieler machen, die es hochprofessionell betreiben. Für mich ist es dann doch eher wie ein Nebenjob zum Studium.

Beim Fußball gibt es im Zusammenhang mit der Professionalisierung immer auch eine Debatte über den Kommerz des Sports. Die Meisterschaften für Computerspiele wie auch die verschiedenen Ligen sind in der Regel stark durchzogen von Kommerzialisierung. Ist das ein Problem für dich?
Nein, denn ich denke, das ist ein ganz natürlicher Werdegang. Je größer die Veranstaltungen werden, desto mehr Geld ist nötig, um sie durchzuführen. Und auch das Hobby ist sehr zeitintensiv. Ab einem bestimmten Niveau ist einfach eine angemessene Bezahlung nötig. Korea zum Beispiel ist jetzt zwar nicht speziell in der Disziplin Counter-Strike stark, aber dort gibt es insgesamt eine sehr hohe Konzentration von Professionalität.

Gibt es trotzdem Sponsoren, die du ablehnst?
Dazu habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Aber grundsätzlich trage ich die Meinung der ESL mit, dass es Sponsoren gibt, die nicht passen würden. Damit meine ich beispielsweise Unternehmen, die Tabak, Alkohol oder Fast Food bewerben.

Wie stehst du eigentlich zur Killerspiel-Debatte - auch gerade im Bezug auf Counter-Strike, das ja auch immer wieder ins Spiel gebracht wird.
Für mich ist das kein Killerspiel. Es geht für mich vor allem um Teamplay und Kommunikation. Es ist zwar ein Egoshooter, aber das Ziel ist meiner Meinung nach ein anderes. Es wird ja in der Regel fünf gegen fünf gespielt, da gibt es auch eine soziale Komponente. Und ich finde die Altersgrenze wichtig. Spiele, die man alleine spielt und bei denen es nur darum geht, dass der Bildschirm zur Belustigung voller Blut ist, mag ich gar nicht. Möglichst brutal zu sein, das ist kein Ziel.

Engagierst du dich denn auch in dem Bereich, damit Spiele ins richtige Licht gerückt werden?
Nein, das mache ich nicht. Wenn ich gefragt werde, werde ich dazu natürlich immer meine Meinung sagen und auch in kleineren Runden äußere ich mich dazu, aber aktiv engagiere ich mich nicht. Bei mir in Team sind aber schon Leute dabei, die das machen. Und untereinander wird natürlich besonders viel diskutiert. Aber ich habe einfach keine Zeit für die politische Arbeit und bewundere all jene, die das zum Beispiel in Form von Demos tun.

Obwohl du ja relativ wenig neben Counter-Strike spielst, womit hast du dich da zuletzt beschäftigt?
Das war Starcraft II, da habe ich mir die Beta angeschaut. Ich glaube, der Titel wird richtig groß und dann vielleicht Warcraft ablösen. Der Vorgänger Starcraft wird ja inzwischen nicht mehr so viel gespielt - zumindest nicht in Deutschland.



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