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Necromunda: Hired Gun

Necromunda: Hired Gun

Einige Dinge sollte man lieber in der Vergangenheit lassen.

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Wirklich gute Retrospiele sind ein bisschen wie falsche Erinnerungen. Sie behaupten, dass früher alles besser war und verstecken moderne Spielelemente hinter dem Schleier der Nostalgie. Huntdown, The Messenger und Hotline Miami; all das sind Games, die mich in meine Kindheit zurückversetzen sollen. Das gelingt diesen Titeln deshalb so gut, weil sie ihren jeweiligen Vorbildern aus der damaligen Zeit überhaupt so gut wie überhaupt nicht ähneln.

Die meisten Spiele aus den frühen Neunzigern sind mittlerweile so gnadenlos überholt, dass man den alten Kram ehrlich gesagt gar nicht mehr wirklich spielen will. Das wissen die Entwickler natürlich auch und deshalb greifen sie die alten Konzepte auf und erfinden diese neu. Necromunda: Hired Gun ist ein gutes Beispiel dafür.

Nach einem fetten Steampunk-Intro übernehmen wir die Rolle eines Söldners. Der bekommt eine dicke Knarre in die Hand gedrückt und ballert sich wenig später durch die Einführung. Die Erinnerungen an Oldschool-Shooter, wie Quake, Unreal Tournament oder Doom, kommen sofort auf und helfen alten Fans dabei, Anschluss zu finden.

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Necromunda: Hired GunNecromunda: Hired Gun
Da es der Story völlig an Finesse fehlt, muss man immer wieder ellenlange Dialoge durchstehen, bis es endlich wieder zur Sache geht.

Gleichzeitig beherbergt der Titel Elemente moderner Loot-Shooter und deshalb verbringen wir zwischen schnellen Arenakämpfen mit Unmengen von Kanonenfutter und brutalen Nahkampfexekutionen regelmäßig viel Zeit im Inventar und scrollen durch Bildschirmtexte. Schon nach kurzer Zeit steht nicht mehr das Ballern im Vordergrund, sondern die Frage, wie wir bessere Upgrades bekommen und ob diese oder jene Fähigkeit spannend ist. Das Upgrade-System ist zudem fürchterlich hölzern und würde davon profitieren, etwas getrimmt zu werden.

Das Drumherum will leider auch nicht reibungslos funktionieren. In der Oberwelt können wir zwischen den Missionen mit NPCs sprechen, neue Jobs annehmen, Waffen und Rüstungen verbessern und Fähigkeiten kaufen. Da es der Story völlig an Finesse fehlt, muss man immer wieder ellenlange Dialoge durchstehen, bis es endlich wieder zur Sache geht. Dann werden meine Tastenbefehle aus irgendeinem Grund immer bei der Missionswahl geschluckt, wenn ich im Menü navigiere - was soll das?

Blendet man solche Schnitzer aus und schaut sich nur das stumpfe Gameplay an, dann macht Necromunda: Hired Gun durchaus Spaß. Wenn man endlich eine Mission anwählen konnte, wird man in ein lineares Areal transportiert und muss sich dort durch Gegnerhorden kämpfen. Wenn ihr seit zwanzig Jahren Ego-Shooter spielt, dann wisst ihr schon ganz genau, was euch erwartet.

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Optisch sieht das Ganze manchmal sehr hübsch aus, denn die Mischung aus Steampunk-Elementen und der klassischen Warhammer-40K-Ästhetik ist echt schön mitanzusehen. Leider variiert die Qualität extrem, denn die eher offenen Gebiete wirken leer und die Farbpalette ist insgesamt sehr eingeschränkt. Die Performance lässt ebenfalls zu wünschen übrig und manchmal enden wir bei mageren 40 Frames pro Sekunde.

Die Kämpfe sind eine schlichte Kopie von Doom (2016). Wir sind mit einem Enterhaken unterwegs und wählen über ein radiales Menü wählen wir unsere aktuell benötigte Waffe aus. Dann springen wir wie eine Feder, sind schnell wie das Licht und unser Finger ist immer auf dem Abzug. Klingt auf dem Papier verlockend, aber es gibt leider viele, viele Probleme und Elemente, die sich altbacken anfühlen.

Necromunda: Hired GunNecromunda: Hired Gun
Zwischen schnellen Arenakämpfen mit Unmengen an Kanonenfutter und brutalen Nahkampfexekutionen verbringen wir regelmäßig viel Zeit im Menü.

Die Gegner laufen beispielsweise ziellos umher und sind immer in ihrer Gruppe unterwegs. Sie reagieren nicht auf Beschuss, wahrscheinlich weil die Schüsse insgesamt wie Gummikugeln wirken. Außerdem ist das Anvisieren der Gegner nicht richtig kalibriert, denn wenn wir eine Waffe mit Fadenkreuz einem Laser aufsetzen, dann ist zwischen den beiden Zieloptionen eine deutliche Abweichung zu erkennen. Das ist einfach seltsam und lässt das Spiel unfertig wirken.

Necromunda kann mit dem Standard, den Doom vor fünf Jahren gesetzt hat, einfach nicht mithalten. Man muss ein Retrospiel an den aktuellen Möglichkeiten messen, egal von welcher Ära es inspiriert ist. Necromunda: Hired Gun ist das genaue Gegenteil von dem, was wir von einem Retro-Game erwarten. Es zeigt uns nur, was damals an den älteren Spielen schlecht war, während es behauptet neu und frisch zu sein. Dieses Spiel könnt ihr getrost ignorieren.

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04 Gamereactor Deutschland
4 / 10
+
Kern-Gameplay ist spaßig, viele Upgrade-Optionen verfügbar.
-
Upgrade-System ist unübersichtlich und vollgestopft, KI reagiert kaum, viele Fehler zum Start.
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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