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Grand Theft Auto: The Trilogy - Definitive Edition

Grand Theft Auto: The Trilogy - Definitive Edition

Der Titel "Definitive Edition" ist irreführend.

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Für viele Fehler dieser drei Spiele dürfte ein Algorithmus verantwortlich sein. Schade, dass sich Rockstar nicht die Mühe gemacht hat, sich selbst damit zu beschäftigen.

Grand Theft Auto III trieb nicht nur das Action-Genre, sondern auch gleich die gesamte Spielewelt voran, als es aus dem kleinen schottischen Team Rockstar Games einen der angesehensten Entwickler der Welt machte. Die dynamische Spielstruktur, die offene, tonal düstere und gewalttätige Spielwelt, die popkulturellen Anspielungen, die Wahl der Musik und die erwachsene, filmreife Geschichte haben einen der wichtigsten Titel der Spielegeschichte hervorgebracht.

Als Rockstar ein paar Jahre später daran anknüpfte, das Setting und den Schauplatz des Spiels wechselte, um uns in Scarface-Vibes und Miami-Vice-Ethik zu ertränken, habe ich mich erneut verliebt. GTA: Vice City bot eine Reihe von Gameplay-Verbesserungen und baute Rockstars fantastische Fantasie auf einem Niveau weiter aus, mit dem kein anderer Spieleentwickler zu dieser Zeit mithalten konnte. In San Andreas tauschte Rockstar lila Jacken und Discomusik gegen das Gangleben der Neunzigerjahre aus und orientierte sich an Filmen, wie Boyz n the Hood - Jungs im Viertel, Juiced - City War und Menace II Society.

Den Houser-Brüdern haben wir es zu verdanken, dass so viele Menschen auf der ganzen Welt diese Ära und die damit verbundenen Probleme kennengelernt haben. Der gewählte Ton, die Art und Weise, wie sie ihre Charaktere schrieben und alles mit der richtigen Musikauswahl abstimmten, das sorgte dafür, dass diese drei Spiele zu kulturellen Ikonen ihrer Zeit wurden. Auch heute noch sind sie einige der beliebtesten Actionspiele aller Zeiten. Als vor ein paar Monaten endlich offiziell enthüllt wurde, dass Rockstar an verbesserten, neuen Versionen dieser Titel arbeitet, gehörte ich zu denjenigen, die ihre Brieftasche vorbereiteten.

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Am Donnerstagmorgen wurde diese Sammlung veröffentlicht und meine ersten Stunden mit dem Spiel waren leider nicht so unterhaltsam, wie ich es mir erhofft hatte. Rockstar wollte uns vorab keine Testversion von GTA: The Trilogy - Definitive Edition zusenden, was nicht immer aber sehr häufig vor alles eines bedeuten kann: Das Spiel braucht mehr Zeit. Obwohl diese Ausgabe sicherlich ein paar Vorzüge bietet, die ich weder ignorieren noch nur am Rande erwähnen werde (ich komme gleich dazu), schauen wir uns hier ein Trio von Playstation-2-Spielen an, die in diesem Zustand voller Bugs und technischer Unzulänglichkeiten erscheinen. Es fällt mir offengestanden schwer, darin etwas nicht ausschließlich Negatives zu erkennen.

Hinter dieser Sammlung steht das in Florida ansässige Unternehmen Grove Street Games, das seit nunmehr zehn Jahren Rockstars Spiele für verschiedene Formate und Plattformen umsetzt. Grove Street hat unter anderem die iPhone-Versionen aller drei Titel entwickelt, die vor etwas mehr als zehn Jahren unter dem Beinnamen "10th Anniversary Edition" erschienen sind. Es ist klar, dass es diese Versionen sind, die nun auf aktuelle Plattformen konvertiert wurden. Wir sprechen hier also nicht wirklich von PS2-Spielen, die die Grundlage der überarbeiteten Definitive Edition bilden, sondern von zehn Jahre alten Handyspielen, die von der Spiele-Engine Renderware auf die Unreal Engine 4 übertragen wurden. Ich kann nur mutmaßen, wie der Produktionsablauf aussah, doch es gibt viele Anzeichen dafür, dass die eigentliche Arbeit auf eine Vielzahl automatisierter Systeme zurückgeht, die Texturen hochskalierten, die Spielphysik überarbeiteten und Lichteffekte hinzufügten.

Die Beleuchtung in diesen Versionen ist deutlich besser, vor allem in Vice City und San Andreas. Volumetrische Lichteffekte lassen die Spiele moderner aussehen und sie schaffen eine grafische Atmosphäre, die in den Originalen nicht bestand. Autoscheinwerfer, Straßenlaternen, Neonschilder und nicht zuletzt das Mondlicht beleuchten die virtuellen Städte auf eine Art und Weise, die diese alten Klassiker noch nicht zuvor gesehen haben. Leider ist das so ziemlich die einzige Verbesserung, die ich erkennen kann.

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Die alte und klobige Spielmechanik, die laut Rockstars geschicktem Marketingteam "so verbessert wurde, dass sie sich mehr wie ein modernes GTA anfühlt", ist weitgehend unverändert und somit nicht gegeben. Alle drei Protagonisten in den drei Spielen bewegen sich wie klobige Klötze durch die Gegend. Vor allem in GTA III fühlen sich sowohl das Fahren als auch das Gunplay äußerst zäh und mühsam an. Nach diesen großen Versprechen hatte ich natürlich etwas mehr erwartet, denn diese drei Meisterwerke hätten größere Anstrengungen verdient.

