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Crimson Dragon

Crimson Dragon

Auf dem Rücken von Flugdrachen die Welt retten, es hätte so schön sein können, wenn jemand sich um die Steuerung und etwas Abwechslung gekümmert hätte.

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Der spirituelle Nachfolger der beliebten Reihe Panzer Dragoon für Sega Saturn hat eine Reihe von Stärken, die von dieser Ära des Gaming inspiriert sind. Diese Stärken sind aber auch äußerst bezeichnend dafür, wie weit Spiele sich in den Jahren entwickelt haben, seit die Panzer-Serie sich auf der originalen Xbox aus der Deckung wagte.

In aktuellen Shootern sind die fremdgesteuerten On-Rails-Passagen fast immer als kurze Ablenkung eingebaut. In der Lore durch Gears of War oder im AC-130-Gunship in Call of Duty unterwegs zu sein, das soll ein wenig Abwechslung zu den freieren Schießereien bringen. Spielerfahrungen auf Schienen sind jedenfalls eigentlich nicht mehr zeitgemäß, seit Videospiele die Freiheit und Vielfalt der offenen Welten umarmen.

Ob es nun faktisch eine Illusion ist oder nicht, die Möglichkeit selbst zu entscheiden, wie wir uns etwas nähern oder auf was wir zielen, es wird Spieler in höherem Maß in die Erfahrung einbinden. Eine Rückkehr zu den klassischen Elementen des On-Rails-Genres mag man als Nostalgiker verschmerzen. Aber die dazwischenliegenden Jahren wiegen schwer. Sie lassen jeden die Einschränkung der engen Spielerfahrung umso mehr spüren. Auf einer nagelneuen Konsole kann das größte optische Spektakel nicht verbergen, wie verrostetet die Schienen heute sind.

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Crimson DragonCrimson Dragon
Durch das Abschließen von Missionen an verschiedenen Schauplätzen auf dem Planeten steigen wir vom Anfänger zum Veteranen auf.

Wir spielen in Crimson Dragon einen Drachenreiter auf dem Planeten Draco. Eine verheerende Krankheit hat die menschliche Bevölkerung dezimiert. Manche, die die Infektion überlebt haben, sind in der Lage, eine besondere Bindung mit geflügelten Bestien herzustellen. Aufgrund dieser einzigartigen Fähigkeit werden auch wir als Drachenflieger rekrutiert, um die Welt vom Rücken eines Drachen aus zu retten. Um dies zu tun, müssen wir einfach alles in unserem Weg befindliche zerstören. Simpel.

Durch das Abschließen von Missionen an verschiedenen Schauplätzen auf dem Planeten steigen wir vom Anfänger zum Veteranen auf. Auf diesem Weg verbringen wir die meiste Zeit mit dem Ausweichen von lila- und orangefarbenen sowie knallgelben Angriffen auf die Sinne. Der Bildschirm ist manchmal derart mit Farbe bekleckert, dass es schwindelerregend wird. Außerdem ist es dadurch quasi nicht möglich zu erkennen, was gerade passiert und wo eigentlich das Ziel ist.

Das Design der größeren Feinde ist dabei ein Highlight. Riesige Feuer-Aale, mächtige Monsterpflanzen, tödlichen Drachen und fette Bosse, sie alle sind eine Pracht. Auch die von uns gesteuerten Drachen sehen fein aus. Es gibt sechs verschiedene Rassen, die sich jeweils durch den Angriffstyp unterscheiden, denn sie verwenden. Die Drachen wechseln zwischen zwei Angriffe beim Drücken des linken Triggers. Der zweite Angriff lässt sich frei wählen. Alle Attacken schweben zwischen "schwierig zu zielen, aber kraftvoll" und "präzise, aber weniger schädlich". Es ist die gleiche Geschichte mit den Eigenschaften der Drachen-Rassen, die aber erheblich variieren. Einige haben eine riesige Verteidigung aber nur schlechte Angriffswerte, während andere schnell und wendig sind, aber kaum Schaden einstecken.

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Crimson Dragon
Wer die Aufgaben erfolgreich abschließen will, braucht schnelle Reflexe und muss ständig ausweichen.

Unabhängig von diesen Parametern werden wir das gesamte Spiel über unser Fadenkreuz über ein Ziel oder mehrere Ziele bewegen und den rechten Trigger zum Feuern drücken. Manchmal reicht es, einfach den Knopf gedrückt zu halten, manchmal muss man sparsam mit Munition umgehen. Jede Mission hat drei Ziele und viele münden in einen Bosskampf. Nebenher müssen wir so viele Gegner wie möglich besiegen, Treffer vermeiden und Orbs sammeln. Die Ziele sind immer in unterschiedlicher Reihenfolge angeordnet in einem Level und einige möglicherweise nicht immer am Start. Aber wir erleben jede Zielvorgabe häufig genug, so dass der Genuss sich schnell verflüchtigt durch die stetige Wiederholung.

Wer die Aufgaben erfolgreich abschließen will, braucht schnelle Reflexe und muss ständig ausweichen. Man kann sich aber nur in einem streng begrenzten Bereich mit dem linken Stick bewegen und dazu über die Bumper eine Fassrolle nach links oder rechts machen. Den Rest erledigt das Spiel quasi alleine. Es wird uns automatisch durch die Ebene fliegen, aber nicht unbedingt auf einem klaren oder sicheren Weg. Manchmal müssen wir manuell Wänden oder Türmen ausweichen und den Drachen beiseite reißen, um Schäden zu vermeiden. Doch bei dem Versuch, Hindernissen sowie Angriffen ausweichen, stellt man schnell fest, dass man an unsichtbaren Mauern abprallt, wenn man eine Route durchsetzen will. Und das, obwohl man doch nur ausweichen wollte.

