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Bravely Default II

Bravely Default II - Akt 1 und 2 abgeschlossen

Das Team hinter Bravely Default und Octopath Traveller ist mit einem neuen JRPG zurück.

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Bravely Default ist eines der besten JRPGs, das in den letzten Jahren veröffentlicht wurde. Wenn es um die besten Vertreter des Genres geht, sollte der Titel zusammen mit bahnbrechenden Erfahrungen wie Ni no Kuni: Der Fluch der Weißen Königin, Persona 5 Royal, Nier: Automata und Xenoblade Chronicles genannt werden - so gut ist es. Nachdem das Entwicklerteam eine Pause von der Bravely-Serie eingelegt hat, um Octopath Traveller zu entwickeln, sind sie nun bereit, um die Serie auf der Nintendo Switch zurückzubringen.

Trotz all seiner brillanten Aspekte hatte Bravely Default zwei Probleme. Das erste hängt mit der zentralen Spielstruktur zusammen, die in der zweiten Spielhälfte viele Wiederholungen verursachte, was bei vielen Spielern nicht gerade Anklang fand. Der zweite Kritikpunkt war der Tatsache geschuldet, dass es sich um ein 3DS-Spiel handelt. In Europa ist das tragbare System trotz all seiner Stärken und Vorteile einfach nicht die bevorzugte Plattform. Vor allem nicht, wenn wir von einem Titel sprechen, den man Dutzende oder vielleicht sogar Hunderte von Stunden spielt. Die begrenzte Hardware wurde dem schönen Kunststil des Spiels leider auch nicht wirklich gerecht.

Ob das erste Problem in Bravely Default II vermieden wird, bleibt abzuwarten, da ich im Zuge dieser Vorschau nur die ersten beiden Kapitel spielen konnte. In puncto Hardware liefert die Switch jedoch etwas mehr ab, als es der kleine Handheld konnte, doch darauf komme ich später noch einmal zu sprechen. Zuerst möchte ich über die Reihe an sich reden, denn es gibt bereits eine direkte Fortsetzung zu Bravely Default namens Bravely Second: End Layer. Dieser Titel findet in der gleichen Welt statt und er enthält viele der bekannten Charaktere. Bravely Default II hingegen ist ein Neuanfang mit einer ganz eigenen Welt, einer frischen Geschichte und jeder Menge neuer Spielfiguren.

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Die bekannte Spielmechanik wurde jedoch beibehalten, weshalb mich die Titel stark an Final Fantasy erinnert. Dort laufen die Installationen ebenfalls unabhängig voneinander, obwohl in den meisten Ablegern bestimmte Elemente wiederkehren. Um zu erklären, was die Bravely-Spiele konkret sind, hilft ein genauerer Blick auf die Konkurrenz: Bravely Defaults spiritueller Vorläufer dürfte wohl am ehesten Final Fantasy: The 4 Heroes of Light sein. Die Entwickler haben sich zudem viele weitere, markante Bestandteile aus den anderen Ablegern der Reihe geliehen.

Darunter den rundenbasierten Kampf aus Final Fantasy III und X, das Jobsystem aus Final Fantasy III und V, die Charaktermodelle aus Final Fantasy IX und eine Geschichte, die sich um vier Elementarkristalle dreht (was die Liste potentieller Einflüsse plötzlich stark erweitert). Voilà, fertig ist die Bravely-Reihe. Natürlich müsst ihr die alten Games nicht gespielt haben, um Bravely Default II genießen zu können. Das Abenteuer ist ein guter Startpunkt für Neulinge, doch die eigenen Wurzeln und die sichtbaren Einflüsse der alten Schule sind sicherlich ein Verkaufsargument für jene Spieler, denen der Kern und das Gefühl dieser verlorengegangenen JRPGs fehlen.

Unsere Geschichte beginnt mit einem Sturm, der unsere Hauptfigur Seth an ein entferntes Ufer im Land Halcyonia schwämmt. Dort trifft er auf Gloria, der Prinzessin des verlorenen Königreichs Musa, die außerdem die Hüterin der vier Elementarkristalle ist. Drei dieser wichtigen Energiequellen gingen drei Jahre zuvor beim Fall von Musa verloren, weshalb das Gleichgewicht der Natur nun langsam aus seinen Fugen gerät. In Begleitung des Gelehrten Elvis und der Söldnerin Adelle machten sich die Vier auf den Weg, um die vier Kristalle zu lokalisieren und die Ordnung wiederherzustellen, bevor ein alles verzehrendes Unglück ausbricht.

