Stuart Black hat bei Codemasters begonnen an jenem Spiel zu arbeiten, das als der geistige Nachfolger des Chaos-Shooters Black beschrieben wird. Bodycount ist allerdings nicht genau das nicht, wie er es selbst formuliert.
Stuart Black, Sie behaupten, das Ballern neu definieren zu wollen mit Bodycount?
Mit Black habe ich damals eine ganz besondere Art von Ballern ausprobiert. Ein intensives Bauchgefühl anheizen und das verbessern, darum ging es und geht es. Es ist schwer, das sinnvoll in Worte zu fassen, weil eben alles über das Gefühl funktioniert. Wie sich etwas anfühlt, das beeinflusst jeden Moment des Spiels. Es geht um die Reaktion des Spiels auf den Spieler, wenn er den Auslöser drückt. Und da man den Abzug eine Menge drücken wird in Bodycount, sollte dieses Erlebnis besser beeindruckend, vielseitig und anders als alles sein, was die Spieler bereits einmal erlebt haben.
Wie sehen Sie das Shooter-Genre heute und was will Bodycount konkret anders machen, wie will es sich unterscheiden?
Es läuft doch okay für das Genre. Aber es gibt viel zu viele Duck-dich-weg-Shooter, die auf einer simplen Whac-A-mole-Mechanik (Anm. d. Red.: dem Haudrauf-Prinzip) beruhen. Aber Trends kommen und gehen. Bei der Story ist das enger begrenzt. Ich habe genug von gefährlichen Männern in grausamen Welten. Es ist deprimierend und langweilig, wenn man quasi die Story im Geiste nach und nach abhakt. Ich will einfach nur Spaß haben. Bodycount steht dafür, dem Spieler eine konsequenzlose Entschuldigung zu geben, in der eigenen virtuellen Welt Zeug in die Luft zu jagen. Es gibt natürlich schlechte Menschen in dieser Welt. Böse Neonazi-Dreckssäcke, die sich The Target nennen. Und man selbst kann The Network beitreten und helfen, die Nazis zu eliminieren.
Zerstörbare Umgebungen sind etwas, was uns in vielen Spielen versprochen wurde - mit unterschiedlichem Erfolg. Wie wollt ihr das besser machen?
Wir sind nicht darauf aus, etwas "besser zu machen" als andere. Bei der Konsolenentwicklung dreht sich alles darum, wo man das Geld ausgibt und welche Tech-Tricks man in petto hat, um die Dinge schnell und billig zu tun. Wir haben jedenfalls viel Energie in Zerstörung investiert. Mehr als jeder andere. Ich bin übrigens sturer, wenn es um Munitionseinschläge in Beton geht, als irgendjemand sonst auf diesem Planeten. Deshalb haben unsere Einschläge eine bessere Klangqualität und eine detailliertere Optik, die, wenn man sie über alle Oberflächen und Gegenstände betrachtet, eine innere Intensität entwickelt, die sehr befriedigend und lecker ist. Man will einfach das Zeug zermöbeln, weil es sich so gut anfühlt. Diesen Moment jagen wir - damit sich unsere Spieler mächtig und glücklich fühlen. Wir wollen ihnen ein emotionales Hoch geben, den Leuten helfen, sich am Ende eines blöden Tages besser zu fühlen. Zeug in Schutt und Asche zu legen und Bösewichte abzuknallen, das ist ein tolles Stressventil. Funktioniert jedenfalls prima für mich.
Wie wird die Zerstörung im Multiplayer umgesetzt werden?
Alles ist im Multiplayer exakt so umgesetzt wie im Solomodus.
Was wird im Multiplayer eigentlich das Besondere sein?
Wie die anhaltende Zerstörung die Art der Schusswechsel verändert. Am Anfang, in einer unberührten Welt, dreht sich alles um das SMG und die Schrotflinten. Die sind brillant darin, sich durch Wände zu ballern. Wenn die Welt auseinander gerissen ist, öffnet sich die Sicht und die Sturmgewehre dominieren. Bis zu dem Stadium, wo man durch ein ganzes Gebäude blicken kann. Und dann kommt das Scharfschützengewehr zu seinem Recht. Das ist alles sehr dynamisch und wir erkunden noch die Taktiken, die sich daraus entwickeln. Besonders interessant ist es, wenn wir das mit unserem Lean-Cover-System kombinieren. Es gibt da einzigartigen, hinterhältigen Kram, den ich jetzt natürlich niemals offenbaren werde. Es wird interessant sein zu sehen, wie schnell die Spieler das entdecken und die passenden Gegenangriffe entwicklen.
Wie viel vom Geiste eines Black oder Operation Flashpoint wird im fertigen Spiel noch spürbar sein? Wie wird sich das äußern?
Black war ein sehr wichtiges Spiel für mich als Designer. Ich hatte damals eine sehr präzise Vorstellung davon, wie es sich anfühlen sollte. Wie es dann bei den Fans ankam, die es auch noch heute rund um die Welt hat, war sehr erfreulich und gab mir Vertrauen und Sicherheit, das meine ursprünglichen Instinkte richtig waren. Tatsächlich will ich aber gerade nicht Black 2 machen. Bodycount wird erheblich davon abweichen, was ich mit Black 2 gemacht hätte. Meine Hoffnung ist, dass die Fans zufrieden sind, dass alles das, was sie an Black lieben, immer noch präsent ist. Das Gefühl ist da. Aber da ist noch so viel mehr. Wir hoffen, dass sie unsere Welt entdecken, ihre Charaktere und das Gameplay. Durch den Lauf einer Waffe, eine Kugel nach der anderen.