Grand Theft Auto: The Trilogy - Definitive Edition
Wie ihr seht, seht ihr auf diesem Bild nichts. Bei solchen Regenfällen könnt ihr kaum noch etwas machen.
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Ein weiterer Aspekt, der sich weitgehend verschlechtert hat, ist das Aussehen der Charaktere. Der Algorithmus, der vielleicht sogar wirklich eine Handvoll von Charakteren aus diesen drei Spielen verbessern konnte (ich habe sie bestimmt nur einfach nicht gefunden), sabotiert das Erscheinungsbild etlicher Charaktere, die in den Geschichten der drei verschiedenen Spiele eine wichtige Rolle spielen, gravierend. Die Definitive Edition dieser Trilogie erschafft so viele Abziehbilder, die mich zum Lachen gebracht haben, und zwar auf hysterische Art und Weise. Grove Street Games verwandelt Hardcore-Gangmitglieder, Straßenschläger, Mafiosi und Gangster in etwas, das eher aus Die Sims zu stammen scheint und das führt natürlich zu einer gewissen Portion unfreiwilliger Komik. Ich hätte in jedem Fall die originalen Charaktere bevorzugt, vielleicht mit etwas schärferen Texturen. Dass manuell überarbeitete Gesichter viel Arbeit erfordern, verstehe ich natürlich, aber dafür werden die Entwickler schließlich ja auch bezahlt.

Abgesehen davon stören mich die Bugs und all die technischen Fehler, die in dieser Sammlung enthalten sind. Es wäre eine Sache, wenn das Projekt von einer kleinen Gruppe von Amateur-Moddern entwickelt und kostenlos veröffentlicht worden wäre, aber hinter dieser Produktion steht ein auf Konvertierungen spezialisiertes Studio, das für eine der mächtigsten Spielefirmen der Welt arbeitet. Diesen Menschen steht so viel Geld zur Verfügung, wie man sich nur vorstellen kann, und trotzdem behandeln sie ihre eigenen Klassiker mit dieser beleidigenden Ignoranz.

Die Portierung zwischen Renderware und Unreal Engine hat die Dichte vieler Materialien verändert, was dazu führt, dass man jetzt durch Brücken, Gebäude und andere Dinge hindurchfahren kann, während so etwas wie Büsche oder Gras zum abrupten, unfreiwilligen Stopp führen. Ich verstehe absolut, dass dieser Teil der Portierung ebenfalls automatisiert wurde - weil es extrem zeitaufwändig wäre, all diese Dinge in den drei riesigen Action-Titeln genau zu überprüfen. Aber wenn man eine Remaster-Sammlung mit dem Titel "Definitive Edition" herausbringt und dafür den dreisten Vollpreis von 60 Euro verlangt, dann muss man natürlich sicherstellen, dass diese Dinge funktionieren.

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Es gibt auch ein paar Probleme mit der Bildrate, die bei allen alten Formaten maximal 30 Bilder pro Sekunde beträgt (was an sich schon völlig absurd ist). Die Framerate bricht ständig ein und lässt diese Spiele stottern, wie ich es selten erleben musste. Erneut: Eigentlich sollten wir hier von drei 20 Jahre alten Playstation-2-Spielen sprechen, die selbstverständlich mit superstabilen 60 Bildern pro Sekunde auf allen heutigen Formaten laufen müssten. Dazu sollte man keine Playstation 5 und auch keine Xbox Series brauchen müssen - doch die Realität sieht leider anders aus.

Auch die Songliste ist im Vergleich zu den Originalspielen deutlich abgespeckt. Natürlich hat sich in 20 Jahren viel getan, und dass Rockstar und Take-Two nicht bereit sind, die Lizenzgebühren für Blondies, Michael Jacksons und Ozzy Osbournes Musik zu bezahlen, ist mir auch völlig klar. Traurig ist es dennoch, weil die alten Songs eben einen Nostalgiewert haben. Momentan findet ihr in den Spielen gekürzte Wiedergabelisten vor, die aus den iPhone-Versionen aller drei Spiele übernommen wurden, die vor zehn Jahren erschienen sind.

Etwas zu veröffentlichen, das sich "Definitive Edition" schimpft, 60 Euro kostet und dass auch noch derart glanzlos und fehlerhaft ist, ist einfach nur peinlich. Rockstar sollte es definitiv besser wissen, denn über diese Arbeit kann man nur lachen. Gewünscht hätte ich mir, dass sie ein engagiertes 100-Mann-Team abstellen, das jahrelang ein Spiel nach dem anderen von Grund auf neu entwickelt hätte - so wie es Capcom mit dem Remake von Resident Evil 2 oder Hangar 13 mit Mafia: Definitive Edition getan hat. Hier in dieser Trilogie gibt es jedenfalls nichts "Definitives", außer vielleicht der Tatsache, dass ich es nicht weiterspielen werde. Ihr braucht dieses Game auch nicht, glaubt mir.

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Wenn das Spiel mal nicht ins Stottern gerät, das ist dann ein echter Lichtblick...
04 Gamereactor Deutschland
4 / 10
+
verbesserte Lichteffekte, das Waffenrad ist nett.
-
verflixt viele Fehler, es gibt Ladebildschirme, viele Charaktere sehen super schräg aus, Gameplay größtenteils unverändert, ca. 35 Prozent der Originalmusik fehlt, super teuer Port von alten Handyspielen.
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