Seit Nintendo 2015 auch Spiele für Smartphones veröffentlicht, tauchen die Apps in den Charts der App-Stores und bei Google Play auf. Mit Animal Crossing: Pocket Camp ist Nintendo wieder in der Top 10 gelandet und das Spiel wurde bereits in der ersten Woche über 15 Millionen Mal heruntergeladen. Wir wollten mal sehen, was der Wirbel soll und haben unser eigenes Camp gestartet.
Das Animal Crossing-Franchise ist für seine charmante Schlichtheit berühmt. Früher sind wir in eine hübsche kleine Stadt gezogen, in der wir ein ruhiges und entspanntes Leben führten und nebenbei Früchte sammelten, Blumen pflanzten oder Käfer und Fische fingen. Ja, wir hatten Schulden bei Waschbär Tom Nook, aber im Gegensatz zum realen Leben durften wir unsere Schulden abbezahlen, wann immer wir wollten. Wir konnten Möbel kaufen und auch Kleidung und dadurch unsere Spielfigur und unser Reich frei nach unseren Vorlieben individualisieren. Menschenähnliche Tiere leben in der Stadt und mit gefundenen Schätzen erlangt man ihre Freundschaft. Irgendwann geben sie uns ein Foto von sich - das ultimative Zeichen ihrer Vertrautheit. Klingt einfach, oder?
Das ist das Gerüst, auf das das Spiel voller liebenswerter Figuren und sozialer Ereignisse aufbaut, doch nebenbei gab es immer genügend Zeug, das wir sammeln konnten. Es war die perfekte Umgebung zum Entspannen und um dem täglichen Stress zu entfliehen. Die schlichte Struktur hat viele Herzen erobert und mit Animal Crossing: Pocket Camp hofft Nintendo auf einen ähnlichen Effekt. Wir können Möbel kaufen und auch Kleidung, dürfen unser Haus umdekorieren und unsere Spielfigur nach unseren Wünschen ausstatten. Animal Crossing: Pocket Camp baut auf die gleiche Struktur auf, eben nur ein wenig schlichter, um der Plattform gerecht zu werden. Statt einer ganzen Stadt gibt es nicht mehr als ein kleines Camp. Wir sammeln immer noch Möbel, aber es wirkt etwas merkwürdig ein leeres Feld mit Sofas und Betten zu dekorieren...
In Animal Crossing: Pocket Camp besitzen wir kein Haus, sondern eine mobile Unterkunft. Statt einem etwas habgierigen Waschbären gibt es hier drei italienische Pinguingeschwister (fragt nicht), bei denen wir in der Kreide stehen. Wir können Möbel kaufen und unser Wohnmobil damit ausstatten und streichen, aber das kostet natürlich (der Reiz hat sich mir ohnehin nicht erschlossen). In den Animal Crossing-Spielen konnte man zuhause bislang immer Tiere halten, in unserem neuen Zuhause passiert einfach nichts Interessantes. Deshab fahren wir ständig ans Meer und erkunden kleine Inseln und Strände in der Nähe. „Klein" ist hierbei das Schlüsselwort, denn viel zu sehen gibt es nicht. Auf der Erkundungstour sammeln wir entweder Käfer oder angeln nach Fischen, wobei beides ziemlich einfach ist. Wir müssen dazu nur auf das Tier tippen, das wir fangen wollen und die Eingabe anschließend noch einmal bestätigen, sobald der Befehl zum Fangen auf dem Bildschirm auftaucht. Es könnte einfacher kaum sein, Fehlversuche sind daher eher selten. Zur Abwechslung liegen ab und zu aber immerhin unterschiedliche Früchte und Muscheln herum.
Jede Insel hat zwei unterschiedliche Besucher, die ungefähr alle zwei Stunden wechseln. Welche Besucher das sind, ist meistens zufällig und wir dürfen sie anschließend in ihrem Camp besuchen. Vielleicht haben euch eure Eltern davor gewarnt einfach in die Wagen von Fremden einzusteigen, aber in Animal Crossing ist das völlig ungefährlich und normal. Neu ist die Markt-Kiste in der wir Früchte, Muscheln oder Käfer verkaufen können. Da aber alle Spieler die gleichen Gegenstände fangen und sammeln ergibt der Handel insgesamt keinen großen Sinn. Tatsächlich erweitert die Interaktion mit anderen Spielern das Spiel in keinster Weise, außer der sozialen Interaktion (sonst ist man halt allein).
