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Artemis Fowl

Artemis Fowl

Die Disney-Adaption eines Roman-Klassikers ist gelandet, doch ob der Film seinem illustren Ausgangsmaterial gerecht werden kann?

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Man mag von dem vom Schauspieler ins Regisseur-Fach gewechselten Kenneth Branagh halten was man will, aber er ist sicher nicht schlecht oder gar von Talent befreit (mit Filmen wie Mord im Orientexpress oder Thor bekam er schließlich sogar ein paar positive Kritiken). Wie es jedoch dazu kam, dass er jetzt Artemis Fowl machen durfte, ist mir absolut schleierhaft. Tatsächlich ist es bizarr, dass überhaupt irgendjemand bei Disney auch nur einen einzigen Blick auf die Kinoadaption von Eoin Colfers Romanen werfen und danach ruhig weiterschlafen konnte. Es gibt zwar sicher schlechtere Filme, als Artemis Fowl, aber nur wenige besitzen die völlig fehlplatzierte Arroganz zu glauben, dass ihr fabrizierter Quatsch gelungen oder gar großartig wäre, wenn das Ergebnis eigentlich doch so abstoßend und völlig sinnbefreit ist.

Aber langsam... Der gefeierte Dramaturge Conor McPherson, von dem das Skript für dieses Projekt stammt, hat ein Drehbuch über den namensgebenden Artemis Fowl - gespielt von Ferdia Shaw - geschrieben. Es ist die Geschichte eines zwölfjährigen Kindes, großgezogen von seinem Millionärsvater, gespielt von Colin Farrell. Als der vermisst wird, geht Artemis Junior auf die Suche und entdeckt dabei eine Welt voller Feen und Trolle. Diese Reise führt ihn durch mystische Wälder und in hochtechnisierte Städte unter der Erde.

Wer die Romane Colfers gelesen hat weiß, das seine Geschichten mehr zu bieten haben, als die meisten anderen Bücher dieses Genres. Davon ist in diesem Film nur leider nichts zu spüren. Die Leistungen der Darsteller reichen von abwesend (als hätte Colin Farrell schon geahnt, wie sich das Projekt entwickelt) zu laienhaft armselig. Die meisten Szenen, in denen Artemis mit der Fee Holly Short interagiert, die von Lara McDonnell gespielt wird, müssen leider so bezeichnet werden. Das mag harsch klingen, aber die Kinder sind eigentlich nie glaubwürdig, sie zeigen keine Skepsis und keine Angst, ja nicht einmal ihre Naivität oder eine positive Sichtweise kommt zum Ausdruck. Jeder Satz wirkt hölzern und wie abgelesen.

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Artemis Fowl

Die große Judi Dench liefert als knallharte Polizeichefin ab, aber das reicht einfach nicht aus, um den unerträglichen Charakter von Artemis auszugleichen. Damit spielt Colfer auch in ihren Romanen, aber dort bekommen wir immerhin die nötige Zeit, um uns an seinen starken Glauben an die eigenen Fähigkeiten zu gewöhnen. Hier ist er nur ein verzogenes Balg, das seinen Vater zurückhaben will und dem es egal ist, wen er dafür runtermachen, zerstören oder schief ansehen muss. Der mangelnde Charme von Ferdia Shaw ist ein Problem, aber nicht das Problem.

Dieser Film entwickelt sich in einem so atemberaubenden Tempo, dass man ohne Kenntnis der Vorlage kaum hinterherkommt. Gleichzeitig werden uns sinnlose Details um die Ohren gefeuert, als gäbe es kein Morgen mehr. All das geschieht, ohne auch nur einen Charakter nachvollziehbar zu präsentieren oder den Zuschauer eine Bindung zu ihr oder ihm aufbauen zu lassen. Und das ist keine Übertreibung - es ist wirklich schwer, all die Informationen zu verdauen, mit denen wir von der ersten Minute an überhäuft werden.

Andere Filme mit weitreichender Hintergrundgeschichte erzählen leicht verdauliche Story-Häppchen, während Artemis Fowl uns einfach alles gleichzeitig beibringen will, was diese Welt zu bieten hat. Jede einzelne Dialogzeile ist erklärend und wir bekommen unwichtige Informationen dargeboten, wann immer einer der Charaktere den Mund öffnet. Nach 15 Minuten sind quasi keine Geheimnisse mehr übrig, jeder Stein wurde umgedreht und es bleiben keine Fragen - nur Erklärungen und sinnloser Kontext.

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Ihr habt sicher schon häufiger mittelmäßige Geschichten mit tollen Effekten und wunderbaren Szenarien gesehen, doch nicht einmal das bekommt Artemis Fowl hin. Branagh konzentriert sich stattdessen auf wackelige Kampfszenen und selbst die wirken hastig zusammengestrickt und nicht wie aus einem Film, der beeindruckende 125 Millionen US-Dollar gekostet hat. Selbst auf die visuellen Effekte ist kein Verlass und wenn die über Bord gehen, was bleibt uns dann bitte noch?

Eoin Colfers Romane haben mehr verdient als das hier. Einen besseren Regisseur, ein besseres Skript, bessere Effekte und insgesamt einfach mehr Zeit, Mühe und Arbeit. Es hätte eine behutsamere Einführung gebraucht, überzeugendere Dialoge, glaubwürdigere Charaktere und ein Gefühl von Größe und der Abenteuerlust - all das ist in den Romanen zu finden. Artemis Fowl ist daran aber grandios gescheitert und kann getrost in einem Atemzug mit Cats erwähnt werden, so schlecht ist das hier.

Artemis Fowl
02 Gamereactor Deutschland
2 / 10
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