Wurde die ursprüngliche EGO-Engine für Bodycount stark verändert?
Ich bin ein kreativer Mensch, also nicht so 100-prozentig der Tech-Typ. Aber EGO wird ständig weiterentwickelt. Ich bezeichne die Engine als Bank, weil das eine Team etwas hineinbringt, das ein anderes wieder herausziehen kann. EGO hat zum Beispiel nichts mit dem Zershreddern der Welt und der Objekte zu tun gehabt. Wir schrieben das Zeug und jetzt ist es in EGO. Umgekehrt hat das Rennspielteam einige tolle Physikelemente eingebracht, Online Host-Client-Geschichten und viele Kleinigkeiten wie die Wasser-Simulation. Wir haben das angepasst, was uns eine Menge Zeit spart und es ermöglicht uns zudem, Funktionen zu nutzen, die sonst nicht nutzbar wären. Alle internen Codemasters-Spiele sind eine Darstellung der Leistungsfähigkeit und Flexibilität von EGO.
Wie genau wird die Bullet Bar funktionieren?
Das weiß ich etwa drei bis vier Monate vor der Veröffentlichung. Im Moment haben wir ein paar Ideen für Chance-Risiko-Loops. Das sind die Bullet Bar, die Kill Chains und Hot Zones. Alle, eine oder keine könnten es ins fertige Spiel schaffen. Es hängt alles davon ab, wie gut sie funktionieren und wie sie sich in das Gesamtkonzept integrieren. Die Bullet Bar belohnt es, die Treffer am laufen zu halten. Spezialmunition wird als Belohnung in die Magazine fallen, um die bösen Jungs damit zu frühstücken. Wer einen Treffer auslässt, wird verwundbar und versaut deswegen etwa das Nachladen. Kill Chains sind von Prügelspielen inspirierte Verkettungen. Es geht um die Reihenfolge und in welcher Art und Weise die Feinde erschossen werden. Der letzte in der Kette lässt eine dicke Belohnung in Form von Intel fallen, die man gegen zusätzliche Charakter-Fähigkeiten oder Waffen-Upgrades tauschen kann - oder damit taktische Luftangriffe aus Hubschraubern, Predator-Drohnen oder mobile Kampfeinheiten zur Hilfe ruft. Hot Zones verbinden Kill Chains und Intel. Sie beeinflussen die Art der Feinde und worauf diese ihre Aufmerksamkeit richten.
Ihr habt uns mit Waffen gelockt, die uns das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen sollen...
Ah, die Knarren. Darum geht's doch. Niemand wird seinen Weg durch Bodycount mit Quatschen, Tauschen oder Puzzeln verbringen. Die gesamte Interaktion kommt durch den Lauf einer Waffe. Wir sind von Heckler & Koch inspiriert, von Sig Sauer, Walther und Glock. Das Waffendesign ändert sich nicht sehr schnell, so muss man sorgfältig auswählen, bevor etwas Neues auf den Tisch kommt. Wie bei allem geht es auch hier nicht darum, die Wirklichkeit nachzubilden, sondern sie als ein Sprungbrett zu einer übertriebenen, verrückten aber immer noch coolen Interpretation ihrer selbst zu verstehen. Unsere Waffen sind wie wilde Tiere: kaum kontrollierbar und sie brüllen, wenn man den Abzug drückt.
Es mag vielleicht heute finanziell sinnvoll sein, ein Spiele so ähnlich wie Modern Warfare 2 zu machen. Bodycount scheint nicht diese Art von Spiel zu sein. Es es nicht ein großes Risiko, nicht den sicheren Weg zu nehmen?
Nein, das Risiko wäre, Modern Warfare kopieren zu wollen. Mal ehrlich, sie machen nicht gerade eine Menge falsch damit. Es gibt nicht viel Gelegenheit zu sagen: Hey, schaut mal, was wir besser machen. Wir müssen jenen Raum finden, der neben Modern Warfare oder Halo oder Bioshock oder Battlefield existiert, oder jedem Game, dass man als Genre-Anführer wahrnimmt. Egoshooter werden seit Ewigkeiten als überfrachtetes Genre bezeichnet. Das hat keines der genannten Spiele daran gehindert, zu einem unverzichtbaren Spiel zu werden. Ich mache Bodycount, weil ich glaube, dass nur wir so ein Spiel abliefern können und dass es dieses Spiel geben muss! Die Zeit hat mir gezeigt, dass niemand kommt und den Raum ausfüllt, den Alex Ward und ich mit Black definiert haben. Etwas wie Modern Warfare oder Rainbow Six: Vegas wurde wahrscheinlich von Black vage beeinflusst. Aber das ist alles, es ist - vage. Sie haben eben ihre eigenen Interessen. Vermeintliche sichere Routen sind riskant, gerade weil sie sich sicher anfühlen. Es gibt aber keinen sicheren Weg. Mache lieber etwas Neues, dass die Menschen fasziniert und unterhält. Liebe es und übertrage diese Liebe auf die Spieler. Mache Menschen glücklich.