Die Spieler müssen nicht online sein, damit wir sie besuchen können - die Begegnungen sind also nicht „live", wie in den anderen Animal Crossing-Spielen. Das ist ja auch nicht unbedingt schlecht, denn dadurch dürfen wir unsere Freunde besuchen, wann immer wir wollen und gerade Zeit haben. Leider macht auch diese Komponente wenig Sinn, da man beim Besuch nichts anderes unternimmt, als dem Gastgeber Kudos zu überreichen und das hat im Grunde keinen Wert.
Die anderen Besucher sind die menschenähnlichen Tiere. Mit ihnen dürfen wir uns anfreunden, indem wir ihnen Sachen schenken. Das funktioniert glücklicherweise in beide Richtungen, denn wenn wir einem Tier einen Gefallen tun, belohnen sie uns manchmal mit Material, mit dem wir wiederum Möbel beim lokalen Schmid (ein blaues Alpaca mit dem Namen Cyrus) herstellen. Hier treffen wir auch auf bekannte Gesichter aus den früheren Spielen, darunter die Able-Schwestern, die ihre Kleidung auf dem Marktplatz verkaufen, und auf dem Neffen Tom Nooks', der uns Möbel verkauft. Tom selbst dürfen wir ebenfalls in unser Camp einladen, allerdings kostet das satte 250 Blatt-Tickets (die Premium-Währung).
In Pocket Camp wird einem das Freundschaftslevel angezeigt, das wir mit jedem der unterschiedlichen Tiere erreicht haben. Ist der Rang hoch genug, dürfen wir das Tier zu uns einladen. Wie im richtigen Leben gibt der Besucher vorher eine Liste mit Forderungen ab, die wir erfüllen müssen, bevor die Bewirtung beginnt... Jeder Besucher hat seinen bevorzugten Einrichtungsgeschmack, der von sportlich bis niedlich reicht. Dekoriert euer Camp dementsprechend und ihr werdet mit ihrer Anwesenheit beglückt. Einmal eingeladen, hängen die Tiere für immer in eurem Camp ab, aber wir können sie natürlich wieder wegschicken oder wieder neu einladen, wann immer uns danach ist.
Animal Crossing: Pocket Camp ist Free-to-Play, aber es gibt natürlich die Option echtes Geld auszugeben. Mit Blatt-Tickets können wir Möbelbestellungen beschleunigen oder fehlende Materialien nachordern. Die Blatt-Tickets lassen sich leicht im Spiel sammeln, aber manchmal ist es verlockend, die eine oder andere Aktion zu beschleunigen. Obwohl diese Version von Animal Crossing viele Gemeinsamkeiten mit ihren Vorgängern hat, schafft sie es nicht die gleiche Stimmung zu erzeugen. Animal Crossing: Pocket Camp hat nicht den Charme anderer Ableger des Franchise und ist ein sich ständig wiederholendes und eher banales Spiel. Statt eines spaßigen und abenteuerlichen Trips, hat man hier eher das Gefühl von Arbeit. Natürlich ist die Erweiterung des Spiels simpel und ich hoffe Nintendo bringt ein paar besondere Ereignisse hinzu - vielleicht die Möglichkeit „live" mit anderen Spielern zu interagieren; irgendetwas, das es doch noch schafft, den Charme der Vorgänger einzufangen. In seiner jetzigen Form wirkt der Titel nämlich stark limitiert, aber immerhin hat er Potential.
Das große Plus des Spiels ist seine Zugänglichkeit. Das Camp lässt sich wortwörtlich in unserer Tasche mit uns herumtragen und die Optimierung des Erlebnisses ist großartig gelungen (und kommt ohne große Ladezeiten aus). Die Grafik ist niedlich, doch die Zwischensequenzen lassen sich leider nicht wegklicken, wodurch das Spiel noch mehr wie eine ständige Wiederholung wirkt. Animal Crossing: Pocket Camp startet wie die meisten dieser Apps anfangs durch die Popularität beflügelt unglaublich durch und verblasst danach recht schnell. Besucht irgendjemand noch sein Alter Ego in Miitomo und wann habt ihr das letzte Mal Bälle auf Taschenmonster geworfen? Pocket Camp könnte sich in beide Richtungen weiterentwickeln. Wenn Nintendo das Spiel verbessert und erweitert, dann gibt es Hoffnung, aber ich vermute viele unglückliche Camper werden ihr Camp aus ihren Taschen löschen.