Knight Rider einmal ausgenommen, sind sprechende Autos doch ziemlich kurios. Aber die Filmschmiede Pixar darf alles vermenschlichen und verniedlichen: Ratten, Fische, Monster und eben auch Fahrzeuge. Infantiles Geschrei und für ältere Menschen jenseits von 14 Jahren kaum erträgliche Farbwechsel reichen aus, um die Knirpse vor den Bildschirm zu fesseln. Eine Story ist da längst überflüssig. Muss sich also niemand wundern, wenn in Cars 2 keine zu finden ist.
Das bisschen Handlung, das im Spiel steckt, dreht sich um PKW-Agenten. Und wir sprechen hier wirklich von zum Killer ausgebildeten Vehikeln. Die aus den beiden Filmen bekannte Sippschaft rund um Lightning McQueen und Finn McMissile nimmt am C.H.R.O.M.E.-Agententraining teil und simuliert so in einer computererschaffenen Welt diverse Rennkurse. Die Crew probt somit für bevorstehende Gefahrensituationen, ohne klarzustellen, worin die Gefahr überhaupt liegt. Immerhin verkommt der ominöse Professor, der als Oberschurke herhalten soll, angesichts der wirr strukturierten Kampagne zur Nebensache. Denn die kurzen Story-Texttafeln bekommen wir in der Regel nur zu Gesicht, wenn wir nach jedem Rennen ins Hauptmenü wechseln.
Da wir uns in Cars 2 nicht für ein herkömmliches Auto, sondern für einen C.H.R.O.M.E.-Agenten entscheiden, steht auf dem Asphalt allerlei Technikschnickschnack zur Verfügung. So springen wir auf Knopfdruck etwa über Hindernisse, schlittern durch Kurven und düsen auf zwei Rädern. Für den Turboboost brauchen wir Fokusenergie, die wir durch Luftstunts, Drifts und Rückwärtsfahren sammeln. Auch Salti und Dreher sind für die Flitzer kein Problem. In dieser Hinsicht erinnert Cars 2 frappierend an das hauseigene Pure, obgleich wir es hier mit einem eher banalen Kinderspiel zu tun haben.
Alle Manöver gehen unkompliziert von der Hand, insofern man sich an die invertierte Steuerung beim Rückwärtsfahren gewöhnt hat. Da die von der CPU gesteuerten Gegner aber immer verbissener um das Siegertreppchen kämpfen, dürften junge Spieler schnell überfordert werden. Selbst fortgeschrittene Bleifüße schieben während der sechsstufigen Kampagne Frust, weil die Gegner einem ständig am Heck kleben. Wenn man jetzt nur eine Bananenschale auf die Straße werfen könnte...
Das Verlangen nach perfiden Hilfsmittelchen wird tatsächlich erfüllt, denn der Hauptreiz von Cars 2 liegt in seinen abgefahrenen Spielmodi. Im Modus Angriff etwa schnappen wir uns auf der Strecke verteilte Waffen und müssen eine bestimmte Gegneranzahl im vorgegebenen Zeitraum von der Strecke fegen. Maschinengewehr, Raketenwerfer, Ölpfützen und andere fiese Fallen versüßen das simple Spielprinzip zumindest kurzweilig und lassen alte Erinnerungen an Mario Kart aufleben. Die Kampfrennen, wo wir uns erneut mit CPU-Kontrahenten messen, sowie der Überlebensmodus erinnern unweigerlich an Designideen von Bizzare Creation für Blur.
Und: In Cars 2 versteckt sich ein weiterer Arcade-Raser. Eiern wir beispielsweise durchs sonnige Italien, überraschen uns vom Hang herunterbröselnde Gesteinsbrocken. Im nächtlichen Tokio weichen wir herabsausenden Frachtcontainern aus. Ferner können wir Kontrahenten mittels Rempeleien von der Straße drängen und so Unfälle provozieren - Split/Second: Velocity lässt grüßen. Allerdings geht das alles völlig ohne Adrenalinschübe vonstatten. Dafür ist das Spieltempo einfach zu lasch. Um nicht zu sagen: Es gibt kein Tempo. Sogar mit dem schnellsten Fahrzeug und gezündetem Doppelturbo gurken wir über die Bohrinsel, als hätten wir einen Motorschaden. Der kann aber auch nicht schuld sein, denn stotternde oder röhrende Motoren hört man in Cars 2 nie. Die schwachbrüstigen Sounds entlocken der Haube allenfalls ein frommes Gluckern.
Cars 2 mag zwar die Konzept diverser Rennspiele vereinen, fährt aber den einzelnen Vertretern in keiner Weise davon. Anstelle wahnwitziger Loopings finden wir in Disneys Automobilclub nur öde Sprungschanzen; anstatt durch Schlamm und Schneemassen bügeln wir nur über schnöde Asphaltkurse. Und Split/Second-Fans werden hinsichtlich des hier abgefeuerten Bonbonspektakels nur müde lächeln. Andererseits kann das Spiel im Kooperativmodus mit bis zu vier Spielern durchaus Laune machen. Dafür müssen wir uns jedoch zunächst durch die Kampagne quälen und alle Rennstrecken, -modi und Fahrzeuge sukzessive freischalten.
Technisch orientiert sich das Spiel an der Filmvorlage. Quietschbunte Autos brummen durch quietschbunte Levels, denen es leider an hübschen Texturen und Details mangelt. Die Strecken sind weitgehend öde und geizen mit Abkürzungen oder versteckten Pfaden. Es fehlt der gewisse Aha-Effekt. Da nervt es gleich doppelt, dass die Gegner einem mit den immer gleichen Standardkommentaren im Nacken sitzen. Dabei ist die Vertonung der 36 Fahrzeuge eigentlich die Stärke des Spiels. Unter anderem stand Dietmar Wunder hinterm Mikro, der schon Hollywoodgrößen wie Adam Sandler und Daniel Craig seine Stimme lieh.
Weil Cars 2 keinen Onlinemodus besitzt, müssen sich Nachwuchsrennfahrer gegen virtuelle Gegner behaupten oder drei Freunde um sich scharen. Fragt sich nur, wer das sein soll. Spieler, die ernsthaft ihrem Hobby nachgehen, heben beim Disney-Klamauk konsterniert die Augenbraue. Und Kinder sind trotz Autodrift-Funktion flugs ziemlich überfordert. Der Genremix aus Actionspektakel und Sonntags-Arcade-Raserei ist nett gedacht, aber Pure, Split/Second: Velocity und Blur sind in ihrem jeweiligen Spielelement viel fesselnder. Cars 2 ist letztlich nur ein weiterer Mario-Kart-Klon in typischer Pixar-Verpackung, der nicht ansatzweise dem Original nahekommt.