In der Panzer Dragoon-Reihe gab es ein Element der Strategie und Planung, das fest eingebaut war in die hektischen Art des Gameplays. Wir konnten die Kamera manuell um den Drachen herum schwenken und die Wellen der Feinde nehmen, wie wir wollten. Ein On-Screen-Radar lieferte eine Vorahnung, aus welcher Richtung die nächste Angriffswelle kam.

Crimson Dragon
Das Design der größeren Feinde ist ein echtes Highlight.

Heute dürfen wir zwar auch die Kamera schwenken, aber nur sehr begrenzt. Es ist ebenso ein Radar auf dem Bildschirm sichtbar, der einen aber stets desorientiert, weil er die Gegner in Relation zur Blickrichtung zeigt. So ist man quasi gezwungen, die Level auswendig zu lernen wie bei einem Old-School-Shooter. Manchmal peitscht zudem die Kamera plötzlich und automatisch in eine völlig andere Richtung. Während man sich noch von der Orientierungslosigkeit erholt, wird man böse angegriffen.

Es gibt ein paar Sequenzen, in denen wir die Schienen verlassen dürfen. Viele der Bosskämpfe erfordern es, dass wir es mit mehreren Zielen gleichzeitig aufnehmen. In diesen Momenten können wir frei in jede Richtung fliegen und zielen. Die Bumper lösen nun keine Fassrolle mehr aus, sondern lassen uns sofort die Richtung ändern. Leider fühlt sich die Steuerung nun schrecklich unhandlich an. Dass Crimson Dragon ursprünglich als reiner Kinect-Titel geplant war, man spürt es hier am deutlichsten. Erst Fanbeschwerden ließen den Entwickler zum Controller umschwenken. Möglicherweise fühlt sich das alles deswegen nicht präzise genug und reichlich ungelenk an.

Optisch geht das Spiel in Ordnung, aber es gibt hier nichts, das laut Next-Gen ruft. Es sind stets viele Farben auf dem Bildschirm, der zudem mit Feinden vollgepackt ist und landschaftlich interessante Areale zeigt. Es ist eine schicke Präsentation, aber sie zeigt eben nichts Aufsehenerregendes.

Crimson Dragon
Dass Crimson Dragon ursprünglich als reiner Kinect-Titel geplant war, man spürt es immer wieder deutlich.

Die Story zwischen den Missionen ist enttäuschend. Standbilder von Hologramm-Charakteren erklären uns die Handlung. Jeder Charakter starrt ausdruckslos nach vorne in einer einzigen, eingefroren Pose und liefert Dialoge zwischen blöd und doof. Die Geschichte ist dabei verworren. Es geht irgendwie um Verschwörungen und wer bis zum abrupten Ende dabei bleibt, wird mit einem unbefriedigenden Abschluss belohnt. Rollenspiel-Elemente sollen die Langlebigkeit über das Durchspielen hinaus erweitern. Es gibt mehr als 100 Fähigkeiten für jede der sechs verfügbaren Drachen-Rassen. Es gibt auch ein Geschäft, das Ampullen, Wiederbelebungskugeln und neue Drachen verkauft.

Einige Drachen können entwickelt werden, aber dieser Prozess gerät immer wieder ins Stocken an gewissen Punkten. Dann braucht man Elemente, die von seltenen Kreaturen fallen gelassen werden, die zufällig in irgendwelchen Missionen auftauchen. Man benötigt also im Zweifel reines Glück, um vorwärts zu kommen. Irgendwie ist das alles nett, verlängert aber nur künstlich die Spielzeit. Manchmal fühlt es sich dazu vollkommen unmöglich an, weiterzukommen, weil ein Drache einfach nicht stark genug ist. Dann muss man alte Level wiederholen, um mehr Credits zu erspielen. Jeder Drache beginnt mit ziemlich niedrigen Werten, die temporär nur durch teure Ampullen verbessert werden. Der einzige Weg, um langfristige Lösungen zu erreichen, ist es auch hier, frühere Level nochmals zu spielen. Und nochmals. Und nochmals...

Es ist eine Schande, dass es Crimson Dragon an Abwechslung im Gameplay mangelt. Diese sich ständig wiederholenden Aufgabe, und dazu die klobige Steuerung ... mit etwas mehr Arbeit hätte es eine viel bessere Spielerfahrung werden können. Stattdessen bekommt man diverse Erfolge dafür, einfach den Feuerknopf gedrückt zu halten und nach links und rechts auszuweichen schlimme acht Stunden lang. Wer ein Fan der Originalserie ist, mag das Spiel auf den ersten Blick vielleicht interessant finden. Aber Vorsicht bitte: Das hier ist eine dünne Interpretation eines Mythos, der selbst als Oldtimer in allen Belangen das bessere Erlebnis bietet.

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04 Gamereactor Deutschland
4 / 10
+
Design der fetten Gegner, extensives Spielerlebnis nach dem Beenden
-
wirkt sehr alt, nervige Steuerung, gelangweilte Story und Präsentation
overall score
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