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Der Kern jedes JRPGs besteht aus seinen Hauptfiguren und in dieser Hinsicht scheint Bravely Default II seinem Vorgänger ein bisschen zu genau zu folgen. Im Klartext bedeutet das, dass unsere Gruppe aus zwei sympathischen Protagonisten und zwei Leuten, die wahrscheinlich in Ordnung sind, besteht. Seth ist ein ziemlich langweiliger Held und Gloria ist zu sehr die Prinzessin mit einem Helfersyndrom, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Im Laufe des Spiels wachsen alle vier Charaktere aber natürlich, was unter anderem den regelmäßigen Party-Chats zu verdanken ist.

Dabei handelt es sich um kleine Gespräche zwischen den vier Charakteren, die sehr gut geschrieben sind. Genau wie die Sketche in den Tales-of-Spielen bringen diese Unterhaltungen immer wieder die vielen Macken der exzentrischen Helden zum Vorschein. Noch wichtiger ist, dass diese Party-Chats die Dynamik zwischen allen Beteiligten stärken, wodurch sie uns langsam ans Herz wachsen. Die Sprachausgabe hilft dabei, eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, obwohl die englischen Stimmen nicht so scharf und humorvoll sind wie die japanischen Originale.

Wenn man erst einmal mit dem Spielen begonnen hat, rücken diese Bedenken schnell in den Hintergrund. Der künstlerische Stil und die Musik sind einfach hervorragend gelungen, denn das Team erweckt ihren schönen Kunststil wieder einmal ganz hervorragend digital zum Leben. Wir werden von winzigen Chibi-Charakteren, die ihre farbenfrohen Kleider erstrahlen, durch wunderschöne, exotische Städte geführt, denen bloße Screenshots nicht gerecht werden. Die Dungeons sind in den ersten beiden Kapiteln des Spiels visuell etwas langweilig, aber es macht trotzdem Spaß, sie zu erkunden und alle Geheimnisse zu finden.

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Obwohl die Entwickler dank der Switch diesmal mehr Hardware-Leistung zur Verfügung haben, treten ab und zu technische Probleme. Zum Beispiel gibt es ab und zu eine merkliche Eingabeverzögerung, während Auflösung und Bildrate in anderen Bereichen klar erkennbar abfallen. Bislang habe ich nichts Ernstes festgestellt, aber diese Aussetzer fallen natürlich auf. Was den Spaß mit aller Macht ruinieren möchte, ist die Spielwelt selbst. Die Karte ist mit herumstreunenden Monstern gefüllt, bietet abgesehen von einigen Schatztruhen und den Zugängen zu anderen Gebieten aber nicht vieles, das eine Erkundung rechtfertigt. Die Kamera bemüht sich ebenfalls darum, die Umgebung aus den am schlechtesten einsehbaren Winkeln darzustellen, was meinen Forscherdrang aktiv sabotiert. Die Kamera in den Städten und Dungeons ist statisch, was viel besser funktioniert.

Die Stimmung wird dank der musikalischen Arbeit von Revo meisterhaft eingefangen. Der Künstler ist für seine Arbeit an Attack on Titan bekannt und er hat bereits im ersten Bravely Default einen majestätischen und unvergesslichen Soundtrack komponiert. Einige der musikalischen Themen des ersten Spiels kehren in einer Abwandlung wieder zurück, doch auch der neue Soundtrack hinterlässt bislang einen vielversprechenden Eindruck. Ein kleines Minispiel, das im Hintergrund läuft, während sich die Switch im Schlafmodus befindet, gibt es auch in diesem Ableger. Diesmal segelt ein winziges Schiff über die Weltmeere und bringt uns Beute mit, sobald wir das Spiel wieder reaktivieren. Manchmal erhalten unsere Charaktere auf diese Art nützliche Gegenstände.

