Mit Catherine ist Atlus 2012 auf der Xbox 360 und Playstation 3 ein Spiel gelungen, das bis heute wahrhaft einzigartig ist. Das Game erzählt die romantische Geschichte eines nicht mehr so jungen Mannes, der in seinem Leben feststeckt und plötzlich an gefährlichen Alpträumen leidet. Als seine langjährige Partnerin Katherine plötzlich vom "nächsten Schritt" in der gemeinsamen Beziehung spricht, von eigenen Kindern und vom Heiraten, ist Vincent mit der Situation überfordert, denn dem gemütlichen Mittdreißiger genügt sein anspruchsloses Leben im Moment eigentlich. Zu allem Überdruss lernt Vincent noch eine wunderschöne, junge Frau namens Catherine kennen und erliegt ihrem unwiderstehlichen Charme, was der Beginn seiner ganz persönlichen Himmelsfahrt wird.
Sega hat diesen Titel nun für den PC veröffentlicht, ist dem Original beim Portieren allerdings sehr treu geblieben. Große Änderungen vermissen wir Catherine Classic, denn außer höherer Auflösung und Online-Support bietet das Puzzle-Abenteuer kaum Neues. Die japanischen Stimmen sind jetzt dabei und wir dürfen Video- und Steuerungseinstellungen vornehmen. Mit dem Controller spielt sich Vincent aber wie gehabt, weshalb wir trotzdem noch einmal reinspielen wollten.
Catherine ist ein metaphorisches Abenteuer, das von der Prämisse bis hin zum Gameplay stringent durchgestaltet wurde. Es geht im Spiel darum, unter moralischen Gesichtspunkten Vincents Zukunft zu gestalten. Wird er seine alte Beziehung aufgeben und ein neues Glück finden oder gelingt es uns, ihn durch das Minenfeld zu manövrieren, das Atlus für ihn ersponnen hat? Vincent steht vor der Mammutaufgabe, sein Leben zu verändern. An dieses Bildnis setzt passenderweise das Kerngameplay eines Puzzle-Spiels an, in dem wir Nacht für Nacht dazu gezwungen werden, die Stufen eines Turmes zu erklimmen.
Diese Komponente nimmt den größten Umfang von Catherine ein. Vincent muss einen Weg an die Spitze des Berges finden, indem er Kisten bewegt und die Umgebung clever zu seinem Vorteil nutzt. Verschiedene Gefahren, bockige Konkurrenten und komplizierte Routen erschweren die Aufgabe, die Vincent nachts den Schlaf raubt. Zwischen zwei Etappen eines Levels erreichen wir einen sozialen Bereich, in dem wir mit geheimnisvollen Schafen sprechen und uns auf die nächste Herausforderung vorbereiten. Hier wird zudem unser moralischer Kompass in einem Beichtstuhl geprüft, denn in Schlüsselszenen entscheidet Vincent aufgrund seiner aktuellen Moral selbstständig, wie er reagiert.
Das zweite Standbein des Spiels bildet die Bar "Stray Sheep". Die Geschichte von Catherine wird nämlich nicht nur von besagter Puzzle-Mechanik unterbrochen, sondern auch von abendlichen Barbesuchen. Vincent und seine Freunde treffen sich regelmäßig nach der Arbeit in ihrem Stammlokal, um gemeinsam zu trinken und den Tag ausklingen zu lassen. Durch die Interaktion mit den anderen Besuchern erfahren wir mehr über die Hintergründe eines tödlichen Gerüchts, dem offenbar auch Vincent erliegt.
Catherine ist auch ein Spiel, das von stilisierter Sexualität und Machothemen lebt. Der Titel zielt mit Stereotypen und expliziten Darstellungen auf bestimmte Zielgruppen ab, deshalb müssen wir mehrmals stumpfe Einzeiler resignierter, alter Herren ertragen oder uns mit dem Übereifer junger Hengste auseinandersetzen. Es ist keine reflektierte Auseinandersetzung mit dem Thema, eher eine kindische, pubertäre - aber das gehört eben auch dazu.
Was uns schon beim Original nicht so gefiel, ist die eindimensionale Einordnung unserer Taten in Gut und Schlecht. Unsere Statements, Nachrichten und Entscheidungen werden häufig nicht komplett nachvollziehbar in ein zweiseitiges Punktesystem gepresst, was regelmäßig (wahrscheinlich gewollt) zu Missverständnissen führt und den Fortgang der Geschichte sowie die verschiedenen Enden beeinflusst. Das Gerüst verdient zusätzliche Ausarbeitung und Feinheiten; etwas das hoffentlich mit dem neuen Charakter Rin in Catherine: Full Body (das in Japan am Valentinstag 2019) ins Spiel gelangt.
Ansonsten bietet die PC-Version von Catherine Classic den kompletten Umfang der Konsolenversionen. Neben dem Goldenen Theater, dessen Geschichte mehrere Durchläufe erlaubt, gibt es den Turm von Babel und das Kolosseum. Dort wird dem Puzzle-Gameplay der narrative Rahmen gestutzt und wir stürzen uns solo, kooperativ oder gegeneinander in die Kletterei. Das ist charmant, am Ende aber vor allem etwas für Punktejäger oder wettbewerbsorientierte Spieler (das Spiel hat nicht umsonst eine kompetitive eSport-Szene).
Catherines Adventure-Komponente bietet zahlreiche Nuancen und die auf die Spitze getriebene Geschichte unterhält bis zum klimatischen Höhepunkt sehr gut. Obwohl das Puzzle-Gameplay viele Spieler abschreckt, bietet es einen angenehmen Kontrast zum restlichen Spielerlebnis. Natürlich muss man irgendwie dafür zu haben sein muss, denn am Gameplay gibt es eben kein vorbei. Die Mechaniken sind eigen und auf dem PC bestehen in dieser Hinsicht die gleichen Schwierigkeiten, die es schon auf den Konsolenversionen gab (allem voran Kamera und Steuerung).
Nichtsdestotrotz bin ich froh, die Classic-Version vor dem Launch von Catherine: Full Body noch einmal gespielt zu haben. Heute fiel es mir jedenfalls leichter, das wunderbar abgerundete Konstrukt, das Atlus mit diesem Spiel entworfen hat, wertzuschätzen. Mit Vincents Situation werden sich sicher viele von uns ein stückweit identifizieren können, denn manche Punkte im Leben erfordern den Mut zur Veränderung. Obwohl das Thema in Catherine auf die Spitze getrieben wird, hat mich das Spiel doch noch einmal inspiriert.