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Das Hauptgericht auf der Speisekarte des Spiels ist das Kampfsystem, bei dem zwei Kernmechaniken zum Einsatz kommen: Brave und Default. Prinzipiell läuft jedes Gefecht rundenbasiert ab, doch jeder Charakter kann mithilfe der Brave-Funktion mehrere Aktionen in einem Zug ausführen. Zu Beginn einer Runde erhält jede aktuelle Spielfigur einen Aktionspunkt und diesen kann sie mithilfe des defensiven Befehls „Default" für später aufsparen. Ihr könnt in einem einzigen Spielzug bis zu vier Aktionen aneinanderreihen, allerdings solltet ihr dafür den richtigen Moment abpassen.

Wenn ihr euer Team dringend wiederbeleben und heilen müsst oder wenn der Feind gerade seine Schwachstelle offenbart, ist der ideale Zeitpunkt gekommen, um die aufgesparten Brave-Punkte zu verwenden. Ihr könnt euch auf diese Weise auch überanstrengen und Aktionspunkte ausgeben, die ihr noch gar nicht akkumuliert habt. Dann müsst ihr allerdings damit leben, dass der jeweilige Charakter für die nächsten Runden inaktiv bleibt und sich nicht gegen feindliche Angriffe wehren kann. Um die Kämpfe der Bravely-Serie erfolgreich zu bestehen, ist es entscheidend zu wissen, wann man die beiden Funktionen einsetzt und wie man das Beste aus diesem System herausholt.

Sobald ihr dieses System beherrscht, könnt ihr die Schlachten auf die vierfache Geschwindigkeit ankurbeln und den Charakteren beim Speed-Grinden zuschauen. Bravely Default war übrigens eines der ersten Spiele von Square Enix, bei dem ihr die Kampfgeschwindigkeit selbstständig regulieren konntet. Seitdem haben wir das Feature in vielen Remastern gesehen und wenn wir ehrlich sind, profitiert eigentlich jedes JRPG ab irgendeinen Punkt davon.

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Besiegen wir zum ersten Mal einen neuen Boss, belohnt uns das Spiel mit einem sogenannten Asterik-Juwel, das uns einen neuen Job (eine Charakterklasse) zur Verfügung stellt. Dadurch erhalten unsere vier Helden Zugang zu neuen Fähigkeiten, die wir in Kämpfen mit Erfahrungspunkten und Jobpunkten verbessern und ausprägen. Die Charaktere können sowohl einen Hauptjob als auch einen Nebenjob ausrüsten, allerdings entwickelt ihr nur den ersten Job mit gesammelter Erfahrung weiter. Die passive Klasse gewährt euch weiterhin Zugriff auf die Fähigkeiten des jeweiligen Asteriks.

Sobald ein Charakter ein bestimmtes Joblevel erreicht hat, schaltet sie oder er entsprechende passive Fähigkeiten frei, die ihr unabhängig von euren aktiven Jobs ausrüsten könnt. Das Experimentieren mit all diesen Möglichkeiten und die Kombinationen aus den Kampfmechaniken Brave/Default ergeben ein wirklich lohnendes Kampfsystem. Die Gameplay-Schleife weitet sich immer weiter aus, sobald ihr einen neuen Asterik gefunden habt. Die frühen Jobs sind Standardkost für jeden Rollenspielkenner, aber nach zwei Kapiteln gibt es bereits einige interessante, neue Klassen, mit denen man experimentieren kann.

Schon in den anfänglichen beiden Abschnitten des Spiels sind sicherlich viele der Grundbausteine ersichtlich, die man von einem Bravely-Default-Spiel erwarten würde: Eine wunderschöne Präsentation, ein faszinierendes Kampfsystem, ein Soundtrack, der scheinbar immer die richtige Stimmung schafft, und eine Gruppe von vier Hauptfiguren, bei denen eine Hälfte interessanter ist als die andere. Ob diese Formel von gut zu großartig heranwächst, bleibt abzuwarten, aber die Zeichen dafür sind vorhanden. Die Wendungen in der Geschichte haben Bravely Default damals über die Konkurrenz gehoben, doch wir brauchen mehr Zeit mit dem Titel, um überprüfen zu können, ob die Fortsetzung dieses Kunststück wiederholen kann.

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